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Experten-Pressekonferenz in Bern
«Ein moderater Anstieg der Zahlen könnte verheerende Folgen haben»

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Das Wichtigste in Kürze

  • Der Bundesrat plant aufgrund der aktuellen Lage schweizweite Verschärfungen der Corona-Massnahmen. Entscheiden tut er am kommenden Freitag.

  • Vom 12. Dezember bis 20. Januar sollen Restaurants, Läden und Freizeitbetriebe um 19 Uhr geschlossen werden.

  • Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) meldet am Mittwoch 5086 neue Corona-Fälle. Der Trend steigt damit wieder.

Zusammenfassung

Einheitliche und strenge Massnahmen zur Senkung der hohen Corona-Fallzahlen seien sinnvoll. Das habe der Kanton Genf bewiesen, sagte Martin Ackermann, Präsident der wissenschaftlichen Taskforce des Bundes, am Mittwoch vor den Bundeshausmedien.

Die Reproduktionszahl liege in allen sieben Schweizer Grossregionen deutlich über dem festgelegten Zielwert von 0,78. Die Schweiz befinde sich wieder in einer heiklen Situation. Die Gefahr für ein exponentielles Wachstum der Fälle sei gross, so Ackermann. «Eine Verdoppelung hätte verheerende Folgen.»

Drei zusätzlich erschwerende Faktoren seien im Moment die sinkenden Temperaturen, die bevorstehenden Festtage mit dem Bedürfnis der Menschen nach Nähe und der Wintertourismus, der die Menschen mobiler mache.

Unter diesen Umständen brauche es noch mehr Anstrengungen, um die Werte zu drücken und in eine andere Richtung zu lenken, betonte Ackermann. Der Kanton Genf habe gezeigt, wie es gehe. «Daraus können wir lernen», sagte Ackermann. Eine Halbierung der Fälle alle zwei Wochen, wie dies das Ziel gewesen sei, sei möglich. Es zeige sich, dass einheitliche und strengere Massnahmen sinnvoll seien.

«Klare Signale der Behörden sind wichtig»

Insofern hälfen klare Signale wie am Dienstag vom Bundesrat sicher mit, den Ernst der Lage zu verstehen. Angesichts der sehr hohen Inzidenz über die ganze Schweiz erachte er ein koordiniertes Vorgehen als sinnvoll und wichtig, so Ackermann. Letztlich sei dies aber eine politische Entscheidung.

Im Hinblick auf die bevorstehende Möglichkeit der Impfung sagte Ackermann, wenn die Durststrecke zu einem absehbaren Ende der Pandemie kürzer werde, sollte der Verzicht den Menschen leichter fallen. Zudem könne die Zusatzbelastung des öffentlichen Haushaltes durch weitere wirtschaftliche Unterstützungsmassnahmen besser eingeschätzt werden und das Risiko sei damit kleiner.

Zu glauben, mit dem Anlaufen der Impfkampagne werde alles sofort wieder normal, sei aber naiv, betonte Ackermann. Die wichtigen Schutzmassnahmen würden noch über einen längeren Zeitraum eine wichtige Rolle im täglichen Leben spielen.

Wir könnten alle hoffen, dass es bald eine Impfung gebe. «Aber vorher gilt es, schnell und konsequent in eine andere Richtung zu gehen», sagte Ackermann.

MK zu Ende

Der Point de Presse ist nun zu Ende. Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Wird schon im Januar geimpft?

Mathys sagt dazu: Um das klarzustellen: «Der Januar ist für uns ein Planungswert. Aber es gibt noch einige Hürden zu nehmen. Wir unternehmen alles, um im Januar starten zu können.»

Steffen ergänzt noch: «Wir bekommen seit Tagen Impfanmeldungen, komplett mit Datum und Risikobeschrieb. Das ist sehr erfreulich, aber noch etwas verfrüht. Wir sind sehr froh darüber, dass die Akzeptanz der Impfung in der Schweiz so gross ist.»

