Kilchberg–Zürich-Bürkliplatz75 Jahre direkte Busverbindung in die Stadt
Jahrzehntelange Bemühungen um eine direkte Verbindung des Kilchberger Oberdorfs in die Stadt trugen 1947 Früchte. Eine Erfolgsgeschichte.
Der 11. Dezember 2022 wird ein wichtiger Tag für die Kilchberger Bevölkerung: Ab dann fährt die Buslinie 66 vom Bahnhof Enge nicht mehr nur bis Wollishofen, sondern bis zur reformierten Kirche Kilchberg. Die Bevölkerung des Oberdorfs erhält damit eine zweite direkte Busverbindung in die Stadt – 75 Jahre nachdem die erste ihren Betrieb aufgenommen hat.
Bereits seit dem 17. März 1947 müssen die Kilchbergerinnen und Kilchberger, die oben auf der Krete wohnen, nämlich nicht mehr zum Bahnhof oder zur Schiffsstation Bendlikon gehen, wenn sie mit dem öffentlichen Verkehr in die Stadt fahren wollen. Sie können bei der Kirche in den Bus einsteigen. Dieser fährt bis zum Bürkliplatz.
Das 75-Jahr-Jubiläum dieser Busverbindung hat Reto Planta, langjähriges Vorstandsmitglied der Grünen Partei Kilchberg, zum Anlass genommen, in die Archive zu steigen und mehr zu ihren Anfängen herauszufinden.
Anfangs hiess die Buslinie 161 Linie K. Sie fuhr damals werktags von morgens 6 Uhr bis abends 24 Uhr je zwanzigmal hin und zurück. Die allererste Fahrt ab Kilchberg im März 1947 um 6.19 Uhr erfolgte mit einem einzigen Passagier an Bord, wie der «Allgemeine Anzeiger vom Zürichsee» berichtete. Bis Ende 1947 wurden bereits rund 250’000 Fahrgäste transportiert, 1948, im ersten ganzen Betriebsjahr, 432’700. Bis 1952 stiegen die Zahlen kontinuierlich weiter.
Reto Planta relativiert jedoch: «Die guten Zahlen dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass bis zur Einführung der neuen Buslinie zahlreiche Hürden zu überwinden waren.»
Trameuphorie
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es in Kilchberg zwei öffentliche Verkehrsmittel: die 1875 eröffnete Eisenbahn und die Dampfschiffe. Mit diesen Verbindungen war die Gemeinde unzufrieden. 1920 hat sich der Gemeinderat laut Planta beispielsweise darüber beklagt, dass «der letzte Zug Zürich schon unmittelbar nach 9 Uhr verlasse».
«Damals herrschte noch Trameuphorie», sagt Planta. Für mehrere Projekte bis nach Kilchberg, Thalwil oder Richterswil gab es Konzessionsgesuche. Alle Vorhaben scheiterten an den fehlenden finanziellen Mitteln während der Wirtschaftskrise und des Zweiten Weltkriegs.
Angst um die Strasse
1927 habe sich das Blatt zugunsten von Autobuslinien gewendet – mit der Einführung der ersten städtischen Autobusverbindung. Ab 1929 hat dann Hans Baumgartner auf privater Basis eine Buslinie vom Bellevue nach Zollikon betrieben.
Der Kilchberger Automobilvertreter Louis Capecchi-Zino reichte 1930 in Bern ein Konzessionsgesuch für den Betrieb einer Kraftwagenunternehmung zwischen Kilchberg (Böndler) und der Stadt Zürich (Bürkliplatz) ein. Der Gemeinderat habe jedoch befürchtet, dass «bei der Ausführung von 15 Fahrten pro Tag die Strasse in ganz kurzer Zeit ruiniert wäre». Der Zürcher Stadtrat wiederum war gegen die Führung der Wagen bis zum Bürkliplatz, da dies den Trambetrieb konkurrenziere. Der Widerstand war Capecchi zu gross, er zog sein Gesuch 1931 zurück.
Zolliker zeigt, wies geht
Als Nächster reichte Hans Baumgartner 1936 ein Projekt ein. Er beabsichtigte, seine seit 1932 erfolgreiche private Autobuslinie von Zollikon zum Zürcher Bellevue bis nach Kilchberg zu verlängern. Sein erster Anlauf scheiterte aus finanziellen Gründen. 1939 ermächtigte der Gemeinderat Baumgartner zwar, die Konzession für einen Autobusbetrieb Kilchberg–Zürich-Bellevueplatz zu erwerben. Fast gleichzeitig reichte der Zürcher Stadtrat jedoch ein Konkurrenzprojekt ein – und Baumgartner unterlag.
Erst nach dem Zweiten Weltkrieg war die «Städtische Strassenbahn Zürich» bereit, die Autobuslinie bis zum Bürkliplatz zu betreiben. Im September 1946 legte sie dem Gemeinderat ihre Berechnungen dar. Werktags waren 28 Fahrten in jeder Richtung vorgesehen. Man rechnete mit 200’000 bis 255’000 Fahrgästen und einem Defizit von bis zu 12’100 Franken. «Es ist aber klar, dass Kilchbergs erste direkte Busverbindung in die Stadt auf die Initiative und die Erfahrungen von Hans Baumgartner zurückgeht», sagt Planta. «Baumgartner hat als Erster konkrete Zahlen vorgelegt und die Machbarkeit aufgezeigt.»
Ende November 1946 stimmte die Kilchberger Gemeindeversammlung dem Vertrag mit der Stadt Zürich und einer Defizitgarantie von 10’000 Franken zu. Am 14. Dezember 1946 wurde das Konzessionsgesuch in Bern eingereicht. Nachdem weder die SBB noch die Dampfbootgesellschaft opponiert hatten, konnte die Buslinie am 17. März 1947 den Betrieb aufnehmen.
Fünf Jahre später erfolgte die nächste Erweiterung des Busnetzes im Gemeindegebiet von Kilchberg. Der erste Bus vom Bürkliplatz zum Belvoir in Rüschlikon – die heutige Linie 165 – fuhr am 3. Mai 1952. Initiator dieser Linie war Gottlieb Duttweiler. Weitere 70 Jahre später kommt nun die Linie 66 hinzu.
Reto Planta hat folgende Quellen konsultiert: Stadtarchiv Zürich, VBZ Verkehrsbetriebe Zürich. Archiv (1875–1986); 25. Neujahrsblatt Kilchberg (1984); Archiv «Zürichsee-Zeitung».
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