Meistercoach Pekka Virta27 Tage ums Leben gerungen, mit Sauerstoffzufuhr zum Titel
Wegen seiner Corona-Erkrankung lag der Finne lange auf der Intensivstation. Doch er liess es sich nicht nehmen, sein Team Lukko Rauma zum Titel zu führen.
Es ist das Symbolbild dieser so aussergewöhnlichen, zermürbenden, zuweilen absurden Eishockeysaison zu Zeiten der Corona-Pandemie: Lukko Raumas Meistercoach Pekka Virta sass auf der Spielerbank, die Goldmedaille um seinen Hals, derweil seine Spieler auf dem Eis feierten. Der 52-Jährige atmete schwer, schaute ungläubig auf und ab und hin und her, die Augen glasig, in seinem Gesicht eine sogenannte Nasenbrille, die ihm zusätzlichen Sauerstoff zuführte. Diesen trug er während der Finalspiele in einem Rucksack stets mit sich.
Was ging Virta in jenem Moment wohl durch den Kopf? War er schlicht erleichtert, dass es vorbei war? Oder dachte er an jene bangen Tage, in denen er um sein Leben ringen musste? Er verbrachte wegen seiner Corona-Erkrankung 48 Tage im Spital, davon 27 auf der Intensivstation der Universitätsklinik Turku. Wie schlimm es ihn erwischt hatte, teilte er der Öffentlichkeit erst im Nachhinein mit: Am 16. März publizierte er auf Facebook ein Foto von sich im Rollstuhl, dazu die Anzahl Tage, die er auf der Intensivstation gewesen war.
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Der Coach hatte sich Ende Januar mit dem Virus infiziert und in Quarantäne begeben, zunächst war er asymptomatisch. Aber gegen Ende der Isolationszeit tauchten doch die typischen Symptome auf, die sich zusehends verstärkten, bis er am 12. Februar in die Notaufnahme des Spitals gebracht werden musste – und dort schon bald auf die Intensivstation.
«Zum Glück war mir nicht jeden Moment bewusst, wie schlimm es war, als ich auf der Intensivstation lag.»
«Die Ärzte sagten, ich hätte dem Tod ins Auge geblickt», erzählte er Anfang April nach seiner Entlassung aus dem Spital dem «Ilta Sanomat», der grössten Boulevardzeitung des Landes. Es sei so kritisch geworden, weil das Virus starke Verwüstungen in seiner Lunge angerichtet habe. «Zum Glück war mir nicht jeden Moment bewusst, wie schlimm es war, als ich auf der Intensivstation lag.»
Er wolle nicht Mitleid wecken, sondern jene aufrütteln, die immer noch glauben würden, das Virus könne nur bei Alten und Schwachen grösseren Schaden anrichten. Virta hatte zuvor vier-, fünfmal die Woche trainiert und keine Vorerkrankungen gehabt.
Der vierfache Vater war nach seiner Spitalentlassung auf einen Rollstuhl angewiesen und auf zusätzliche Sauerstoffzufuhr. Sein Ruhepuls stieg schnell auf über 100, selbst der WC-Besuch stellte für ihn eine grosse Anstrengung dar. Was ihn aber nicht davon abhielt, von einer zeitnahen Rückkehr an die Bande zu träumen. Allerdings, so betonte er, müsse auch das Team mitspielen, indem es das Saisonende möglichst lange hinauszögere.
Botschaft aus dem Spital
Noch im Spital liegend, hatte sich Virta via Video erstmals wieder bei seinem Team gemeldet. Zum Playoff-Start Mitte April ging er bereits wieder ins Stadion und schaute die Spiele von der Tribüne aus, verbunden mit Erik Hämäläinen, seinem Assistenten, der ihn an der Bande vertrat. Virta übte also schon bald wieder grossen Einfluss aus, derweil der frühere Langnauer Verteidiger Hämäläinen seine ausführende Hand und der Ansprechpartner für die Medien war.
Im Final gegen TPS Turku kehrte Virta dann, weiter mit der Sauerstoffzufuhr auf seinem Rücken, an die Bande zurück. Noch nicht im Vollbesitz seiner Kräfte, war er mit seinem wundersamen Comeback eine Inspiration für die Spieler. «Man kann nur erahnen, wie viel Kraft die Mannschaft aus seiner Rückkehr geschöpft hat», schrieb der Reporter der finnischen Hockey-Website «Suomi Kiekko». «Wenn Virta mit seinem Sauerstoff-Schnurrbart auf der Bank sitzt, wird es kaum einer wagen, einen Zweikampf zu verpassen oder sich über eine kleine Beule zu beschweren.»
Titel nach 58 Jahren
In der Tat. Lukko Rauma marschierte auch im Final unaufhaltsam weiter, siegte gegen TPS Turku mit 3:1. Für die neun erforderlichen Siege in den drei Runden brauchte die Nummer 1 der Qualifikation nur elf Spiele. Die Kleinstadt an der südwestfinnischen Küste, eine gute Autostunde von Turku entfernt, feierte den ersten Meistertitel seit 58 Jahren, 2 Monaten und 13 Tagen ausgelassen. Tausende gingen auf die Strasse.
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Für Virta war es die Krönung seiner Trainerlaufbahn nach 15 Jahren als Chefcoach in der höchsten Liga. Mit seiner dramatischen Geschichte gibt er dem Ringen des Eishockeys ums Überleben zu Pandemiezeiten ein Gesicht. Doch sein persönlicher Kampf ist noch längst nicht ausgestanden.
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