Auftritt in Zürich60 Minuten mit Barack Obama
Der frühere US-Präsident sprach im Hallenstadion über Privates und Politik. Nur schon seine pure Präsenz löste Standing Ovations aus.
Barack Obama ist ein Menschenfänger. Er braucht nur zu erscheinen, um sofort Begeisterung auszulösen. Bekannt sind solche Szenen, seit er in den späten 2000er-Jahren zum US-Präsidenten und globalen Hoffnungsträger aufgestiegen war. Überaus wohlwollend und teilweise begeistert wird er auch am Samstagabend im Zürcher Hallenstadion empfangen: mit einer Standing Ovation beim Betreten der Bühne, wo er sich mit Moderator Klaas Heufer-Umlauf eine Stunde unterhalten wird. Die wohl grössten Obama-Fans im Publikum sind die Mitglieder der «Democrats Abroad», eines Ablegers der US-Demokraten, die auch in der Schweiz zu Hause sind. Ein Afroamerikaner erzählt vor dem Anlass, dass er erstmals Obama live sehen werde, und dies ausgerechnet in der Schweiz.
Für den 44. Präsidenten der Vereinigten Staaten ist der Zürcher Auftritt der erste Besuch in der Schweiz. Im Hallenstadion trifft er auf ein gemischtes Publikum, das er gleich von Beginn weg mit launigen Erzählungen einzunehmen vermag. Er erzählt, dass er am Vorabend mit seiner Frau Michelle in Barcelona ein Konzert seines Freundes Bruce Springsteen besucht habe. Er habe entspannt zuhören wollen, doch plötzlich sei seine Frau auf der Bühne gestanden und habe Tamburin gespielt. Der 61-jährige Ex-Präsident macht sich auch über sich selbst lustig, wenn er etwa sagt, dass er nach seiner Frau und den Töchtern Malia und Sasha nur der viertbeliebteste Obama sei, immerhin noch vor dem Hund der Familie.
Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.
An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.
Doch Obama ist nach Zürich gekommen, um auch über ernste Themen zu sprechen. Über Dinge, die ihm am Herzen liegen, zum Beispiel die Verteidigung der Demokratien, die weltweit unter Druck stehen, wertebasierte Leadership oder auch den Kampf gegen den Klimawandel.
Dankbar und bescheiden
Auf seine Präsidentschaft zurückblickend, sagt er, dass er stolz auf das Pariser Klimaabkommen von 2015 gewesen sei. Inzwischen stelle er fest, dass die Klimaziele wohl nicht erreicht würden. Trotzdem lohnten sich die Anstrengungen für den historischen Umstieg auf saubere Energien. Jedes halbe Grad Erderwärmung mehr oder weniger mache extrem viel aus für mehrere Hundert Millionen Menschen auf der Welt. Hoffnungen setzt Obama vor allem auf die jungen Menschen. «Diese Generation weiss, worum es geht. In vielen Fragen ist sie weiter, als es meine war.» Auf junge Menschen setzt Obama auch mit einer Stiftung, die er mit seiner Frau Michelle führt. Deren Ziel ist, weltweit Führungsnachwuchs zu fördern.
Als grösste Errungenschaft seiner achtjährigen Präsidentschaft bezeichnet Barack Obama die Gesundheitsreform, die nach ihm benannt ist: Mit Obamacare hätten 40 Millionen Amerikanerinnen und Amerikaner eine Krankenversicherung erhalten. «Der Abend, an dem diese Reform verabschiedet wurde, bedeutet mir mehr als der Abend, an dem ich zum Präsidenten gewählt wurde.» Das habe er damals mit ein paar Wodka Martini gefeiert. Obama bedauert jedoch, dass er nicht mehr gegen die Waffengewalt in den USA habe machen können.
Auf die Frage, wie er in Erinnerung bleiben wolle, antwortet Obama: «Als guter Ehemann, guter Vater, guter Freund und guter Staatsbürger. Und als Mensch, der Fehler machte und aus ihnen lernte.» Der einstmals mächtigste Mann der Welt und Friedensnobelpreisträger gibt sich bescheiden und dankbar für die scheinbar kleinen Dinge im Leben. Am Ende seines Lebens werde er beispielsweise daran denken, wie er mit seinen Töchtern im Park gewesen sei. «Das war ein Tag, der es wert war, gelebt zu werden.» Im Übrigen, scherzt der Ex-Präsident, sei er erst 61 Jahre alt. Er habe noch viel vor.
Nach exakt 60 Minuten ist das Gespräch mit Obama schon wieder vorbei, das Publikum bedankt sich mit einer erneuten Standing Ovation. Die Reaktionen auf den Auftritt des früheren US-Präsidenten sind, wie beim Verlassen des Hallenstadions zu vernehmen ist, überwiegend positiv. Klug, eloquent, überzeugend – das sind einige der Kommentare, die man hört. Oder auch: «Schade, dass Obama nicht mehr Präsident der USA ist.»
Trotz des Stargasts aus den USA ist das rund 13’000 Personen fassende Hallenstadion nicht ausverkauft an diesem Abend. Vielleicht lag es an den Eintrittspreisen. Die Tickets kosteten zwischen 59 und 564 Franken. Wie viel Gage Obama für seinen einstündigen Gig erhalten wird, bleibt unbekannt. Das Geld dürfte wohl in eine seiner gemeinnützigen Organisationen fliessen. Obama selbst ist längst ein reicher Mann.
Weiterflug nach Amsterdam
Der Besuch von Obama hatte vergangene Woche in der Öffentlichkeit ein nervöses Werweissen ausgelöst. In welchem Hotel wird er übernachten? Was wird er in Zürich unternehmen? Nun, der frühere US-Präsident hat sich nicht lange in der Limmatstadt aufgehalten. Kurz vor seinem Auftritt im Hallenstadion war er aus Barcelona angereist, und kurz danach flog er weiter: nach Amsterdam, wo heute der nächste Late-Night-Talk ansteht. Obamas kurze Europa-Tournee endet am Mittwoch in Berlin.
Fehler gefunden?Jetzt melden.