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150 Jahre Museum für Gestaltung
Von der Tiffany-Leuchte bis zur SBB-Uhr: Diese Dinge erzählen Designgeschichte

Innenansicht der Swiss Design Collection im Toni-Areal mit Vitrinen und Wand voller Plakate.
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In Kürze:
  • Das Museum für Gestaltung Zürich präsentiert neu 2500 Designobjekte im Toni-Areal.
  • Erstmals können Besuchende ohne Anmeldung durch das öffentliche Sammlungsdepot spazieren.
  • Die Sammlung umfasst Schweizer Designklassiker sowie internationale Exponate seit 1875.

Swiss-Plakate, Migros-Schriftzüge, Swatch-Uhren, Globus-Plastiktüten, Guetslipackungen, Tische, Stühle, Schuhe, Spielzeug, Lichtschalter, Radios – das Zürcher Museum für Gestaltung ist das Zuhause von Alltagsprodukten, kühnen Designobjekten und Erfindungen aus dem In- und Ausland.

Mit stolzen 150 Jahren gehört es zu den ältesten Ausstellungshäusern der Stadt. Heute verteilen sich die Räume auf das ehemalige Kunstgewerbeschulgebäude an der Ausstellungsstrasse unweit des Hauptbahnhofs und das Toni-Areal an der Pfingstweidstrasse.

Mit früheren Schauen übers Sammeln, übers Reparieren, den grafischen Auftritt der SBB oder das Taschenlabel Freitag war das Museum schon immer alltagsnah. Auch die grösste internationale Sammlung für Design in der Schweiz, die unter anderem im Untergeschoss des Toni-Areals zu Hause ist, gehört zur Institution. Teil dieser Kollektion ist eine der weltweit bedeutendsten Plakatsammlungen.

2500 von insgesamt 580’000 Objekten werden präsentiert

Die Sammlung hält alles bereit, was in Sachen Produkt- und Grafikdesign in den letzten Jahrhunderten – weit über die 150 Jahre hinaus – zusammengekommen ist. Nun wird ein Teil der 580’000 Objekte für das Jubiläum neu inszeniert: Ab diesem Freitag steht die neue Dauerausstellung «Swiss Design Collection» im Toni-Areal bereit. 2500 Dinge, teilweise in Gruppen geordnet oder in Schubladen versteckt, können dort entdeckt werden. Die alte Dauerausstellung, die bisher an der Ausstellungsstrasse untergebracht war, ist damit Geschichte.

Zwei Personen betrachten eine Sammlung von Stühlen in einem modernen Lagerraum mit Glaswänden.

Erstmals ist im Toni-Areal zudem ein Teil des Sammlungsdepots zugänglich. Das Schaudepot, wie es offiziell heisst, konnte man bisher nur auf Anfrage besuchen. Neu ist es möglich, durch meterhohe Regale zu spazieren, um staunend festzustellen, wie viele Korbstühle das vergangene Jahrhundert hervorgebracht hat.

Um zu verstehen, wie sich der Zeitgeist in den letzten Jahrzehnten verändert hat, stellen wir nationale und internationale Exponate aus den letzten fünfzehn Jahrzehnten – seit der Gründung des Museums im Jahr 1875 – vor. Die meisten Objekte sind in der neuen Dauerausstellung zu sehen.

187oer: Dekorationsstoff

Dekorationsstoff, Honeysuckle, 1876, William Morris

Dieses Textil, das ein Jahr nach der Gründung des Museums entstand, stammt vom britischen Gestalter, Theoretiker und Sozialist William Morris (1834–1896). Er gilt als einer der wichtigsten Vorreiter des modernen Kunsthandwerks, der seine Arbeit als Gegenentwurf zur damals aufkommenden industriellen Produktion verstand. Der floral dekorierte Stoff «Honeysuckle», benannt nach dem auf dem Stoff abgebildeten Gartengeissblatt, ist typisch für die Epoche.

