Influencerin muss Bali verlassenAbgeschoben aus dem Paradies
Sie gab Tipps, wie man trotz Corona-Pandemie nach Bali reisen kann, zahlte keine Steuern und verstiess gegen die Visa-Regeln. Die viralen Tweets einer 28-jährigen Amerikanerin zogen heftige Konsequenzen nach sich.
Drei Tage bevor sie in ein Abschiebeflugzeug zurück in die USA gesetzt wird, promotet die Influencerin Kristen Gray in einer Reihe von Tweets ihr sorgloses «Eat-Pray-Love»-Leben auf Bali: «In meinen 20ern aus den USA auszuwandern war ein Game Changer. Ich lebe seit einem Jahr mit meiner Freundin auf Bali, Indonesien.» Und sie prahlt: «Unser Lebensstil ist gestiegen bei gleichzeitig viel niedrigeren Lebenserhaltungskosten. Ich habe 1300 US-Dollar für meine kleine Wohnung in L.A. bezahlt. Hier habe ich ein Holzhaus für 400 US-Dollar.» Eine digitale Nomadin zu sein, bedeute ihr alles.
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Ihre Tweets gehen viral, die Empörung auf Bali ist gross. Am 20. Januar, nur vier Tage nach ihren Tweets, wird Gray mit ihrer Freundin von der balinesischen Behörde abgeschoben. Sechs Monate lang dürfen die Amerikanerin und ihre Freundin nicht mehr auf Bali einreisen. Die Wut gegenüber den Influencerinnen hat mehrere Gründe.
Aussage über LGBT-Freundlichkeit
Gray schwärmt in ihren Tweets von den Vorteilen, nach Bali zu ziehen. Die Insel sei sicher und queer-freundlich. Diese Einschätzung kam in Indonesien, das mehrheitlich muslimisch ist, nicht gut an. Einerseits verärgerte dies LGBT-Gegner, andererseits aber auch die indonesische LGBT-Community selbst. Laut einer Studie des «Pew Research Centre» von 2019 heissen nur 9% der Indonesier und Indonesierinnen Homosexualität für gut.
Aufgrund der fehlenden Akzeptanz leben indonesische LGBT-Angehörige laut «Coconut.co» oft in ständiger Angst vor Verfolgung und werden von konservativen Gruppen und der Behörde ins Visier genommen. Deshalb wurde Gray vielfach vorgeworfen, die tatsächliche inländische Situation aus ihrer privilegierten Situation als Ausländerin zu beschönigen.
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Prekäre Realität auf Bali
Ausserdem schwärmt die 28-Jährige von den niedrigen Lebenshaltungskosten und ihrem luxuriösen Lifestyle auf Bali. Ihr Geld verdient Gray als selbstständige Grafikerin. Mögen 400 Dollar Miete für die Amerikanerin wenig sein, liegt das durchschnittliche Monatseinkommen der Balinesen und Balinesinnen bei umgerechnet 177 Dollar. Die Corona-Pandemie hat die Situation auf der Insel massiv verschärft – der einstige Tourismusmotor von Indonesien steht still. Durften 2019 noch sechs Millionen Reisende auf Bali Ferien machen, dürfen momentan keine Ausländer mehr einreisen.
Die Lage auf der vom Tourismus abhängigen Insel ist deshalb prekär. Viele Indonesier, die auf Bali leben, aber von anderen Inseln stammen, sahen sich durch die Corona-Krise dazu gezwungen, wieder in ihre Heimat zu ziehen. Die Insel hat laut der «Bali Tourism Agency» nur schon im Zeitraum zwischen März und Juli 2020 rund 2,9 Millionen Franken an Einnahmen verloren. Der Unterschied zwischen den «digital nomads» wie Gray und den Ortsansässigen, tritt laut «Spiegel» in der Krisensituation so deutlich wie noch nie zutage.
Dass Gray in ihren Tweets ihre Follower dazu auffordert, trotz Pandemie ebenfalls nach Bali zu ziehen, löste die wohl heftigste Welle von Empörung aus. Im gleichen Zug preist sie auch noch ihr E-Book mit dem Titel «Our Bali is Your Bali» an. Dieses enthält unter anderem Tipps, wie man trotz der Corona-Pandemie nach Indonesien reisen kann. Alternativ bietet Gray für 50 Dollar eine 45-minütige Beratung für jene an, die es in Betracht ziehen, nach Bali auszuwandern.
Respektlose Touristen als Problem
Die Behörde wirft Gray nebst öffentlichem Ärgernis zudem vor, gegen die Einwanderungsbestimmungen verstoßen, ihre Visa überzogen und keine Steuern in Indonesien gezahlt zu haben. «Warum sollte ich Steuern bezahlen, wenn ich nie Indonesische Rupien verdient habe?», antwortete Grays Freundin Saundra Michelle Alexander auf einen kritischen Tweet. «Ich zahle in Amerika Steuern, weil ich amerikanische Dollar verdiene.»
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Kurz gesagt unterstellen die Inselbewohner dem Paar, realitätsfremd zu sein und die tatsächliche Situation auf Bali zu verkennen. Stattdessen hätten sie die Insel zu ihrem Vorteil ausgebeutet und zur zunehmenden Gentrifizierung Balis beigetragen. Schon vor der Corona-Pandemie hatte Bali immer wieder mit respektlosen Touristen zu kämpfen. 2019 geriet ein tschechisches Paar ins Kreuzfeuer, weil der Mann seiner Freundin im «Sacred Monkey Forest Sanctuary» in Ubud heiliges Wasser auf den Allerwertesten spritzte.
Auch während der Pandemie halten sich einige Expats nicht an die Regeln. So werden immer wieder illegale Partys gefeiert, Massen-Yoga-Sessions abgehalten und keine Masken getragen. Gray ist auch nicht die Erste, die von Bali abgeschoben wurde. Im Dezember mussten zwei russische Social-Media-Stars die Insel verlassen, weil sie an einem Touristen-Hotspot für ein Video absichtlich mit einem Motorrad ins Meer gefahren waren.
Laut «Coconuts Bali» hat sich die Amerikanerin mittlerweile in einem Facebook-Post entschuldigt. Ihre Tweets seien falsch interpretiert worden, dennoch übernehme sie die Verantwortung für die missverständliche Wortwahl und die von ihren Privilegien geprägten Tweets. Sie habe viel gelernt und sei dankbar dafür, ein Beispiel zu sein, von dem andere Westler lernen könnten. «Ich habe einen Fehler gemacht», schreibt Gray.
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