Zürcher Stadtpolizist verurteiltEin DJ im Streifenwagen, illegale Abfragen und ein Polizist ohne Job
Ein Beamter der Stadtpolizei Zürich versorgte einen Freund regelmässig mit geheimen Informationen und nahm ihn auf Streife mit. Nun wurden beide Männer bestraft.

- Ein Zürcher Stadtpolizist gab über Jahre geschützte Polizeidaten weiter.
- Der Beamte führte unrechtmässige Datenabfragen durch und nahm seinen Freund auf Streifenfahrten mit.
- Die Staatsanwaltschaft Winterthur verhängte eine bedingte Geldstrafe von 15’000 Franken gegen den Polizisten.
- Der Verurteilte arbeitet nicht mehr für die Stadtpolizei Zürich.
Es muss eine enge Männerfreundschaft zwischen einem Zürcher Stadtpolizisten und einem DJ aus Winterthur gewesen sein. Am Ende gab es erhebliche strafrechtliche und auch finanzielle Konsequenzen für beide. Und der 42-jährige, erfahrene Beamte ist nicht mehr bei der Stadtpolizei beschäftigt.
Fast vier Jahre lang – von Februar 2019 bis November 2022 – hat der Polizist seinem Freund unrechtmässig geheime Polizeiinformationen zugänglich gemacht und ihn mindestens dreimal auf Streife mitgenommen, wie aus einem rechtskräftigen Strafbefehl hervorgeht.
Beamter hat Daten von weiblicher Bekanntschaft abgefragt
Begonnen haben die mehrfachen Verletzungen des Amtsgeheimnisses im Frühjahr 2019. Der DJ hatte offenbar eine damals 30-jährige Frau kennen gelernt und seinen Freund bei der Polizei darum gebeten, mehr über sie herauszufinden.
Der Beamte nahm seinen Kollegen auf die Polizeiwache mit und machte im Polizeisystem InfoCar eine illegale Abfrage. Dort sind Informationen zu Führerausweisen und eingelösten Fahrzeugen gespeichert. Dadurch erhielt der DJ unter anderem den vollständigen Namen der Frau, ihr Geburtsdatum und ihre private Adresse. Das Ergebnis der Abfrage liess er seinen Kollegen vom PC-Bildschirm mit dem Smartphone abfotografieren.
Einsatzzentrale bestätigt Anzeige gegen DJ wegen Drogenhandels in Zürich
Knapp einen Monat später nahm der Polizist seinen Freund am späten Nachmittag im Streifenwagen mit. Während dieser Fahrt suchte der Beamte per App auf seinem Diensthandy im Schweizer Fahndungssystem Ripol und im Zürcher Polizeiinformationssystem Polis nach Einträgen zu seinem Freund – darunter auch, ob und welche Verfahren gegen ihn laufen und liefen. Daraufhin zeigte er ihm erneut das Ergebnis. Dann tätigte er dieselbe Abfrage telefonisch.
Dazu rief er die Einsatzzentrale der Stadtpolizei an und stellte sein Smartphone auf Lautsprecher, damit der Freund im Streifenwagen mithören konnte. Die Einsatzzentrale teilte mit, dass gegen den Kollegen wegen Drogenhandels eine Anzeige verfasst worden sei, aber derzeit kein Verfahren laufe.
Bei seiner Einvernahme erklärte der Polizist, dass er seinem Freund habe zeigen wollen, wie eine solche Abfrage funktioniere. Der DJ habe aber auch danach gefragt.
Funk der Stadtpolizei mitgehört und Kontrolle mit Handy gefilmt
Im Sommer 2019 wandte sich der DJ erneut an seinen Kollegen bei der Polizei. «Inständig» soll er ihn gemäss Strafbefehl gebeten haben, eine Telefonnummer in den internen, nur der Polizei zugänglichen Informationssystemen abzuklären. Um welche Telefonnummer es sich dabei handelte, konnte nicht ermittelt werden. Wieder teilte der Polizist seinem Freund das Ergebnis der illegalen Abfrage mit.
Am letzten November-Wochenende 2019 dürfte der DJ im Zürcher Nachtleben unterwegs gewesen sein. Praktischerweise hatte sein Kollege bei der Polizei gerade Nachtdienst. Er nahm seinen Freund erneut auf Streife mit – insgesamt mindestens dreimal. Dabei lief der eingebaute Polizeifunk im Streifenwagen stets so laut, dass der DJ polizeiliche Vorfälle und polizeitaktische Informationen live mitverfolgen konnte.
Spätnachts gegen 2.45 Uhr filmte der unbefugte Mitfahrer aus dem Streifenwagen heraus eine echte Personen- und Fahrzeugkontrolle mit seinem Smartphone. Auf dem später sichergestellten Video ist auch der Polizeifunk zu hören.
Ob es nach diesen Vorfällen bis zur Auflösung der Anstellung Ende 2022 zu weiteren Verletzungen des Amtsgeheimnisses kam, geht aus dem Strafbefehl nicht hervor.
Stadtpolizei: Kein Disziplinarverfahren wegen Amtsgeheimnisverletzung
Die Medienstelle der Stadtpolizei Zürich teilt auf Anfrage mit, erst am Montag durch eine Anfrage eines Journalisten von den Vorwürfen gegen den Mitarbeiter erfahren zu haben. «Zu den in den Medien genannten Vorwürfen wurde daher auch kein Disziplinarverfahren eingeleitet», erklärt eine Sprecherin. Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes äussere sich die Stadtpolizei nicht zu «allfälligen personal- und disziplinarischen Massnahmen».
Der Beschuldigte «hatte zu keinem Zeitpunkt eine leitende Funktion bei der Stadtpolizei Zürich und arbeitet seit über zwei Jahren nicht mehr bei uns», schreibt die Sprecherin. Ob er entlassen wurde oder von sich aus ging, wird nicht beantwortet.
Staatsanwaltschaft Winterthur verhängt Geldstrafe von 15’000 Franken
Um jeden Anschein einer Befangenheit zu vermeiden, wurde das Strafverfahren gegen den Zürcher Stadtpolizisten von der Staatsanwaltschaft Winterthur geführt. Sie hat den Beschuldigten nun wegen mehrfacher Verletzung des Amtsgeheimnisses zu einer bedingten Geldstrafe von 150 Tagessätzen à 100 Franken verurteilt. Die Probezeit ist auf zwei Jahre angesetzt worden.
Bezahlen muss der Beschuldigte eine Busse von 1500 Franken sowie 1600 Franken Verfahrenskosten. Der Mann hat den Strafbefehl akzeptiert.
Auch der DJ wurde verurteilt. Wegen des Verdachts auf Anstiftung zu Amtsgeheimnisverletzung sowie der Amtsanmassung gab es einen Strafbefehl und eine Teileinstellung. Da die Entscheide noch nicht rechtskräftig sind, macht die Staatsanwaltschaft keine Angaben zu den ausgesprochenen Sanktionen.
Auf die Frage, welche Massnahmen ergriffen wurden, um sicherzustellen, dass sich ein ähnliches missbräuchliches Verhalten von Mitarbeitenden nicht wiederholt, antwortete die Stadtpolizei: «Unsere Mitarbeitenden werden, bevor sie überhaupt Zugang zu polizeilichen Daten haben, auf die genauen rechtlichen Vorgaben sensibilisiert und geschult.» Danach werde die Thematik mit regelmässigen Aus- und Weiterbildungen aufgefrischt.
Ob der nun vorbestrafte Ex-Mitarbeiter der Stadtpolizei und der DJ noch immer befreundet sind, ist nicht bekannt.
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