Leitartikel zur KriegsgeschäfteinitiativeAllenfalls etwas für ein besseres Gewissen
Vor zwanzig Jahren hätte die Stossrichtung der Initiative tatsächlich ihre Berechtigung gehabt. Heute fordert sie ein zu starres Korsett.
Die Initianten der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) und der jungen Grünen wollen einen Beitrag für eine friedlichere Welt leisten, indem sie der Rüstungsindustrie den Geldhahn zudrehen wollen. Das Mittel dazu: die Initiative «Für ein Verbot der Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten», die am 29. November zur Abstimmung gelangt.
Wie wollen die Initianten dieses Ziel konkret erreichen? Das Volksbegehren verlangt, dass die Schweizerische Nationalbank, Stiftungen und Pensionskassen keine Produzenten von Kriegsmaterial mehr unterstützen dürfen. Die Hürde legen die Initianten bei Unternehmen, die mehr als 5 Prozent ihres Jahresumsatzes mit Rüstungsgütern generieren.
Sind nicht auch schon 3 oder 4 Prozent verwerflich?
Bereits diese Hürde wirft Fragen auf: Weshalb sollen nur Firmen mit über 5 Prozent Rüstungsanteil geächtet werden. Sind nicht auch schon 3 oder 4 Prozent verwerflich? Die Initianten verweisen gern darauf, dass dies eine Schwelle sei, die viele nachhaltige Anlageprodukte kennen, wenn es um Ausschlusskriterien für bestimmte Unternehmen oder Produkte geht, etwa im Umweltbereich. Trotzdem. Wenn man schon so ideologisch wie die Befürworter argumentiert, müssen sie sich die Frage gefallen lassen, ob es denn nicht konsequenter gewesen wäre, eine Nulltoleranz einzufordern.
Grundsätzlich stellt sich die Frage, wie weit sich der Staat in die Anlagepolitik von Pensionskassen und der Nationalbank einmischen soll. Die konkreten Auswirkungen der Initiative sind bei den Pensionskassen zwar überschaubar: Der Verwaltungsaufwand würde steigen, aber nicht in einem Mass, das sich auf die Renten niederschlagen könnte. Gravierender wären die Konsequenzen für die Nationalbank. Ihr Handlungsspielraum würde eingeschränkt, schnelle Manöver zur Gewährung der Preisstabilität erschwert, der Frankenpreis nicht mehr so einfach zu halten, wie dies der Nationalbank während der Finanzkrise gelang. Ein staatlicher Eingriff wäre trotzdem angezeigt, wenn diese Institutionen tatsächlich skrupellos nur eine möglichst grosse Rendite anstreben würden.
Alle möchten mehr Frieden
Aber das ist nicht der Fall. Schon heute gibt es ein Finanzierungsverbot für international geächtete Waffen: In atomare, biologische und chemische Waffen sowie Streumunition und Personenminen darf nicht investiert werden. Daran hält sich auch die Nationalbank. Die meisten Anbieter in der beruflichen Vorsorge kennen restriktivere Anlagekriterien: So sind fast alle grossen Pensionskassen Mitglied beim Verein für verantwortungsbewusste Kapitalanlagen. Dieser führt eine Ausschlussliste, die viel weiter geht, als es die oben genannten Verbote tun. Vor zwanzig Jahren hätte die Stossrichtung der Initiative tatsächlich ihre Berechtigung gehabt. Heute fordert sie ein zu starres Korsett.
Alle sind für mehr Frieden auf dieser Welt. Die vorliegende Initiative gaukelt dem Stimmbürger vor, genau dies sei mit der Annahme der Initiative möglich. Aber Rüstungsfirmen, ob national oder international, können diese Einschränkungen herzlich egal sein. Sie finden genügend Finanzierungsquellen. Getroffen würden am ehesten kleine Schweizer Firmen. Die Initiative sieht nämlich vor, dass sich mittelfristig auch Banken und Versicherungen an das Finanzierungsverbot halten müssen: Hierfür soll sich der Bund national und international einsetzen. Ein kleines KMU, das 5 Prozent seines Umsatzes mit der Lieferung von Einzelteilen an einen Panzerhersteller macht, müsste um seine Finanzierungsbasis fürchten. Das würde vor allem die hiesige Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie treffen.
Die Schweiz als neutraler Staat und wichtiger Finanzplatz müsse ein Zeichen gegen die Aufrüstung setzen, argumentieren die Befürworter. Die Frage ist, zu welchem Preis man solche Symbolpolitik betreiben soll. Wägt man Nutzen und Schaden dieser Initiative ab, dann ist der Nutzen minimal, der Schaden beträchtlich. Bei einem Volks-Ja werden nicht weniger Waffen produziert, allenfalls wird das eigene Gewissen etwas beruhigt. Friedenspolitisch viel wirkungsvoller wäre ein anderer Ansatz: Nach wie vor exportiert die Schweiz Waffen in Länder, wo Bürgerkriege toben. Ein Exportverbot in solche Länder, das wäre mehr als blosse Symbolpolitik.
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