Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Rudy Giuliani verliert seine Anwaltslizenz
«Amerikas Bürgermeister» ist unten angekommen

Aller Glanz und Ruhm sind weg: Als Anwalt Donald Trumps verteidigt Rudy Giuliani die Behauptung des Ex-Präsidenten, dass bei der Präsidentschaftswahl von 2020 betrogen wurde. Es gibt dafür keinerlei Beweise (19. November 2020).
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Wenn man Rudy Giulianis Leben verfilmte, dann würde Giuliani selbst der Stoff womöglich gut gefallen, obwohl er in dem Film am Ende nicht mehr allzu gut wegkäme. Das liegt daran, dass seine Karriere eine nahezu klassische Geschichte ist von Aufstieg und Fall, ein grosses Drama, und fürs Dramatische hat der 77 Jahre alte Giuliani schon früh im Leben eine Vorliebe entwickelt: Als Kind zog er sich gern in sein Zimmer zurück, um italienische Opern zu hören.

Auf dem Höhepunkt seines Ruhms vor 20 Jahren ist Giuliani von der Talkmasterin Oprah Winfrey als «Amerikas Bürgermeister» bezeichnet worden, was in den USA einem Ritterschlag gleichkommt. In dieser Woche erreichte er einen vorläufigen Tiefpunkt: Ein New Yorker Gericht hat ihm einstweilen seine Anwaltszulassung entzogen. Begründung: Er habe als Rechtsberater des ehemaligen Präsidenten Donald Trump «nachweislich falsche und irreführende Aussagen gegenüber Gerichten, Gesetzgebern und der Öffentlichkeit» gemacht. Giuliani ist einer der eifrigsten Verteidiger von Trumps Lüge, dass bei der Präsidentschaftswahl von 2020 betrogen wurde. Es gibt dafür keinerlei Beweise.

Den Ruf des gesamten Berufsstandes der Juristen beschädigt

Das Gericht urteilte in harschen Worten. Das Ausmass des Fehlverhaltens Giulianis könne gar nicht gross genug eingeschätzt werden, heisst es in der Urteilsbegründung. Seine Aussagen zur vermeintlich verschobenen Wahl stellten «eine unmittelbare Bedrohung für die Öffentlichkeit» dar. Giuliani hatte unter anderem behauptet, dass in manchen Bundesstaaten im Namen von Toten abgestimmt worden sei, ferner habe es Manipulationen an den Wahlmaschinen gegeben. Dafür habe er «nicht das Fünkchen eines Beweises» vorgelegt, schrieben die Richter. Er habe den Ruf des gesamten Berufsstandes der Juristen beschädigt.

Eine grössere Schelte von den eigenen Kollegen ist kaum denkbar, und dennoch könnte es noch weiter abwärtsgehen für Giuliani. Die New Yorker Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn wegen seiner Tätigkeit in der Ukraine vor den US-Wahlen von 2020. Dort hatte er versucht, belastendes Material über den jetzigen Präsidenten Joe Biden zu finden. Im April hat das FBI Giulianis Wohnung und sein Büro in Manhattan durchsucht und 18 Telefone und Computer beschlagnahmt. Giuliani bestreitet jegliches Fehlverhalten.

Unter ihm wurde New York eine sichere Stadt

Es ist exakt jene Behörde, die nun gegen ihn ermittelt, an deren Spitze er einst stand. Als Staatsanwalt machte sich Giuliani in seiner Heimatstadt New York einen Namen, weil er gegen die Mafia genauso vorging wie gegen korrupte Polizisten oder Betrüger an der Wallstreet. Dadurch wurde er derart populär, dass er 1993 die Bürgermeisterwahl gewann. Er fuhr eine nicht unumstrittene Politik der «Null-Toleranz» gegenüber Verbrechen jeglicher Art, selbst Kleinstdelikten, und erreichte, dass das vormals gefährliche New York zunehmend als sichere Stadt galt.

Viele Amerikaner haben noch vor Augen, wie Giuliani nach den Anschlägen vom 11. September 2001 als Bürgermeister ebenso Stärke zeigte wie Mitgefühl. Das Magazin «Time» kürte ihn zur Person des Jahres 2001, und die britische Königin Elizabeth II. schlug ihn später tatsächlich zum Ritter.

Zulassung wird wohl auf Dauer entzogen

2002 musste er das Amt des Bürgermeisters turnusgemäss aufgeben, anschliessend arbeitete er als Sicherheits- und Rechtsberater. 2008 wollte er Präsidentschaftskandidat der Republikaner werden, galt in der Partei jedoch als zu moderat, weil er sich zum Beispiel für die Rechte von Homosexuellen einsetzte. Bereits 2016 machte er Wahlkampf für Trump, 2018 liess er sich vom damaligen Präsidenten anheuern. Und sein Abstieg begann.

Giuliani kann nun rechtlich gegen den Entzug der Anwaltszulassung vorgehen. Das Gericht teilte allerdings mit, es sei wahrscheinlich, dass ihm die Zulassung nach abschliessender Prüfung auf Dauer entzogen werde.

Alles klar, Amerika? – der USA-Podcast von Tamedia
Den Podcast können Sie auf
Spotify, Apple Podcasts oder Google Podcasts abonnieren. Falls Sie eine andere Podcast-App nutzen, suchen Sie einfach nach «Alles klar, Amerika?».