Literarische AuszeichnungAlemannischer Literaturpreis für Christoph Keller
Der in St. Gallen lebende Autor erhält die mit 10’000 Euro dotierte Auszeichnung für seinen Roman «Der Boden unter den Füssen».

Der Roman ist im vergangenen Jahr im Zürcher Limmat-Verlag erschienen. Er erzählt von Lion, einem berühmten Architekten, dem eine Brücke eingestürzt ist, was den Tod von zwölf Menschen zur Folge hatte. Lion zieht sich daraufhin vollkommen zurück und denkt nach – auch über das auf ständiges Wachstum gegründete Wirtschaftssystem, das er als schuldhaft erkennt.
Er hält sich vornehmlich in seinem Garten auf, in dem diverse Personen auftauchen und wieder verschwinden, der sich vergrössert und fantastische Ausmasse annimmt. Auch die Zeit dehnt sich, sodass der Held, wie es im Titel anklingt, den Boden unter den Füssen verliert.
«Die selbst erwählte Quarantäne als Massnahme, um die Folgen des eigenen Handelns kritisch zu reflektieren.»
Die Jury des Alemannischen Literaturpreises erkennt dem Roman prophetische Qualitäten zu: «Die selbst erwählte Quarantäne als Massnahme, um die Folgen des eigenen Handelns kritisch zu reflektieren: Indem der Autor seinen Icherzähler zu dieser radikalen Form der Schuldverarbeitung greifen lässt, nimmt er in prophetischer Weise den durch die Corona-Pandemie angestossenen Diskurs über nachhaltiges Wirtschaften vorweg.»
Die vergessene Risikogruppe
Christoph Keller, 1963 in St. Gallen geboren, lebt dort und in den USA. Er hat Slawistik und Amerikanistik studiert und übersetzt auch aus dem Russischen. Nach dem Debüt «Gulp» (1988) erschienen weitere Romane, darunter «Ich hätte das Land gern flach» und «Der beste Tänzer». Durch eine Muskelkrankheit ist Keller seit vielen Jahren auf den Rollstuhl angewiesen. Seine Behinderung thematisiert er aus der Perspektive der Gesellschaft, so auch in dem am 6. Mai in dieser Zeitung erschienenen Essay «Die vergessene Risikogruppe». Im Herbst wird im Limmat-Verlag sein Buch «Jeder Krüppel ein Superheld. Splitter aus dem Leben in der Exklusion» erscheinen.
Der Alemannische Literaturpreis wurde 1980 begründet und zeichnet das Werk eines Autors aus dem alemannischen Sprachraum (Deutschschweiz, Elsass, Südwestdeutschland, Vorarlberg) aus. Er wird alle drei Jahre verliehen, seine Träger sind die Stadt Waldshut-Tiengen, der «Südkurier» und die Sparkasse Hochrhein. Preisträger aus der Schweiz waren bisher Ernst Burren, Franz Hohler, Markus Werner, Peter Weber, Peter Stamm und Thomas Hürlimann.

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