Zyklon in AustralienDieser Sturm ist nicht besonders stark – aber sonst aussergewöhnlich
Ein tropischer Wirbelsturm sorgt derzeit an der australischen Ostküste für den Ausnahmezustand. Alfreds «Werdegang» ist bemerkenswert. Und er wird auch Gutes bewirken.

- Zyklon Alfred trifft am Samstagvormittag auf die Region Brisbane.
- Behörden haben Evakuierungen und Schliessungen in betroffenen Gebieten angeordnet.
- Der Zyklon hat eine ungewöhnliche Zugbahn eingeschlagen.
Meterhohe Wellen, Orkanböen und enorme Regenmengen: Damit müssen die Bewohnerinnen und Bewohner im Süden des australischen Bundesstaates Queensland in den kommenden Stunden zurechtkommen. In den voraussichtlich am stärksten betroffenen Gebieten haben die Behörden Evakuierungen angeordnet. Schulen, Supermärkte, Strassen und Flughäfen wurden vorsorglich geschlossen.
Verantwortlich für dieses Ungemach ist der Zyklon Alfred, also ein tropischer Wirbelsturm. Gemäss der Einschätzung der australischen Wetterbehörden wird er voraussichtlich am Samstagvormittag mit seinem Kern auf Land treffen. Dieser «Landfall» wird nach jetzigem Kenntnisstand irgendwo im Gebiet der Moreton Bay stattfinden, also im Umfeld der dicht besiedelten Metropolitanregion Brisbane.
Böen derzeit über 150 km/h
Derzeit befindet sich der Sturm noch über dem offenen Meer und wird als Zyklon der Kategorie zwei auf der fünfstufigen Intensitätsskala eingeordnet, die in Australien Anwendung findet. Das heisst: Es herrschen mittlere Windstärken von 90 bis knapp 120 Kilometer pro Stunde, die stärksten Windböen können 125 bis 165 km/h erreichen. Wenn der Zyklon am Samstag auf Land trifft, wird er sich voraussichtlich auf die niedrigste Stufe 1 abgeschwächt haben.
Damit ist Alfred kein aussergewöhnlich starker Sturm. In der Vergangenheit erlebte Australien schon weitaus heftigere Zyklone. Als Beispiel genannt sei Zyklon Larry. Dieser traf am 20. März 2006 im Norden von Queensland als Sturm der Kategorie vier auf Land – mit gewaltigen Orkanböen von fast 250 km/h. Er richtete verheerende Schäden an.
Die Zugbahn von Alfred ist allerdings gleich in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert.
Saison in Australien dauert von November bis April
Tropische Wirbelstürme bilden sich im Norden und Osten Australiens meist zwischen November und April. Dann hat das Meerwasser die nötige Oberflächentemperatur von mindestens 26 Grad.
Die Geburtsstätte dieser Stürme ist in der Regel der sogenannte Monsuntrog. Meteorologisch gesehen, handelt es sich dabei um eine Tiefdruckrinne in Äquatornähe, in deren Bereich die von Nordosten und Südosten wehenden Passatwinde aufeinandertreffen.
Im Bereich des Monsuntroges verdunsten von der Meeresoberfläche grosse Wassermengen, die mit der warmen Luft aufsteigen. Daraus formieren sich Gewitterherde, die sich mit der Erdrotation (Corioliskraft) zu drehen beginnen. Auf der Südhalbkugel drehen tropische Wirbelstürme im Uhrzeigersinn, auf der Nordhalbkugel gegen den Uhrzeigersinn.
Zyklon änderte abrupt die Zugbahn
Auf diese Weise entstand um den 22. Februar herum auch Zyklon Alfred. Er formierte sich aus einem Gewittercluster über der offenen See, Hunderte Kilometer südlich von Papua-Neuguinea. In der Folge zog er eine Zeit lang nach Osten, also auf das Meer hinaus. Am 25. Februar änderte der Sturm dann seine Zugbahn. Er verlagerte sich plötzlich stramm Richtung Süden. In der Folge erreichte der Zyklon phasenweise Stufe 4 auf der Intensitätsskala.
Anfang März deuteten die Berechnungen der Wettermodelle noch darauf hin, dass sich der Zyklon weiter Richtung Südosten bewegen und sich dann im Niemandsland zwischen Australien und Neuseeland auflösen würde. Dies wäre eigentlich die logische – und in der Vergangenheit bei ähnlichen Stürmen bereits beobachtete – Konsequenz gewesen, da das System in zunehmend kühleres Meerwasser geraten wäre.
Allerdings hielt sich Alfred nicht an diesen Plan.
Am 4. März änderte der Zyklon seine Zugrichtung erneut abrupt. Etwa auf der Höhe von Brisbane schwenkte er direkt nach Westen, wobei er immer noch weit vom Festland entfernt war. Diese Zugbahn behielt Alfred bei.
So verlagerte er sich in eine Region hinein, die normalerweise nicht akut von starken Zyklonen betroffen ist. Die enorme Aufregung um Alfred erklärt sich also in erster Linie dadurch, dass er auf ein sehr dicht besiedeltes Gebiet trifft, das schlichtweg nicht mit derartigen Stürmen vertraut ist.

Warum der Zyklon eine derart «exotische» Zugbahn eingeschlagen hat, werden vertiefte meteorologische Analysen zeigen müssen.
Völlig überraschend kommt es aber nicht. Wegen des Klimawandels breitet sich die Zone mit sehr warmem Meerwasser an Australiens Ostküste mehr und mehr südwärts aus. «Es besteht eine gewisse Möglichkeit, dass tropische Wirbelstürme in einem wärmeren Klima, das mit wärmeren Ozeanen und sich verändernden grossräumigen Windmustern einhergeht, auch weiter nach Süden vordringen», sagt dazu Andrew Dowdy vom Earth System and Climate Change Hub, der sich mit den Auswirkungen des Klimawandels auf die Tropenstürme in Australien beschäftigt. Alfred könnte also nur der Vorbote einer künftigen Entwicklung sein.
Insgesamt eher eine Abnahme der Zyklone
Gemäss den aktuellen Klimaszenarien wird davon ausgegangen, dass sich die Zahl der Zyklone in Australien mit fortschreitender Erderwärmung eher reduzieren wird. Eine entsprechende Tendenz zur Abnahme ist gemäss Andrew Dowdy seit den 1980er-Jahren deutlich zu bemerken. Die Gründe dafür sind aber aufgrund der komplexen Mechanismen, die auf die Entstehung von tropischen Stürmen einwirken, weitgehend unklar.
Man könnte nun meinen, dass die Abnahme der Häufigkeit tropischer Wirbelstürme in Australien Grund zur Freude ist. Das ist allerdings nicht der Fall. Zwar können Zyklone mit ihren Begleiterscheinungen enorme Schäden anrichten. Sie verfrachten allerdings auch riesige Mengen an Feuchtigkeit ins australische Hinterland.
Die Zyklone leisten damit einen nicht unwesentlichen Beitrag zur Aufbesserung des Wasserhaushaltes im staubtrockenen Outback. Das zeigt sich auch eindrücklich am Beispiel von Alfred, der in den kommenden Tagen unter Abschwächung ins Landesinnere ziehen und dort enorme Regenmengen hinterlassen wird.

Kurzum: Dürre und Trockenheit sind für weite Teile des Fünften Kontinents insgesamt weitaus bedrohlicher als die Auswirkungen der Zyklone. Und weniger Zyklone bedeuten weniger Wasser.
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