1900: Tischleuchte

Jugendstil-Tischleuchte Lily Cluster Lamp von Louis Comfort Tiffany aus dem Jahr 1902 mit blütenförmigen Glaslampenschirmen.

Louis Comfort Tiffany (1848–1933) heisst der Schöpfer dieser Lampe – ein erfolgreicher New Yorker Jugendstilkünstler. Er war Sohn und Erbe des Juweliers Charles L. Tiffany, der sich ebenfalls grosser Bekanntheit erfreute. Die Lampe «Lily cluster lamp» aus der Sammlung des Museums für Gestaltung mit Jahrgang 1902 ist bereits elektrifiziert. Im Zentrum stehen patinierte, bronzene Blütenstängel einer Lilie, was damals von Luxus und gutem Geschmack zeugte.

1910er: Marionette

Marionette aus dem Stück ’König Hirsch: Wache’, 1918 von Sophie Taeuber-Arp, mit blauen und metallischen Elementen.

Die helvetische Gestaltung nimmt kurz nach der Jahrhundertwende Fahrt auf. 1913 wird in Zürich der Schweizerische Werkbund gegründet, eine gestalterische Vereinigung, die für wichtige Impulse sorgt. Im Auftrag des Werkbunds entstehen 1918 die radikal abstrahierten Marionetten der Schweizer Multi-Künstlerin Sophie Taeuber-Arp (1889–1943). Taeuber-Arp war auch eine Protagonistin des Dadaismus. Aus heutiger Perspektive wirkt der zeitlose Entwurf der damaligen Zeit voraus.

1930er: Sparschäler

Gemüseschäler
Rex, 1936,
Alfred Neweczerzal

Der Schritt vom Unikat zum Serienprodukt ist in in den 1930ern vollzogen. Möbel werden zu modernen Designklassikern, weil sie simpel und pragmatisch sind. Dieser Epoche ist auch das wohl bekannteste Küchenprodukt der Schweiz zuzuordnen. Mit der materialsparenden Konstruktion ist der Rex-Sparschäler der Inbegriff eines demokratischen Schweizer Industrieprodukts. Alfred Neweczerzal (1899–1959), Nachfahre tschechischer Immigranten, war der Rex-Erfinder. Er tüftelte einst in einem Wohnhaus in Zürich-Wiedikon und gründete die Firma Zena AG.

1940er: Bahnhofsuhr

SBB Bahnhofsuhr, entworfen 1944 von Hans Hilfiker, mit klaren schwarzen Zeigern und roten Sekundenzeiger auf weissem Zifferblatt.

Längst findet man die Bahnhofsuhr nicht nur an Bahnhöfen, sondern auch in Wohnungsküchen oder an Handgelenken: Der Zeitmesser mit der roten Kelle wird heute im grossen Stil vertrieben. Er ist bekannt für das kurze Verharren des Minutenzeigers, wenn er auf 12 steht. Entwickelt wurde die Uhr mit elektrischem Impuls vom SBB-Ingenieur Hans Hilfiker (1901–1993). Er begann die Uhr in den 1940er-Jahren zu entwickeln – einer Zeit, die wegen des Krieges sonst nicht als fruchtbarste Designepoche bekannt ist.

1950er: Logo

Logoentwurf
CWS, Josef Müller-Brockmann, um 1958

Das CWS-Logo sehen täglich Millionen Menschen, wenn sie auf der Toilette sind und auf den Handtuchspender blicken. Die Initialen beziehen sich auf den Schweizer Firmengründer der Hygieneartikelfirma, Conrad Wolfgang Schnyder. Das Logo von 1958 ist bis heute im Einsatz und stammt vom renommierten Grafiker Josef Müller-Brockmann (1914–1996). Die 1950er-Jahre und 1960er-Jahre sind eine sehr ergiebige Zeit fürs Schweizer Logo- und Grafikdesign, weil in der Nachkriegszeit viele neue Firmen gegründet wurden, die einen unverwechselbaren Auftritt brauchten.

