Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Auftritt am «Tages-Anzeiger»-Meeting
«Gar nicht geschickt»: Albert Röstis Ärger über die SRG

Er wolle der SRG mit der Senkung der TV-Gebühren eigentlich helfen: Bundesrat Albert Rösti am «Tages-Anzeiger»-Meeting mit Chefredaktorin Raphaela Birrer.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Der Anlass war schon fast zu Ende, als der Infrastruktur- und Medienminister doch noch Ärger durchschimmern liess. Und zwar mit – für Albert-Rösti-Verhältnisse – deutlichen Worten. Es ging um die SRG und deren harsche Reaktion auf seinen Vorschlag, die Radio- und Fernsehgebühren von 335 auf 300 Franken pro Jahr zu senken.

Dass die SRG dann sofort einen Abbau von 900 Stellen bei Radio und Fernsehen androhte, «das habe ich nicht als geschickt betrachtet, gar nicht geschickt», sagte der Bundesrat.

Das Thema aufgebracht hatte Chefredaktorin Raphaela Birrer. Sie befragte Rösti im Anschluss an seine Rede am Donnerstag am traditionellen «Tages-Anzeiger»-Meeting.

«SRG stärken»

Röstis Ärger ist damit zu erklären, dass er mit seinem Vorschlag eigentlich primär eines will: der SRG helfen. Es geht darum, der Initiative für eine Halbierung der SRG-Gebühren einen Kompromissvorschlag entgegenzuhalten. «Der Bundesrat will, dass diese 200-Franken-Initiative nicht durchkommt», sagte Rösti – der vor seiner Wahl in den Bundesrat vor einem guten Jahr noch dem Initiativkomitee angehört hatte.

Die von ihm nun vorgeschlagene Kürzung beläuft sich auf 260 Millionen Franken. «Aber es fliessen immer noch 1,1 Milliarden Franken Gebührengelder», sagte Rösti. «Und ich meine, damit sollte man eigentlich etwas machen können.»

«Wir müssen sicherstellen, dass unser Land jederzeit stabil zu einem vernünftigen Preis versorgt werden kann.» SVP-Bundesrat Rösti vor 300 Gästen in Zürich.

Klar, es handle sich um einen grossen Einschnitt. Doch der Bundesrat erhofft sich davon, dass der 200-Franken-Initiative der Wind aus den Segeln genommen wird. «Und dann geht die SRG gestärkt aus dieser Übung hervor», sagte Rösti.

«Aber wenn die SRG jetzt kommt und sagt: ‹Wir können gar nichts machen›, dann kann ich keine Verantwortung übernehmen.» Was Rösti meinte: Verantwortung für ein allfälliges Ja zur Halbierungsinitiative.

«Als Journalist würden Sie mich entlassen»

Röstis Rede vor der Diskussion mit der «Tages-Anzeiger»-Chefredaktorin hatte den Titel: «Ansprüche an die Infrastruktur von morgen». Das töne zugegebenermassen nicht besonders knackig, sagte Rösti. «Die Klickzahlen auf Tagesanzeiger.ch dürften deswegen nicht in die Höhe schiessen, und als Journalist würden Sie mich wohl entlassen.»

Der Mangel an Knackigkeit hat unter anderem damit zu tun, dass Bau, Ausbau und Unterhalt von Auto- und Eisenbahnen oder der Stromversorgung extrem langfristige Projekte sind.

Dazu hatte Rösti eine Anekdote: «Als ich eingeladen wurde, den Gubristtunnel zu eröffnen, wollte ich zuerst ablehnen, weil ich ja nichts dazu beigetragen habe. Der Chef des Bundesamts für Verkehr hat mir dann aber gesagt, ich solle ruhig dorthin gehen. Die Fertigstellung der Projekte, die ich jetzt als Bundesrat aufgleise, würde ich ohnehin nicht mehr im Amt erleben.»

Wohlstand dank Infrastruktur

Konkret erinnerte Rösti daran, dass die Verkehrs- und Energie-Infrastruktur auf Jahrzehnte und sogar Jahrhunderte hinaus für Wachstum und Wohlstand sorgen. Zudem betreffe uns alle, welche Infrastruktur zur Verfügung stehe: «Von der warmen Dusche am Morgen über die Fahrt zum Arbeitsplatz, E-Mails und Telefonate mit Kunden bis hin zu der Ferienreise mit der Familie und der Lieferung der Schuhe, die Sie online bestellt haben.»

Bei der Energie treibt Rösti momentan der sogenannte Mantelerlass um. Das Volk wird im Sommer darüber abstimmen, ob der Ausbau der Stromversorgung beschleunigt vorangetrieben werden kann. «Wir brauchen mehr Strom», sagte Rösti. «Denn wir müssen sicherstellen, dass unser Land jederzeit stabil zu einem vernünftigen Preis versorgt werden kann.»

Die Schweiz dürfe sich nichts vormachen: Ihr Stromsystem habe im Winter keine Sicherheitsmarge mehr. «Können wir dann auch keinen Strom mehr importieren, wird es schnell kritisch.» Das gelte es mit dem Mantelerlass zu verhindern.

