Palliaviva betreut SchwerkrankeBis zum Schluss konnte sie ihren Mann zu Hause begleiten
Die Oberriednerin Annette Dörfler verlor ihren Mann Emil an den Krebs. Unterstützt von der Palliaviva, konnte er in Würde sterben. Sie erzählt, wie sie seine letzten Tage erlebt hat.
«Es ist anders, seit Emil nicht mehr da ist, vor allem am Abend», erzählt Annette Dörfler. «Manchmal sitze ich im Stuhl und sage: Emil, hast du das gesehen?» Wenn die Oberriednerin von ihrem verstorbenen Mann spricht, macht sie keinen verbitterten Eindruck. Sie erzählt gefasst, man merkt, dass sie gern an die gemeinsame Zeit zurückdenkt.
Fast 53 Jahre waren die beiden verheiratet, als Emil Dörfler am 11. April 2023 den Kampf gegen den Krebs verlor und zu Hause für immer einschlief. Dass dies möglich war und ihr Mann nicht im Spital sterben musste, erfüllt die 80-Jährige mit Dankbarkeit.
«Das ist das Beste, was mir in dieser Situation passieren konnte», sagt Annette Dörfler. Klar ist für sie, dass sie die Pflege nicht allein geschafft hätte. Unterstützt wurde sie insbesondere in der letzten Phase. «Die Palliaviva, die Spitex Horgen-Oberrieden und die Familie haben mir sehr geholfen», sagt Annette Dörfler. Insbesondere der Familienzusammenhalt mit den vier erwachsenen Kindern und neun Enkelkindern ist gross.
Arbeit wurde zum Verhängnis
Eigentlich fängt alles harmlos an: Emil Dörfler spürt nach Wanderferien ungewohnte Schmerzen in der Schulter. Eine Physiotherapie hilft nicht. Erst ein MRI brachte im Herbst 2018 Klarheit. In der Lunge hatte sich ein Tumor gebildet. Eine Diagnose, die überraschend kommt.
«Wir hätten nie an Krebs gedacht, haben wir doch immer gesund gelebt», sagt Annette Dörfler. Beide rauchten nicht, bewegten sich viel und gönnten sich nur hin und wieder ein Glas Wein. Sein Beruf wurde Emil Dörfler zum Verhängnis, wie Untersuchungen zeigten. Er hatte jahrzehntelang den Oberriedner Familienbetrieb, eine Spengler-, Sanitär- und Heizungsfirma, geführt. «Oft stand er auf der Baustelle in einer richtiggehenden Asbestwolke», erinnert sich seine Frau. «Er hat manchmal gesagt, er habe den falschen Beruf», sagt sie. «Dann habe ich ihn jeweils daran erinnert, wie gern er gearbeitet hat.»
In einer ersten Operation wird ihrem Mann ein Teil des Lungenflügels entfernt. Doch langfristige Heilung bringt der Eingriff nicht. So ist Emil Dörfler ein Jahr lang auf Sauerstoff angewiesen, den er morgens rationiert und jeweils in einem Kübelchen mit sich umherträgt.
Annette Dörfler erinnert sich, dass ihr Mann zuerst mit dem Sauerstoffschlauch nicht vor die Tür wollte. Doch dann wird er wieder aktiv. «Er hat angefangen, die Post der Firma auszutragen, und hat Kilometer um Kilometer dabei absolviert», erzählt sie. Manchmal habe sie ihm sagen müssen, dass er die letzten Rechnungen doch auch noch morgen austragen könne.
«Er ging im Dorf offen mit seiner Krankheit um, und die Menschen akzeptierten das.» Auch ins Unispital zur Bestrahlung fährt ihr Mann selbstständig. Und nach einem Jahr kann er auf Rat seiner Ärztin ohne den zusätzlichen Sauerstoff auskommen. «Er war am Anfang noch gut ‹zwäg›», erinnert sie sich an die Zeit nach der Diagnose.
Trotzdem: Die Krankheit bleibt präsent im Leben des Paares und der Tod allgegenwärtig. «Emil wusste, dass es der Anfang vom Ende war», sagt sie heute über jene Zeit. Die Ärzte hätten ihnen offen gesagt, dass sie nicht wüssten, wie lange er noch habe.
Corona verschlechterte Situation
Schwierig wird es um den Jahreswechsel 2021/22, als Emil Dörfler an Corona erkrankt. Es ist das erste Mal, dass es ihrem Mann richtig schlecht geht.
Für die Oberriednerin ist dies der Punkt, an dem sie einen Rat ihres Gottenkindes beherzigt und sich bei der Palliaviva meldet. «Sie hat mir von der Palliaviva erzählt und gesagt, dass wir sie brauchen werden.» Dies habe sich bestätigt, und Annette Dörfler kann sich noch gut an den ersten Besuch von Palliaviva erinnern. «Sie wussten, wie sie mit ihm umgehen mussten», sagt sie und fügt an, dass ihr Mann einen starken Willen gehabt habe. Öfter hätten sie auch Scherze zusammen gemacht.
Aber die Mitarbeiterinnen von Palliaviva kümmern sich nicht nur um Emil Dörfler. Sie hätten mit ihm geplaudert und ihm dann jeweils gesagt, «jetzt rede ich noch mit Ihrer Frau», erinnert sich Annette Dörfler. Dies sei auch psychisch eine Hilfe gewesen.
Spitalbett in der Stube
Dass auch Annette Dörfler einen starken Willen hat, wird im Gespräch offensichtlich. Eine Frau, die immer gearbeitet hat. Doch auch sie stösst an ihre Grenzen in dieser Situation. Der Gedanke an eine Palliativstation in einem Pflegezentrum kommt angesichts der schwierigen Situation auf. Doch Annette Dörfler ist froh, dass dies nicht nötig wurde.
Ihr Mann sei ein guter Patient gewesen, doch öfter habe er starke Schmerzen gehabt, erzählt sie und kurz stockt ihre Stimme. In solchen Situationen ist sie froh um die Pflegefachfrauen von Palliaviva, die sich um die spezifische Betreuung von Krebspatienten kümmern – zuletzt täglich. So dosieren sie jeweils in Absprache mit einer Schmerzärztin die Medikamenteneinnahme. In der Endphase übernehmen zudem Spitex-Mitarbeitende die tägliche Betreuung und Pflege.
Im Herbst 2022 verschlechtert sich der Zustand des 89-Jährigen erneut. So sehr, dass er ein Spitalbett braucht, das auf Initiative der Palliaviva-Pflegerinnen angeschafft und in der Stube aufgestellt wird. Das Bett mit dem schwer kranken Vater und Grossvater darin entwickelt sich zum Zentrum des Familienlebens. Freunde und Familie versammeln sich regelmässig darum herum. So geschieht es auch, als Emil Dörfler am 11. April, am Dienstag nach Ostern, friedlich einschläft. Am Schluss sei es eine Erlösung für alle gewesen, sagt Annette Dörfler.
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