Wo steht die Armee bei der Organisation der Impfung?

Brigadier Droz antwortet: «Wir sind mitten in der Planung. Ein Problem ist die Kälte. Die Impfstoffe müssen stark gekühlt werden. Wir haben die Infrastruktur dafür jetzt gekauft. Das andere ist die Distribution.» Die Armee plane sehr professionell.

Ist die Testkapazität über die Festtage sichergestellt?

Steffen erklärt: Die grossen Zentren werden auch an den Festtagen Testkapazitäten bereithalten.

Gilt die 10-Personen-Regel auch draussen im Wald?

Mathys antwortet: «Ja. Es spielt keine Rolle, ob drinnen oder draussen. Die Regel gilt also auch für Weihnachten im Wald.»

Wer haftet für Impfschäden?

Mike Schüpbach erklärt: «Grundsätzlich haftet der Hersteller für Produktemängel.» Die Verträge des Bundes mit den Herstellern sehen nichts anderes vor. Es gebe aber eine Möglichkeit für einen finanziellen Ausgleich in solchen Situationen wie jetzt.

Müsste der Bundesrat noch härtere Massnahmen ergreifen?

Ackermann antwortet mit Blick auf Genf: «Ich wollte sagen, dass die Massnahmen von Genf erfolgreich waren. Wie stark die Einschränkung von Anlässen und Schliessung von Gastrobetrieben sich schliesslich auswirken, können wir nicht sagen.»

Lesen Sie dazu: Wie gross ist die Ansteckungsgefahr in Restaurants wirklich?

Wie viele haben in diesem Land schon eine Infektion durchgemacht?

Mathys: Dazu seien Studien in Arbeit. Die letzte gab 10 Prozent an, da werde man aber weit drüber sein. Das heisse aber nicht, dass man sich nach einer Infektion nicht wieder anstecken kann. «Eine sichere und lebenslange Immunität existiert wahrscheinlich nicht.»

Wäre die Impfung das Ende der Pandemie?

Ackermann meint: «Aus unserer Sicht ist wichtig, dass wir nicht davon ausgehen können, dass wir zur Normalität zurückkehren, sobald die Impfung da ist. Die Idee ist naiv. Das Ende der Pandemie wird schrittweise erfolgen.»

Mathys ergänzt: «Rund 60 Prozent der Bevölkerung müsste immun sein, durch Impfung oder durchgemachte Infektion. Ab dann wird es schwierig für das Virus.» Auf einer globalen Skala müssten es gar rund 70 Prozent der Bevölkerung sein.

Ist das Ampelsystem eine Lösung?

Das sei eine politische, keine wissenschaftliche Frage, antwortet Ackermann. «Was aus wissenschaftlicher Sicht klar ist: Die sogenannten Ampelsysteme könnten helfen, die Zeit zwischen Verschlimmerung der Situation und Handeln zu verkürzen.»

Wie verhindert die Schweiz eine dritte Welle?

Ackermann antwortet bestimmt: «Wir können nicht sagen, wie sich die Festtage auswirken werden. Aber wir wissen, dass ein moderater Anstieg der Zahlen verheerende Folgen haben könnte.»

Wie sinnvoll sind eigentlich regionale Massnahmen?

Ackermann: Regionale Massnahmen haben eine höhere Akzeptanz. Wenn die Inzidenz so hoch sei wie momentan, können überregionale Massnahmen sinnvoll sein.

Warum soll die Schweiz andere Massnahmen ergreifen als das Ausland?

Die Massnahmen seien nur ein Teil. Der andere sei, wie sie von der Bevölkerung mitgetragen werden, erklärt Ackermann. Mit weniger harten Massnahmen als das Ausland sei es der Romandie schon gelungen, die Infektionszahlen zu senken. Es sei schwierig, Länder miteinander zu vergleichen. Aber klare Signale seien wichtig, gerade vom Bundesrat.

