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Mamablog: Ungehorsame Kinder
Alles nur Erziehungssache, oder?

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Die richtigen Hebel gedrückt? Wohl kaum, das Verhalten der Kinder ist oft unberechenbar.
Stress an der Supermarkt-Kasse? Papa hätte das dem Jungen schonend beibringen sollen!
Stress beim Frisieren? Mama sollte etwas mehr Geduld aufbringen!
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«Wow, dein Kind folgt aber gut!», sagte letzthin eine befreundete Mutter, als ich unseren Jüngsten von einem Spielnachmittag abholte. «Zieh deine Jacke an, wir müssen los», hatte ich ihm gesagt. Und er hatte die Jacke angezogen und stand zum Gehen bereit.

Tja, erzieherisch habe ich was auf dem Kasten, dachte ich … natürlich nicht! Denn jedes Mal, wenn Junior sich so wohlgesittet verhält, erinnere ich mich an Szenen des Elends aus früheren Jahren. Bei einem unserer grösseren Kinder endeten Besuche stets apokalyptisch. Meist forderte ich es erst mehrmals sanft zum Aufbruch auf, versuchte es dann mit einer festeren «Wir können ja bald wieder abmachen»-Stimme, wechselte alsbald zu «Wenn du jetzt nicht vorwärtsmachst, darfst du nie wieder herkommen»-Drohungen und setzte den Abgang doch allzu oft mit Körpereinsatz durch, unter beidseitigem Geschrei.

Dass man da irgendwann zweifelt, auch ein bisschen verzweifelt, ist klar. Eins ums andere Mal fragte ich mich, ob es dem Kind zu Hause so schlecht gefällt und fühlte mich – wenn ich am Ausdruck in den Augen von Umstehenden zu erkennen glaubte, dass sie im Kopf schon die KESB-Meldung formulieren – als personifiziertes Erziehungsversagen. (Ich dramatisiere nur leicht.)

Kein Masterstatus

Es würde mir gefallen, die heutigen easy Abgänge mit dem Jüngsten als Beweis für einen doch noch erreichten Masterstatus in Erziehungsfragen zu werten. Doch nein, ich habe nicht plötzlich den ultimativen Dreh entdeckt, der jedes Kind widerstandslos auf den Heimweg zaubert. Natürlich verhält man sich nie identisch. Vielleicht war ich früher unsicherer, bin heute abgebrühter. Habe heute mehr Routine, dafür damals eine andere Energie. Aber grosso modo bin ich drauf wie eh und je. Und hey, was lässt sich in so einer Situation schon anderes sagen als: «Zieh deine Jacke an, wir müssen los»?

Die halbbewusste Idee, mit den richtigen Kniffen liessen sich Kinder formen wie Knetmasse, schwingt immer mit.

Mit unterschiedlichem Ausgang. Weil da noch das Kind ist – mit seinem Kontext, der auch bei Geschwistern niemals gleich ist, und seinem je eigenen Temperament. Diese Einsicht kommt mir in den Untiefen alltagserzieherischer Hemdsärmeligkeit bloss manchmal abhanden. Mein Elternhirn ist imprägniert mit gängigen Erziehungsrezepten. Nur früh genug ankündigen, nur bestimmt genug auftreten, nur konsequent genug durchsetzen. Die halbbewusste Idee, mit den richtigen Kniffen liessen sich Kinder formen wie Knetmasse, ganz universal, schwingt immer mit. Klappt es nicht, waren es eben nicht die richtigen Kniffe.

Von entspannt bis hektisch

Das ist ein bisschen wie mit der Feld-Wald-und-Wiesen-Weisheit: «Entspannte Eltern, entspanntes Baby». Auch heute noch gibt es wohl wenige Mütter und Väter, die diesen Spruch im Lauf ihrer Elternsozialisation nicht irgendwann hören. Den einen verleiht er das wohlige Gefühl der Gewissheit, alles richtig zu machen. Vielleicht gar ein bisschen richtiger als die Bekannten mit dem Schreikind. Den anderen, bei denen es weniger rosig läuft, raunt er zu: Ihr macht was falsch!

Pädagogisches Feingefühl wirkt zwar immer wieder Wunder. Aber halt nicht immer und nicht bei jedem Kind gleich.

Dass sich elterliche Nervosität auf ein Baby überträgt, mag stimmen. Aber warum denkt man eher selten in die Gegenrichtung? Oder an die sich in unüberschaubarer Komplexität entfaltende Wechselwirkung zwischen Eltern und Kind? Pädagogisches Feingefühl wirkt zwar immer wieder Wunder. Aber halt nicht immer und nicht bei jedem Kind gleich. Und was Babys betrifft: Wer Ruhe bewahrt, wenn sich eines über alle SUVA-Lärmrichtwerte schreit, verdient einen Orden. Sicher jedenfalls keine Selbstzweifel, falls sich auch mal ein innerliches Vibrieren einstellt, das sich nicht so einfach ausknipsen lässt. Entspannt zu bleiben neben einem wonnigen Kind, ist dagegen keine Kunst.

Realistische Bescheidenheit?

Genauso wie es eben keine Leistung ist, ein sich wie von allein zum Abmarsch bereitstellendes Kind zum Abmarsch zu bewegen. Auch hier also: nichts mit Orden! Im Sinne ausgleichender Gerechtigkeit würde ich mich heute wie gesagt zwar manchmal gern in den situativen Bewunderungen meiner vermeintlichen Erziehungskompetenz sonnen.

Doch immer, wenn ich kurz davor bin, mir zu sehr auf die Schultern zu klopfen, erinnere ich mich an meine früheren Abgangsdesaster. Oder an Dinge, die umgekehrt beim aufbruchfreudigen Kind weniger «flutschen», bei den anderen aber schon. Dann bin ich sofort wieder geläutert. Und dankbar für die unterschiedlichen Temperamente unserer Kinder, die mich unseren Einfluss vielleicht realistischer, sicher aber bescheidener einschätzen lassen.