197oer: Abendkleid

Buntes Kleid mit diagonalen Streifen in Orange, Blau, Grün und Gelb; asymmetrisches Design mit einer Schulter.

Wer dieses bunte Abendkleid aus Baumwollsatin entworfen hat, ist nicht bekannt. Das Einzelstück beweist aber, wie breit die Sammlung des Museums für Gestaltung ist: Der Entwurf aus dem Jahr 1977 in typischen Seventies-Farben stammt nicht von einem bekannten Fashionlabel, sondern von einer Absolventin der damaligen Kunstgewerbeschule. Mode ist ein wichtiger Teil der Sammlung, die auch Stücke internationaler Labels wie Yves Saint Laurent oder Balenciaga bereithält.

1980er: Kommode

Rote Robot-Kommode von Susi + Ueli Berger, 1981, mit geöffnetem oberen Fach und seitlichem Glaselement.

Das verschmitzte Design des international bekannten Berner Designerpaars Susi und Ueli Berger ist ein Beispiel für die verspielte Gestaltung der Achtzigerjahre, die auch die Plastikuhr Swatch hervorbrachte. Das rote Möbel mit aufklappbarem Spiegel wie bei einem Schminktisch entstand 1981 und erinnert an einen Roboter. Die Schubladenknöpfe in verschiedenen Formen haben Art-déco-Anleihen – typisch für die Postmoderne der 80er, die Vorhandenes neu kombinierte.

199oer: Krawatten

Sechs bunte Krawatten mit Froschmotiven von Cornelia Hesse-Honegger aus 1990, nebeneinander auf weissem Hintergrund angeordnet.

Grellbunte Muster, Seidensatin – die Zürcher Firma Fabric Frontline hat das Neunzigerfeeling auf den Punkt gebracht. Wie die Seidenmarke En Soie, ebenfalls aus Zürich, stand Fabric Frontline für eine jüngere Generation von damaligen Modeunternehmen, die ab den 198oern die Szene prägten und auch an die ehemals weltweite Bedeutung Zürichs als Seidenindustrie-Standort erinnerten. Die Frösche auf den Krawatten stammen von der (wissenschaftlichen) Zeichnerin Cornelia Hesse-Honegger.

2000er:

Beistelltisch, Melancholic diamond, 2007, Fréderic Dedelley

Nach der Jahrtausendwende etablieren sich in Zürich, Paris und London Designgalerien; Design und Kunst kommen sich wieder näher. Dieser Beistelltisch in kristalliner Form, der auch als eigenständiges Kunstobjekt funktioniert, stammt vom in Zürich tätigen Gestalter Frédéric Dedelley. Das Œuvre der Produktedesigner wird in den Nullerjahren breiter: von reinen Dienstleistern bis hin zu Autorendesignerinnen, die freien Projekten nachgehen.

2020er: Plastikflasche

Limitierte Edition der Geschirrspülmittelflasche ’Handy’ aus 100% Ocean-Bound Plastic, Migros, 2023, mit weissem Aufdruck und blauer Flasche.

Sie ist Kult, die orange Handy-Abwaschmittelflasche. Die Edition der Verpackung in Blau, die 2023 lanciert wurde, repräsentiert den Zeitgeist der Nachhaltigkeit: Sie besteht aus rezykliertem Kunststoffgranulat, das wiederum auf gesammeltem Plastikabfall basiert. Die Frage, woher Produkte stammen und welche Kreisläufe dahinterstecken, werden in der Gestaltung immer wichtiger. Ebenso Upcycling, das Verwenden gebrauchter Materialien: Alles ist ja schon tausendfach vorhanden.

Die Texte zu den Objekten basieren teilweise auf den Artikeln auf eguide.ch. Am 12. und 13. April feiert das Museum für Gestaltung den 150. Geburtstag. Der Eintritt ist frei, es gibt Führungen und ein Spezialprogramm. Infos: museum-gestaltung.ch