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Historisches Urteil
20 Jahre Haft für liberianischen Ex-Kommandanten

Das Gericht in Bellinzona hat den früheren liberianischen Kommandanten Alieu Kosiah wegen Kriegsverbrechen zu langjähriger Haft verurteilt. 
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Der liberianische Ex-Kommandant Alieu Kosiah wurde am Freitag vom Bundesstrafgericht zu 20 Jahren Gefängnis sowie 15 Jahren Landesverweis verurteilt. Das Gericht erklärte ihn wegen Kriegsverbrechen während des Bürgerkriegs in Liberia zwischen 1993 und 1995 für schuldig.

Der Prozess fand zwischen Dezember 2020 und Februar 2021 statt. Die Urteilsverkündung erfolgte mehr als vier Monate nach Abschluss des Prozesses, wie der Präsident des Bundesstrafgerichts, Jean-Luc Bacher, sagte. Das Bundesstrafgericht in Bellinzona hat sich den Schlussfolgerungen von Bundesanwalt Andreas Müller angeschlossen, sprach Kosiah aber von vier der 25 Anklagepunkte frei, ohne jedoch mildernde Umstände anzuerkennen.

Der 46-jährige Kosiah war im Saal anwesend. Er hatte immer auf nicht schuldig plädiert. Er lebt seit 1998 in der Schweiz und war am 10. November 2014 in Bern aufgrund von Ermittlungen der Bundesanwaltschaft verhaftet worden. Eine Klage von sieben Opfer des früheren Rebellen-Kommandanten der United Liberation Movement of Liberia for Democracy (Ulimo) hatte zu seiner Festnahme geführt. Er ist in einem Berner Regionalgefängnis inhaftiert.

Lange Verlesung des Urteils

Die Verlesung des Urteils dauerte rund drei Stunden. Der Präsident des Bundesstrafgerichts sagte, eigentlich wäre ein Militärgericht für die Straftaten zuständig, denn es handle sich um Verstösse gegen das Kriegsrecht.

Die Schweiz erkennt das Prinzip der universellen Justiz an, das es ihr erlaubt, Menschen wegen sehr schwerer Verbrechen unabhängig vom Ort der Begehung vor Gericht zu bringen. Der Fall Kosiah war dennoch das erste Mal, dass die eidgenössische Justiz einen Fall von internationalen Kriegsverbrechen verhandelte.

Alieu Kosiah wurde von der Rekrutierung eines Kindersoldaten freigesprochen. Das Kind soll sich freiwillig seinen Kämpfern angeschlossen haben. Weiter sprach ihn das Gericht frei vom Mordversuch an einem Zivilisten, von der Beihilfe zum Mord eines Zivilisten sowie davon, den Befehl zur Plünderung eines Elektrizitätswerks gegeben zu haben.

Schuldig gesprochen wurden Kosiah dagegen wegen Verletzung des Kriegsrechts für den Einsatz eines Kindes als Soldat und den Befehl, dreizehn Zivilisten und zwei gefangene Soldaten zu töten, deren abgetrennte Köpfe am Flughafen von Monrovia ausgestellt wurden, sowie den Mord an vier weiteren Zivilisten.

Weiter sprachen ihn die Richter der Vergewaltigung einer Frau, der grausamen Behandlung von sieben weiteren Zivilisten, des mehrfachen Befehls zur grausamen Behandlung von Zivilisten sowie der Störung der Totenruhe schuldig. Er hatte zusammen mit andern Kämpfern das Herz eines Toten gegessen.

Kein Bedauern

Gerichtspräsident Bacher rechtfertigte die Tatsache, dass das Gericht keine mildernden Umstände für eine Straferleichterung anerkannte, mit dem arroganten Verhalten dieses «gut bekannten früheren Kriegsverbrechers», der keinerlei Bedauern gezeigt habe. Bacher hob die anhaltenden Traumata der Opfer hervor, darunter jener, die als Zeugen vor Gericht aussagten.

Ausser der Verurteilung zu 20 Jahren Gefängnis und zur Landesverweisung wurden Kosiah Geldstrafen auferlegt. Er muss den Klägern Entschädigungen von insgesamt 53'000 Franken bezahlen. Von den Prozesskosten in Höhe von 1,3 Millionen Franken muss er 50'000 Franken übernehmen.

Der 46-Jährige verfolgte die Verlesung des Urteils mit ungerührter Miene. Die Verteidigung zieht das Urteil ans Bundesgericht weiter, wie sie gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA sagte.

SDA/fal