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Klima-Abstimmung in Zürich
Bäume statt Autos: Zürich sagt Ja zum Abbau von Strassen im grossen Stil

Wanderbaeume auf dem Hardplatz, fotografiert am Mittwoch, 21. August 2024 in Zuerich. Eine Wanderbaumallee besteht aus zehn mobilen Baeumen und Straeuchen in grossen, Garetten-artigen Wagen, die von Fruehling bis Herbst von einem Quartier zum anderen ziehen und dort die Strassen begruenen und beleben. (KEYSTONE/Christian Beutler)
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Der Triumph für Links-Grün bei einer weiteren verkehrspolitischen Abstimmung in Zürich zeichnete sich am Sonntagnachmittag schon früh ab. Bereits die Auszählung der ersten Stadtkreise ergab jeweils komfortable Ja-Mehrheiten. Am Schluss lag der Ja-Stimmen-Anteil beim Gegenvorschlag zur «Gute-Luft-Initiative» bei 66,0 Prozent (68’838 Ja- zu 35’462 Nein-Stimmen).

Der Gegenvorschlag zur «Zukunftsinitiative» wurde mit einem Ja-Stimmen-Anteil von 62,2 Prozent angenommen. 64’287 Personen waren dafür, 39’154 dagegen.

Die Stimmbeteiligung betrug bei beiden Vorlagen 45 Prozent.

SP: «Bevölkerung steht hinter Verkehrswende»

Die beiden Gegenvorschläge zu den Volksinitiativen der Umweltorganisation Umverkehr verlangen eine markante Umgestaltung des Stadtzürcher Strassenraums – einerseits zugunsten des Langsamverkehrs und des ÖV, andererseits zugunsten von Grünflächen und Bäumen.

Die SP freut sich über das deutliche Ja. Die Zürcher Bevölkerung habe sich klar für eine «lebenswerte, sichere und für die Zukunft gerüstete Stadt» ausgesprochen, sagt Gemeinderätin Anna Graff. Dass die Zustimmung zu den Stadtklima-Beschlüssen sogar noch höher ausfalle als zum Verkehrsrichtplan vor drei Jahren, zeige, «dass die Bevölkerung unbeirrt hinter der Verkehrswende steht».

Umverkehr: «Verkehrswende rasch vorantreiben»

Für Markus Knauss von den Grünen muss es nun rasch vorangehen. Statt nur auf die grossen Strassenprojekte zu warten, deren Umsetzung zum Teil sehr lange dauern könne, habe man mit den Gegenvorschlägen ganz bewusst auf rasch umsetzbare Massnahmen fokussiert. Denn die Hitzeproblematik verschärfe sich zusehends. «Um diese ein wenig zu lindern, helfen grün umgestaltete Strassenflächen und 2000 neu gepflanzte Bäume.»

Auch Silas Hobi von der Umweltorganisation Umverkehr fordert: «Jetzt muss die Stadt die Verkehrswende rasch vorantreiben.»

Mitglieder der Umweltorganisation Umverkehr wandern mit zehn mobilen Baeumen durch die Strassen, am Samstag, 10. Juni 2023 in Zuerich. Die Baeume werden bis Anfang November 2023 an verschiedenen Standorten in der Stadt Zuerich aufgestellt. Mit der Wanderbaumallee will die Umweltorganisation symbolisch aufzeigen, dass mehr Baeume in den Strassen moeglich und wichtig sind. (KEYSTONE/Michael Buholzer)

Nein-Lager befürchtet «Hauruck-Übung»

FDP-Präsident Përparim Avdili zeigt sich enttäuscht. «Das wäre nicht nötig gewesen. Aber wer ist schon gegen gute Luft?» Zudem töne «Gegenvorschlag» stets nach Kompromiss. Darum handle es sich aber eben nicht, sagt Avdili. Vielmehr drohe jetzt eine «Hauruck-Übung» und ein radikaler Strassenumbau, der zu einem Baustellenchaos und einem weiteren Parkplatzabbau führen dürfte. Dabei herrsche weder Klarheit über die Kosten noch über die tatsächlich umzuwandelnden Gebiete.

Auch Nicole Barandun, Präsidentin des Gewerbeverbands der Stadt Zürich, befürchtet, dass die nun bevorstehende radikale Umgestaltung von Strassen negative Folgen für grosse Teile der Bevölkerung und des Gewerbes haben werde, auch in den Aussenquartieren. Solche Vorlagen tönten jeweils gut, aber wenn die Bauarbeiten vor der eigenen Haustür begännen, sehe es oft ganz anders aus, dann hagle es jeweils Einsprachen.

Odermatt: «Befürchtungen unbegründet»

Hochbauvorsteher André Odermatt zeigte sich vor den Medien erfreut über das deutliche Ergebnis: «Das zeigt: Die Menschen wollen ein gutes Klima.» Die Strassen in Zürich für mehr Grün und den Langsamverkehr umzugestalten, sei eine grosse Herausforderung. Die Umsetzung sei «ambitioniert, aber machbar», sagte Odermatt. Denn vieles sei schon aufgegleist, so etwa die vom Volk bewilligten Velovorzugsrouten, die im kommunalen Richtplan vorgesehenen verkehrsberuhigten Quartierzonen oder auch Massnahmen im Rahmen der Stadtgrün-Initiative. Befürchtungen der Gegner wegen eines drohenden Verkehrschaos seien unbegründet, sagte Odermatt.

Weiter erinnerte der SP-Stadtrat daran, dass andere Städte in Europa solche Umgestaltungen in Richtung mehr Grün und mehr Velowege ebenfalls geschafft hätten. Dabei verwies er auf das «Velo-Paradies» Paris. Allerdings: «Wir haben etwas längere Entscheidungswege.» Mit der Umsetzung mache Zürich einen Schritt in die Zukunft, zeigte sich Odermatt überzeugt. Es gehe darum, «das Strassenbild neu zu denken».

Konkret verlangt der Gegenvorschlag zur Gute-Luft-Initiative, dass die Stadt in den kommenden zehn Jahren 145’000 Quadratmeter Strassenfläche in Grünflächen und Räume für Bäume umwandelt. Das entspricht 9-mal dem Sechseläutenplatz. Laut dem Gegenvorschlag zur Zukunfts-Initiative soll die Stadt innert zehn Jahren 462¨’000 Quadratmeter Strasse für Fussgänger, Velofahrerinnen und den öffentlichen Verkehr freimachen. Das entspricht 29-mal dem Sechseläutenplatz.