Pilotprojekt im Bezirk MeilenKünftig kommt die Spitex auch nachts
Die Spitex-Organisationen am rechten Seeufer lancieren eine gemeinsame Nachtspitex. Im Bezirk Horgen hat man mit diesem Angebot bereits Erfahrungen gesammelt.
Wer nach einem Unfall oder altersbedingt Unterstützung braucht und sich lieber zu Hause pflegen lässt, kann die Spitex in Anspruch nehmen. Viele Spitex-Organisationen stehen jedoch nur tagsüber zwischen 7 und 22 Uhr zur Verfügung. In der Nacht besteht somit eine Versorgungslücke.
Dies ist bis anhin auch für die Menschen am rechten Zürichseeufer der Fall. Die beiden regional grössten Spitex-Betriebe Pfannenstiel und Zürichsee wollen diese Versorgungslücke nun schliessen. Sie haben ein Konzept für eine gemeinsame Nachtspitex-Organisation erarbeitet. Das neue Angebot soll mit einem vierjährigen Pilotprojekt starten, wenn alles nach Plan läuft, Anfang 2025.
Ambulante Betreuung stärken
Lara Rée ist Geschäftsleiterin der Spitex Zürichsee. Sie sagt: «Mit der Nachtspitex wollen wir dem Grundsatz ‹ambulant vor stationär› konsequenter Rechnung tragen.» Denn aktuell müssen Menschen, die nachts auf Pflege oder Kontrollbesuche angewiesen sind, tendenziell in ein Pflegeheim ziehen. Selbst wenn sie grundsätzlich noch gut in den eigenen vier Wänden leben könnten.
Durch die ambulante Versorgung von Kundinnen und Kunden auch während der Nacht können im stationären Bereich zudem Kosten gespart werden, da ambulante Pflege und Betreuung weniger teuer ist als stationäre.
Gleichzeitig spielen politische Forderungen nach mehr Selbstbestimmung eine Rolle. Anfang Jahr trat im Kanton Zürich das Selbstbestimmungsgesetz in Kraft. Dieses ermöglicht Menschen mit Behinderung grössere Freiheiten bei der Wahl der Wohn- und Betreuungsformen. Sie können beispielsweise in eine eigene Wohnung ziehen. «Auch diese Menschen müssen nachts auf Pflege und Betreuung zurückgreifen können», so Lara Rée.
Kein Nachtzuschlag
Diese Pflege und Betreuung umfasst in der Nacht die gleichen Leistungen der Spitex wie tagsüber. Dazu gehören die Grundpflege – beispielsweise Hilfe beim Aufstehen oder dem Gang zur Toilette – oder gesundheitliche Abklärungen. Aber auch Kontrollbesuche, Einsätze bei Pflegenotfällen oder die Pflege von Palliativpatienten werden übernommen.
Neben den Leistungen sind auch die Tarife gleich wie tagsüber. Kunden bezahlen also keinen Nachtzuschlag, sondern weiterhin die übliche Patientenbeteiligung von 7.65 Franken pro Tag. Gegenüber den Krankenkassen wird entlang der gesetzlichen Regelungen und Tarifverträge abgerechnet. Die Gemeinden übernehmen die Restkosten.
Die Kosten für das vierjährige Pilotprojekt werden auf insgesamt 300’000 Franken geschätzt. Die Gemeinden übernehmen diese Kosten anteilsmässig im Verhältnis zur Einwohnerzahl. Pro Jahr sind dies zwischen 3000 und 8000 Franken.
Beim Pilotprojekt dabei sind die Gemeinden im Versorgungsgebiet der Spitex-Betriebe Pfannenstiel (Zumikon, Oetwil, Egg, Maur, Fällanden) und Zürichsee (Erlenbach, Herrliberg, Männedorf, Meilen, Uetikon) sowie Zollikon und Hombrechtikon. Ebenfalls Interesse besteht in Stäfa und Küsnacht, ein definitiver Entscheid steht dort noch aus.
Erfahrungen in Wädenswil positiv
Auch im gesamten Bezirk Horgen wurde die Nachtspitex erst mit einer Pilotphase getestet und Anfang 2021 schliesslich definitiv eingeführt. Betrieben wird das Angebot von der Spitex Zürich. Alle Gemeinden haben eine entsprechende Leistungsvereinbarung unterzeichnet, im Fall von Wädenswil damals wegen klammer Finanzen mit etwas Verspätung.
Mittlerweile hat sich das Angebot etabliert. Die Erfahrungen seien positiv, sagt der zuständige Wädenswiler Stadtrat Daniel Tanner (SP): «Es gab Fälle, wo durch die Nachtspitex der Wechsel in ein Pflegeheim verzögert werden konnte.» Auch die anfänglichen Bedenken der Stadt, mit zunehmender Bekanntheit könnte die Nachfrage und damit die Kosten steigen, hätten sich nicht bewahrheitet. «Es sind vereinzelte Personen, die die Nachtspitex in Anspruch nehmen», erklärt Tanner.
Das Kostendach von 25’000 Franken pro Jahr für die Nachtspitex, das Wädenswil als einzige Gemeinde festgelegt hat, sei denn auch nur in einem Fall überschritten worden. Bezogen auf die Gesamtkosten von 1,2 Millionen Franken für die ambulante Pflege, welche die Stadt mitfinanziert, sei dies vernachlässigbar. «Wenn man mit dem Angebot zudem Familien entlasten kann, ist das Kosten-Nutzen-Verhältnis klar gewährleistet.»
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