Landschaftsschutz gegen Stromausbau

Es sei klar, dass niemand Solaranlagen mitten in wertvollen Landschaften bauen wolle. «Aber es ist auch klar, dass wir uns bewegen müssen, wenn wir künftig verhindern wollen, dass Stromlücken drohen.» Das faire Abwägen der beiden Interessen sieht Rösti mit dem Mantelerlass erfüllt.

Für Rösti, das machte er auch in der anschliessenden Diskussion klar, geht Energiepolitik vor Umweltpolitik. Er versteht Energiepolitik aber eben auch als Voraussetzung für Klimapolitik: «Um den CO₂-Ausstoss zu senken, brauchen wir einfach mehr Strom.»

Ähnlich argumentierte Rösti dann in seiner Rolle als Verkehrsminister. Im zweiten Teil seiner Rede kam er auf den von ihm geplanten Autobahnausbau zu sprechen. Über ein Milliarden-Ausbaupaket wird das Volk voraussichtlich auch dieses Jahr noch abstimmen.

Für Rösti sind die zusätzlichen Fahrspuren auf den Nationalstrassen nicht nur nötig, um den Strassenverkehr zu verflüssigen. Sie sollen die zukünftigen Bedürfnisse der Elektromobilität abdecken. «Wenn autonomes Fahren möglich wird, müssen Sie sich vorstellen, dass sich dann zum Beispiel auch diejenigen Seniorinnen und Senioren wieder ins Auto setzen werden, die schon ihren Fahrausweis abgeben mussten.»

Und noch bei einem zweiten Punkt verwies Rösti auf positive Aspekte seines Strassenbaupakets für Natur und Landschaft: «Wir planen bei Schaffhausen, Morges und St. Gallen Tunnels, mit denen wir den Autoverkehr nicht nur flüssiger, sondern auch für die Umwelt verträglicher machen und Lärmschutz betreiben.»

Impressionen vom Tages-Anzeiger Meeting im Schiffbau, mit Bundesrat Albert Roesti als Referenten. Raphaela Birrer, Albert Roesti, Pietro Supino, Jessica Peppel-Schulz,
25..01.2024
(URS JAUDAS/TAGES-ANZEIGER)

Nichts hält Rösti davon, den Eisenbahn- und Strassenverkehr gegeneinander auszuspielen: «Es bringt nichts, wenn wir mit Milliardeninvestitionen auf der Strecke Zürich–Bern die Fahrzeit im Zug um drei, vier Minuten verkürzen, während die Züge jetzt schon übervoll sind und gleichzeitig auf der Autobahn daneben Stau herrscht.»

Rösti will nicht allein in die Strassen investieren, sondern auch in den Schienenverkehr. Ausführlich schilderte er als Beispiel ein Projekt: Der Güterverkehr soll mit digitalen, automatischen Kupplungen effizienter gemacht werden. «Heute muss jeder Waggon einzeln von einem Rangierer mit dem nächsten zusammengehängt werden – das ist einfach nicht mehr zeitgemäss und alles andere als effizient.» Der Entscheid, das Vorhaben zu unterstützen, soll demnächst im Bundesrat gefällt werden.

Von sich aus kam Rösti schliesslich auch auf die Finanzierung zu sprechen. «Der Bund hat jahrelang auf zu grossem Fuss gelebt», sagte er. Nun kämen Milliardendefizite auf die Schweiz zu. «Als Stellvertreter von Finanzministerin Karin Keller-Sutter fühle ich mich doch auch sehr mitverantwortlich für die Finanzen, obwohl ich als Verkehrsminister grosse Ausgabenposten beantrage.»

Die Investitionen in den Bahn- und Strassenausbau werden aber nicht mit allgemeinen Steuermitteln finanziert, sondern über Fonds. In diese fliessen unter anderem die Benzin- und Schwerverkehrsabgaben. Diese Fonds seien heute genügend hoch dotiert, um für die Kosten aller Pläne aufzukommen.

300 Personen am Tagi-Meeting

Zum «Tages-Anzeiger»-Meeting hatte Verleger und Verwaltungsratspräsident Pietro Supino am Donnerstag 300 Personen aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Medien im Zürcher Schiffbau begrüsst.

Impressionen vom Tages-Anzeiger Meeting im Schiffbau, mit Bundesrat Albert Roesti als Referenten. Pietro Supino.
25..01.2024
(URS JAUDAS/TAGES-ANZEIGER)

Das Ziel des traditionellen Anlasses sei, erklärte Supino, dasselbe wie das aller seriösen Medien: unterschiedliche Persönlichkeiten auf einer Plattform zusammenzubringen und zu inspirieren, sodass sie sich ihre eigenen Meinungen bilden könnten. «Denn letztlich geht es um Glaubwürdigkeit als eine Voraussetzung für Freiheit», sagte Supino zum Schluss seiner Begrüssungsrede.