Lesen Sie dazu unseren Kommentar zur Kommunikationspolitik des Bundesrats: Die totale Konfusion

Wieso kommuniziert die Task Force zuletzt weniger?

Nochmals Ackermann: «Wir entscheiden selber, wann wir kommunizieren. Wir sind ein unabhängiges wissenschaftliches Gremium.»

Frage: Sind die Massnahmen des Bundes überhaupt sinnvoll?

Nach Steffens Worten beginnt bereits die Fragerunde. Auf die erste Frage (siehe oben) sagt Ackermann: «Ja, wenn sie umgesetzt werden. Das zeigt ja gerade die Westschweiz.»

Steffens Warnung

Kantonsärzte-Vorsteher Thomas Steffen warnt vor einem Nachlassen im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus und vor eigentlichen «Energie-Killern». Die Schweiz befinde sich an einem heiklen Punkt der zweiten Pandemie-Welle, die Situation sei sehr instabil, sagte Steffen vor den Medien in Bern.

Bei aller «Corona-Müdigkeit» komme es jetzt darauf an, dass alle an einem Strick zögen, dass sich ein Bewusstsein von gemeinsamer Herausforderung in den Köpfen einniste, sagte das Vorstandsmitglied der Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte. Der Bund und die Kantone seien dabei, sich auf zusätzliche Massnahmen zu einigen.

Es gelte «Energie-Killer» loszuwerden, so Steffen. Der Eindruck «ich bemühe mich, aber die anderen nicht» sei so einer oder «wir sind doch sowieso alle Egoisten» ein weiterer; und nicht zuletzt eine gewisse Resignation, die aus dem Seufzer «es ist alles so kompliziert – und das kann man sowieso nicht einhalten».

Psyche ist wichtig

Der rührende Basler Arzt Thomas Steffen appelliert an Energie, Solidarität und Eigenverantwortung. «Wir erleben die grösste Krise in unserer Generation», beginnt er seinen Monolog. «Die Lage ist gefährlich, weil sie instabil ist. Schon überschaubare Veränderungen, wie die Festtage, können weitreichende Folgen haben.»

Bund und Kantone seien daran, neue Massnahmen vorzubereiten. «Die Massnahmen greifen aber nur, wenn wir sie auch ideell mittragen. Wie drücke ich also die Kurve mit nach unten? Es ist sicher nicht einfach, nach Monaten der Pandemie noch Energie zu haben.» Sein Credo lautet an alle: «Was kann ich persönlich beitragen, um die Fallkurve zu senken?»

Lage in der Armee unter Kontrolle

Brigadier Raynald Droz übernimmt das Wort und erklärt die Lage des Militärs. Seit Anfang November sei die Armee wieder im Einsatz, und das in diversen Kantonen. Bis heute stünden 700 Armeeangehörige im Einsatz, zudem 350 Freiwillige. Die gesundheitliche Lage in der Armee sei «stabil und unter Kontrolle», kann der ranghohe Militär verkünden.

Wegen der Stabilisierung der Lage in der Romandie habe bereits eine Sanitätstruppe entlassen werden können, bald komme eine zweite hinzu. Die Armee müsse aber jederzeit in der Lage sein, die Zahl der Armeeangehörigen im Einsatz aufzustocken. Das Parlament habe einen Einsatz bis März 2021 genehmigt. Droz sagt zum Schluss noch: «Wir von der Armee möchten Leben retten helfen.»

Impfung als Hoffnung

Die Spitäler seien jetzt schon nahe an der Belastungsgrenze, eine höhere Anzahl Hospitalisierungen hätte gravierende Konsequenzen. Dabei sei es durchaus möglich, die Infektionszahlen zu senken. «Wir haben das vor zwei Wochen bewiesen, dass es möglich ist, die Fallzahlen schnell zu senken.» Dazu brauche es aber die richtigen Massnahmen.

Ackermann versprüht so etwas wie Optimismus, indem er sagt: «Die Aussicht auf eine Impfung lässt uns alle hoffen.»

red