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Massenentlassungen in der Forschung
ETH-Forschende demonstrieren gegen neuen Kurs der USA

Eine grosse Gruppe von Menschen steht vor einem historischen Gebäude, einige halten Plakate hoch.
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Aus einer spontanen Idee wurde eine grössere Aktion: Sonia Seneviratne, ETH-Professorin und Vizevorsteherin beim Weltklimarat IPCC, und ihr Kollege Andreas Fischlin, emeritierter ETH-Professor und ehemaliger Vizevorsteher beim IPCC, wollten eigentlich mit einem Selfie gegen die Kampagne des neuen US-Präsidenten Donald Trump protestieren. Im Eilzugtempo entlässt seine Regierung Tausende Forschende. Darunter sind Hunderte erfahrene und junge amerikanische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Klimawissenschaft. 

Das Vorhaben hat sich rumgesprochen, und schliesslich haben sich mehr als hundert Forschende vor dem Hauptgebäude der ETH Zürich getroffen. Sie machen sich Sorgen, wie es weltweit weitergeht in der Klimawissenschaft – und auch in der internationalen Klimapolitik. «Wir müssen für die Unabhängigkeit und Freiheit der Wissenschaft kämpfen», sagt Fischlin.

Erstmals ohne die USA

Zum ersten Mal in der Geschichte des Weltklimarates IPCC, der 1988 gegründet wurde, war letzte Woche die USA nicht an einem wichtigen Meeting anwesend. In China haben ausgewählte Forschende über den nächsten Klimabericht beraten. So durfte Kate Calvin, die eine der drei Arbeitsgruppen mitleitet, nicht zum IPCC-Treffen reisen. «Sie ist eine hochkompetente Forscherin», sagt ETH-Klimaforscherin Seneviratne. Während der ersten Amtszeit von Donald Trump sei trotz der Ankündigung, aus dem Klimaabkommen von Paris auszusteigen, die Arbeit beim IPCC normal vorangegangen.

Doch diesmal ist alles anders. Es ist nicht nur der US-Forscherin untersagt, beim IPCC teilzunehmen. Das gilt für alle US-Regierungsvertreter. Das Fachmagazin «Nature» zitiert einen Nasa-Sprecher, der erzählt, dass die Regierung diese Massnahme durch eine Richtlinie regelt, die besagt, «nicht unbedingt erforderliche Beratungsverträge» zu streichen.

Es sieht so aus, dass Donald Trump nicht nur plant, aus dem Klimaabkommen von Paris auszusteigen, sondern auch jegliche Unterstützung der internationalen Klimaforschung zum Beispiel durch den Weltklimarat zu unterbinden. Noch gibt es zwar keine formelle Mitteilung von den USA. Dennoch sagt der Vorsteher des Weltklimarates Jim Skea: Der IPCC müsse ernsthaft anfangen, darüber nachzudenken, wie er mit einem möglichen Rückzug der USA umgehen soll. 

USA zahlen den grössten Beitrag

Eine Analyse des Thinktank Carbon Brief zeigt, dass die USA seit der IPCC-Gründung rund 30 Prozent der freiwilligen Beiträge geleistet haben. Das sind insgesamt über 53 Millionen Franken. Das ist viermal mehr als der Beitrag des zweitgrössten Zahlers, der EU. In seiner ersten Amtszeit liess Trump die Beiträge kürzen. Andere Länder erhöhten darauf ihre Zahlungen.

 «Falls die USA diesmal nicht mehr mitmachen, wird sicher noch eine Lösung gefunden werden, damit andere Länder die Kosten abdecken», sagt IPCC-Vizevorsteherin Sonia Seneviratne. Dennoch werde die Organisation ohne die Mitarbeit der USA geschwächt. 

Weitreichende Folgen

Es ist aber nicht nur der IPCC, der möglicherweise unter Trumps Entscheidungen leidet. Es gibt noch andere Institutionen wie das Weltklimaforschungsprogramm WCRP, das die weltweite Zusammenarbeit von Klimaforschern verschiedener Fachgebiete steuert. Das WCRP trägt damit zur Verbesserung von Klimamodellprognosen und zur Verbesserung des Verständnisses des menschlichen Einflusses auf das Klima bei.

Auch hier zahlen die USA den Löwenanteil der Kosten. Das Budget sei nun präventiv gekürzt worden, erklärt ETH-Klimaforscher Erich Fischer. Die Unsicherheit unter den Klimaforschenden sei gross. Es gibt derzeit keine Planungssicherheit.

Es ist anzunehmen, dass an den amerikanischen Universitäten nun viele Studenten sich überlegen, ob es sinnvoll ist, auf ein Studium der Klimawissenschaften zu setzen. Amerikanische Klimaforschende gehören zu den Besten weltweit. Das zeigt allein schon die Arbeit der  Nationalen Ozean- und Atmosphärenbehörde (NOAA), welche die globalen Veränderungen der Treibhausgase messen. Die NOAA ist für etwa 50 Prozent aller CO₂-Beobachtungen im Meer verantwortlich. Falls in Zukunft die Daten von der NOAA ausbleiben würden, könnten gewisse Erdsystemmodelle nicht mehr mit Beobachtungen verifiziert werden.

Diese Berechnungen sind relevant für das CO₂-Budget, das Auskunft gibt, wie viel CO₂ der Mensch noch durch die Verbrennung fossiler Energie produzieren darf, um die Klimaziele des Pariser Abkommens zu erreichen. Die Regierung will 800 Stellen bei der NOAA streichen.

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