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Beide Mietvorlagen abgelehnt
Zweimal Nein, doch die Haus­eigentümer planen schon den nächsten Angriff

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In Kürze:
  • Die Schweizer Stimmbevölkerung verwirft beide Mietvorlagen.
  • Die Hauseigentümer haben aber weitere parlamentarische Initiativen vorbereitet.
  • Der Mieterverband kontert mit einer Volksinitiative, die Mietkontrollen verlangt.

Es ist gleich ein doppelter Sieg für die Mieterinnen und Mieter, wenn auch ein knapper. Besonders umstritten waren die schärferen Regeln fürs Untervermieten. Hier verkündete die SRG am Mittag noch einen Ja-Trend, während die Tamedia-Hochrechnung von Beginn weg ein Nein voraussagte. Am Ende wurde die Vorlage abgelehnt – mit einem Nein-Anteil von 51,6 Prozent. Vor allem die Westschweiz hat dagegen votiert, wogegen die Zentral- und die Ostschweiz mehrheitlich zustimmte.

Unter dem Strich resultiert ein knappes Nein. Man darf also auch in Zukunft die Mietwohnung oder einen Teil davon länger als zwei Jahre untervermieten. Und die Zustimmung des Vermieters muss nicht zwingend schriftlich eingeholt werden. Auch die zweite Vorlage aus der Küche des Hauseigentümerverbands ist vor dem Volk gescheitert. Anders als das Parlament, will das Volk das Kündigen bei Eigenbedarf nicht erleichtern. 53,8 Prozent sind dagegen.

SP-Nationalrätin Jacqueline Badran zeigt sich erleichtert. Dieses doppelte Nein, so das Vorstandsmitglied des Mieterverbands, sei «enorm wichtig». Wäre das Untervermieten verschärft worden, hätte dies «gravierende Folgen für Hunderttausende» gehabt. Insbesondere Geschäftsmieter wären laut Badran in Schwierigkeiten geraten.

Weitere Pfeile im Köcher

Auf der anderen Seite bedauert Mitte-Ständerätin Brigitte Häberli-Koller das zweifache Nein zu den Mietvorlagen. Offenbar, so die Vizepräsidentin des Hauseigentümerverbands, seien viele Stimmende unsicher gewesen – und hätten im Zweifelsfall nichts ändern wollen. Dies sei zu akzeptieren.

Damit bleibt vorläufig alles beim Alten. Aber die Hauseigentümer haben noch weitere Pfeile im Köcher. Voraussichtlich im kommenden Frühling stimmt der Nationalrat über zwei weitere parlamentarische Initiativen ab. Beide stammen von Hans Egloff, dem ehemaligen SVP-Nationalrat und Präsidenten des Hauseigentümerverbands.

Der Mieterverband hält diese Initiativen für noch schlimmer als die beiden soeben abgelehnten. Aber die vorberatende Kommission des Nationalrats hat sie bereits grossmehrheitlich zur Annahme empfohlen.

«Zu feige, offen die Marktmiete zu verlangen»

Die erste Initiative verlangt, dass Anfangsmietzinse nur noch dann angefochten werden dürfen, wenn sich die Mieter zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses in einer persönlichen oder familiären Notlage befunden haben. Dies macht Badran wütend: «Wo sind wir denn, wenn ich das Recht nur noch einfordern kann, wenn ich in Not bin?» Der Hauseigentümerverband sei «zu feige, offen die Marktmiete zu verlangen». Denn er wisse genau, dass er damit keine Chance habe. Also versuche er es hintenherum.

Jacqueline Badran, Nationalraetin ZH-SP, Vizepraesidentin SP Schweiz, spricht waehrend einer Medienkonferenz der SP Schweiz ueber die Erhoehung des hypothekarischen Referenzzinssatzes fuer Mietvertraege, der um 0,25 Prozentpunkte auf 1,5 Prozent ansteigt, am Donnerstag, 1. Juni 2023, in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)

Dazu passt laut Badran auch die zweite Initiative. Diese verlangt, dass Mieten künftig einfacher dem orts- und quartierüblichen Niveau angepasst werden können. Diesbezüglich sind die Gerichte heute sehr restriktiv. Stattdessen orientieren sie sich an den Kosten und lassen eine bestimmte Rendite zu – maximal zwei Prozent über dem Referenzzinssatz. Dies will die Initiative nun ändern. Künftig sollen drei vergleichbare Objekte genügen, um einen ähnlichen Mietzins zu verlangen.

Auch dagegen protestiert der Mieterverband vehement. Er spricht von einer «schamlosen Salamitaktik» der «renditegetriebenen Immobilienlobby» und will gegen beide Initiativen das Referendum ergreifen.

Für Brigitte Häberli-Koller hingegen sind die beiden Anliegen sehr berechtigt und wohlüberlegt. Es sei denn auch «kein Thema», die beiden Initiativen jetzt zurückzuziehen. Natürlich sei die Ausgangslage nach diesem Abstimmungssonntag weniger optimal. Deshalb brauche es jetzt «mehr Effort».

Staenderaetin Brigitte Haeberli-Koller, Mitte-TG, spricht waehrend einer Medienkonferenz des ueberparteilichen Komitees gegen die Pflegeinitiative, am Freitag, 22. Oktober 2021, in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)

Badran ist derweil zuversichtlich, dass die beiden anstehenden Initiativen an der Urne ebenfalls scheitern werden: «Die sind ja noch unverschämter.» Der Mieterverband will allerdings nicht nur verteidigen. Er plant seinerseits einen Angriff, um das Mietrecht zu seinen Gunsten anzupassen.

Mittels einer Volksinitiative will er das Prinzip der Kostenmiete in der Verfassung verankern und dafür sorgen, dass die Mieten regelmässig und automatisch kontrolliert werden. Dadurch wolle man künftig verhindern, dass die Mieterinnen und Mieter «jedes Jahr Milliarden zu viel bezahlen», so Badran.

Doch damit nicht genug. Auch in den Kantonen attackiert der Mieterverband mittels Volksinitiativen. Dort will er ebenfalls dafür sorgen, dass Anfangsmieten vermehrt überprüft werden – insbesondere nach Sanierungen. Auch ein Vorkaufsrecht für Gemeinden und eine Eindämmung von Airbnb-Vermietungen will er so herbeiführen. Für die nächsten Abstimmungskämpfe ist also gesorgt.