Bewilligung für umstrittenen Zürcher VeloumzugCritical Mass darf wieder rollen, allerdings nicht ganz frei
Velofahrende können am Freitagabend wieder gemeinsam durch die Stadt fahren – legal, aber mit einigen Einschränkungen. Die FDP schliesst eine erneute Klage nicht aus.
Bereits am Freitag rollt die Critical Mass wieder. Und zwar, ohne dass sich die Beteiligten strafbar machen werden.
Veloorganisationen und die Stadt Zürich haben sich für den 26. April auf eine legale Durchführung geeinigt, wie Pro Velo Kanton Zürich am Donnerstag mitteilt. Die Stadt bestätigt dies.
Lösung mit Sicherheitsdepartement gefunden
Auf eine Beschwerde hin entschied der Statthalter im Juli 2023, dass die Velokundgebung Critical Mass eine Bewilligung braucht. Eine solche wollten die Veloaktivistinnen und -aktivisten aber nicht beantragen. Als Folge verbot das zuständige Sicherheitsdepartement von Karin Rykart (Grüne) den Umzug, der am letzten Freitag des Monats in der Stadt Zürich stattfand und bis zu 5000 Menschen anzog. Seither hat die Polizei Velofahrende in Gruppen gebüsst und teilweise verzeigt.
Mitglieder der städtischen Velokommission haben sich mit dem Sicherheitsdepartement in Verbindung gesetzt, um gemeinsam nach einer Lösung zu suchen. Diese steht nun, zumindest für eine einmalige Ausführung. Die Bewilligung muss jeden Monat neu beantragt und erteilt werden.
Die Critical Mass sieht sich selber als lose Bewegung ohne Organisatorinnen. Damit sie die Bewilligung bekommen konnte, wurde das unabhängige Kollektiv «Zäme Velo fahre» gegründet.
Die Gepflogenheiten des Veloumzugs sollen durch den Kompromiss erhalten bleiben. Die Teilnehmenden können die Route spontan bestimmen – zumindest teilweise. Sie dürfen Querstrassen mit ihren Velos absperren, was im Slang «corken» heisst. Zudem bleibt das Abspielen von Musik erlaubt.
Doch für die Velofahrenden gelten an diesem Freitag auch neue Regeln. Sie müssen ihren Umzug räumlich beschränken, auf das Stadtgebiet links der Limmat. Auch den Kreis 1 müssen sie meiden. Weiter gibt es vom Besammlungsort am Bürkliplatz eine definierte Abfahrtszeit um 19.15 Uhr und eine definierte Abfahrtsroute über den General-Guisan-Quai. Zudem muss der Umzug um 22.30 Uhr auf dem Helvetiaplatz enden. Innerhalb dieses Rahmens darf die Critical Mass durchfahren, wo sie will.
Yvonne Ehrensberger, Geschäftsführerin von Pro Velo Kanton Zürich und Mitglied der Velokommission, ist erfreut über die neue Lösung. Es handle sich allerdings um einen Versuch. Noch sei nicht ganz klar, wie die Velobewegung reagieren werde. Ehrensberger ist aber zuversichtlich, dass die Critical Mass unter diesen Bedingungen sehr ähnlich funktionieren könne wie früher. «Der spontane Geist bleibt dank der freien Routenwahl erhalten.» Dazu komme der Vorteil, dass niemand mehr Angst haben müsse, etwas Illegales zu tun.
Die Einschränkungen hält Ehrensberger für vertretbar. «Es bleibt genug Platz.»
Skeptisch ist Përparim Avdili, Präsident der städtischen FDP. Mit einer Beschwerde beim Statthalter hatte seine Partei dafür gesorgt, dass die Stadtpolizei die Critical Mass nicht mehr ungehindert laufen lassen konnte. Avdili kritisiert die vorgesehene freie Routenwahl ausserhalb des Kreises 1. «Der Sinn von bewilligten Demonstrationen besteht auch darin, dass die Strecke vorgegeben ist», sagt Avdili. Nur so liessen sich gröbere Einschränkungen des Verkehrs verhindern. Nun drohten wieder blockierte Trams und Busse.
Alle anderen Organisatoren von Kundgebungen müssten vorher eine Route angeben, sagt Avdili. Nur für die Critical Mass gelte diese Regel offenbar nicht. «Es stört mich, dass eine kleine Minderheit eine Spezialbehandlung erhält, nur weil ihr Anliegen dem Stadtrat sympathisch ist.»
Avdili schliesst nicht aus, dass die FDP erneut juristisch vorgehen wird gegen den Umgang der Stadt Zürich mit der Critical Mass. Erst müsse man beobachten, wie die Ausführung vom Freitag ausfalle. «Aber wir tolerieren keinen weiteren Verkehrskollaps.»
Ziel: Kein Verkehrschaos mehr
Katharina Schorer, Sprecherin des zuständigen Sicherheitsdepartements, sagt, dass dem Kompromiss eine Vernehmlassung vorausgegangen sei, unter anderem mit den Zürcher Verkehrsbetrieben (VBZ). Das Ziel der Vereinbarung liege darin, starke Verkehrsbehinderungen zu vermeiden. «Durch den Ausschluss des Kreises 1 werden die grössten Verkehrsknoten wie Bellevue oder Central normal funktionieren können.» Auch die Festlegung eines Start- und eines Endpunkts mache den Umzug deutlich vorhersehbarer, sagt Schorer.
Vor der Vergabe der nächsten Bewilligung werde das Sicherheitsdepartement neu urteilen, «auch aufgrund der Erkenntnisse aus der ersten Ausführung».
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