Sanierung der MCH GroupAktionär erhebt Einsprache gegen Murdoch-Übernahme
Der Sohn des umstrittenen Medienmoguls will bei der Messe Schweiz einsteigen. Doch einem Aktionär passen die Modalitäten dazu nicht. Was das für die Übernahme bedeutet.
Die Glücksmomente bei den kantonalen Aktionären der finanziell angeschlagenen Messe Schweiz (MCH) aus Basel und Zürich dürften vorüber sein. Da wollte man am 3. August den Einstieg von James Murdoch, Sohn des amerikanischen Medienmoguls Rupert Murdoch, an einer ausserordentlichen Generalversammlung schlank über die Bühne bringen. Die GV wird unter physischem Ausschluss der Aktionäre durchgeführt – coronabedingt, wie es in der Einladung heisst. Für die Minderheitsaktionäre ist jedoch klar: Der Verwaltungsrat will damit harten Diskussionen um die traktandierten Themen aus dem Wege gehen.
Das will der Zürcher Vermögensverwalter und Minderheitsaktionär Erhard Lee, der Kundengelder bei der MCH investiert hat, nicht akzeptieren. Er reicht am Freitag eine Einsprache gegen eine Verfügung der Eidgenössischen Übernahmekommission ein. Die Kommission hatte bestimmte Modalitäten der Übernahme abgesegnet. (Lesen Sie hier mehr zu den Vorwürfen von Lee.)
Weil die Einsprache zuerst von der Kommission behandelt werden muss, dürfte die Generalversammlung akut gefährdet sein. Auf Anfrage will sich die Übernahmekommission zu verfahrensrechtlichen Fragen nicht äussern. Auch MCH wollte sich auf Anfrage nicht dazu äussern.
Messe ist wichtig für Basel und Zürich
Das Schmuckstück in der MCH-Schatulle ist die Art Basel, die Nummer eins unter den Kunstmessen weltweit. Für die beteiligten Kantone kommt ein Deal nur infrage, wenn sich der neue Aktionär für das gesamte Messepaket engagiert und keine Zerschlagung vornimmt. Gegenüber dem Grossen Rat erklärte der Basler Regierungsrat, dass der neue Investor eine Vereinbarung unterzeichnen müsse, «dass die rentablen Messen und Kongresse über eine angemessene, längere Zeitperiode weiterhin in Basel und Zürich durchgeführt werden».
An beiden Standorten wurden gemäss MCH-Geschäftsbericht 2019 insgesamt 43 Messen, 28 Kongresse und 740 weitere Veranstaltungen mit zusammen über 1,6 Millionen Besucherinnen und Besuchern durchgeführt. Rechnet man die Umsatzauswirkungen auf Hotellerie, Gastronomie und weitere Dienstleister mit ein, wird klar, wie wichtig diese Vereinbarung für die beteiligten Kantone ist.
Ein umstrittenes Vorgehen
Murdoch verlangte Zugeständnisse. Die MCH-Leitung zeigte viel Entgegenkommen. Murdoch will möglichst billig und mit vielen Absicherungen in das Geschäft steigen, was nur auf Kosten der anderen Aktionäre gehen kann.
Und das sorgt bei Fondsmanager Lee für gewaltigen Ärger: Der Einstieg von Murdoch erfolgt über eine zweistufige Kapitalerhöhung, was bei Lee, aber auch bei Kanton und Stadt Zürich zu einem deutlich geringeren Anteil am Aktienkapital führt.
Wie es zu dieser Verwässerung gekommen ist, ist irritierend.
Der Grosse Rat von Basel-Stadt hat auf jeden Fall keine Hand dazu geboten, die Publikumsaktionäre so zu benachteiligen. In einem Bericht der Wirtschafts- und Abgabekommission (WAK) zuhanden des Grossen Rats vom 16. Juni heisst es: Die «Aktionäre der öffentlichen Hand, darunter auch der Kanton Basel-Stadt, sollen bei der geplanten Kapitalerhöhung auf Bezugsrechte verzichten».
In einem zweiten Schritt soll ein nachrangiges Darlehen von 30 Millionen Franken von Basel-Stadt in neue Aktien der MCH umgewandelt werden. Ziel der Übung gemäss den Unterlagen: Weil der Nachbarkanton Baselland schon seit einiger Zeit aus dem Aktionariat austreten wollte, sollte der zu erwartende Stimmrechtsverlust der staatlichen Aktionäre kompensiert werden. Die WAK war mit all dem einverstanden. Bemerkenswert im WAK-Bericht ist die Anmerkung des Basler Regierungsrats, dass die beiden Schritte nicht gleichzeitig erfolgen sollten. Zuerst die Kapitalerhöhung, dann später die Darlehensumwandlung, weil diese als potenziell referendumspflichtig eingeschätzt wurde.
Am 24. Juni kam das Geschäft in den Grossen Rat. Das Parlament stimmte zu.
Acht Tage später sah alles anders aus. Nun sollte an der Generalversammlung zuerst das Darlehen unter Ausschluss des Bezugsrechts zu einem Preis von 10.50 Franken umgewandelt werden. Er liegt weit unter dem Börsenkurs in den letzten Wochen. Erst dann würde das Thema Kapitalerhöhung abgehandelt.
Alle anderen öffentlichen Aktionäre und insbesondere die Privataktionäre sind Verlierer, Gewinner sind Basel-Stadt und natürlich Murdochs Holding Lupa, die am Schluss zu einem Schleuderpreis zu 44,4 Prozent des Aktienkapitals käme. Der Kanton käme kurzzeitig auf 55 Prozent Aktienanteil, bevor er seine Bezugsrechte an Murdochs Holding weiterschiebt.
Politisches Nachspiel
Die Aktionäre von Kanton Zürich und Stadt Zürich sollen laut Insidern dem Vorgehen zugestimmt haben. Der Züricher Rechtsanwalt Balz Hösly, der für den Kanton Zürich im MCH-Verwaltungsrat sitzt, war ferienhalber nicht für Auskünfte erreichbar.
Schon jetzt zeichnet sich ab, dass die ganze Sache ein politisches Nachspiel haben wird. Die Grünliberalen in Basel fordern jetzt eine parlamentarische Untersuchung zu den Vorgängen rund um die Kapitalerhöhung.
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