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Polemik um Fridays for Future
Zuerst mal ordentlich die Haare schneiden

Die Musikerin Ronja Maltzahn aus Hannover.
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Eigentlich hätte Ronja Maltzahn am Freitag in Hannover an einem Anlass der Klimajugend auftreten sollen. Sie habe sich sehr über die Einladung gefreut, schreibt die 28-jährige deutsche Sängerin im Internet. Aber leider hätten ihr die Aktivistinnen und Aktivisten von Fridays for Future (FFF) kurz vor dem Konzert eine Absage geschickt – verbunden mit einem Hinweis, was sie tun müsse, um doch noch singen zu dürfen. 

Grund der Absage war: Die weisse, in der Stadt Münster aufgewachsene Maltzahn trägt Dreadlocks, also lange, verfilzte Haare. Das sei «kulturelle Aneignung», warfen ihr die Klimajugendlichen vor: die ungebührliche Verwendung eines Symbols, das in den USA für den Widerstand der schwarzen Bürgerrechtsbewegung stehe. Sollte sie sich dazu entschliessen, die Dreadlocks vor dem Konzert abzuschneiden, dürfe sie hingegen gerne auftreten.

Ein Image-Desaster

Für die deutsche Klimabewegung entwickelt sich die Episode um Maltzahn zum Image-Desaster. Schon die Formulierung, mit der die Aktivisten ihre Absage begründen, klingt, als wollten sie die üblichen Vorwürfe ihrer Kritiker realsatirisch bestätigen: Sie seien intolerant, ideologisch, idiotisch.

Es sei ihnen wichtig, begründeten die Klimajugendlichen ihren Entscheid, «BiPoCs Raum innerhalb der Klimagerechtigkeitsbewegung zu geben». Die Abkürzung BiPoCs steht für: Schwarze, Indigene und People of Color. Trete nun eine weisse Person mit Dreadlocks auf, könnte dies bei Angehörigen dieser Gruppen den Eindruck erwecken, «dass diese Bewegung für sie keinen Safe Space darstellt».

Es ist einfach, auf die Widersprüchlichkeit dieser Argumentation hinzuweisen, und das haben auch viele getan. Ist es nicht gerade eine Stereotypisierung und damit potenziell rassistisch, lockige, glatte, lange oder kurze Haare und die daraus entstehenden Frisuren einer bestimmten Ethnie zuzuordnen? Zumal Dreadlocks, wie die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» schrieb, einst auch von muslimischen Derwischen, jamaikanischen Rastafaris und vielleicht sogar von den Wikingern getragen wurden.

Sie will keinen Shitstorm

«Schneide dir erst mal anständig die Haare!» Das ist doch früher kritischen jungen Linken aus der tiefen, spiessigen, erzkonservativen Provinz entgegengeschallt. Und es verstösst – was auf Sensibilität und Respekt pochende FFF-Anhänger eigentlich merken sollten – gegen das Bestimmungsrecht über den eigenen Körper. 

Waren die Dreadlocks der weissen deutschen Flüchtlingsretterin Carola Rackete auch kulturelle Aneignung? Hätten sich die afrikanischen Flüchtlinge weigern sollen, in Racketes Boot zu steigen? Oder sie zumindest auffordern sollen, zuerst ihre Frisur mit ihrer ethnisch-kulturellen Herkunft in Einklang zu bringen? 

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Versöhnlich gab sich indessen Maltzahn selber. Die Musikerin, die auf ihren bisher zwei Studioalben und an ihren Konzerten in fünf Sprachen singt und deren Band multikulturell zusammengesetzt ist, sagte, sie trage ihre Dreadlocks, weil sie sie schön finde. Die Frisur passe einfach zu ihrem Lebensgefühl.

Sie wolle keinen Shitstorm und auch keinen Streit mit Fridays for Future, zumal sie hinter den Anliegen der Organisation stehe. Bisher, fährt Maltzahn fort, hätten die Leute stets positiv auf ihre Frisur reagiert. Und für die Aufforderung, sie abzuschneiden, habe sich eine Klimaaktivistin immerhin bei ihr entschuldigt.