Diskriminierungsfall in ZürichFifa kündigt junger Mitarbeiterin nach der Geburt ihres ersten Kindes
Der Weltfussballverband streitet sich mit einer Ex-Angestellten. Ein in Zürich angesetzter Zivilprozess wird kurzfristig abgesagt. Es kam zu einem Vergleich.

- Die Fifa setzt sich für Frauenförderung ein, kündigt aber einer Angestellten, nachdem diese Mutter geworden ist.
- Die Frau reicht beim Arbeitsgericht Zürich eine Zivilklage gegen den Weltfussballverband ein.
- Das Gleichstellungsgesetz ermöglicht Entschädigungen von bis zu sechs Monatsgehältern.
- Im Kanton Zürich sind mehr als 500 mutmassliche Verstösse gegen das Gleichstellungsgesetz dokumentiert.
Geld scheint die Fifa genug zu haben. Mehr als 7 Milliarden Dollar hat der Weltfussballverband mit Sitz in Zürich allein im Vorfeld der letzten Weltmeisterschaft in Katar eingenommen. Bei der im Sommer anstehenden Club-WM schüttet die Fifa eine Milliarde Dollar aus. Ihre Reserven muss sie dafür nicht antasten, wie Präsident Gianni Infantino sagte.
Gleichzeitig engagiert sich der Weltfussballverband für Frauenförderung und gegen Diskriminierung. Mit einem eigenen Regelwerk setzte die Fifa vor wenigen Jahren weltweit durch, dass schwangere Fussballerinnen und Trainerinnen nicht benachteiligt werden dürfen. Zuvor hatte ein französischer Proficlub einer schwangeren Spielerin rund 83’000 Franken Lohn vorenthalten. Die Fifa sprach ein Machtwort, der Club musste das Geld nachzahlen.
Keine Benachteiligung aufgrund des Geschlechts
Bei den eigenen Mitarbeiterinnen scheint der Weltverband andere Massstäbe anzusetzen, wie Recherchen dieser Redaktion zeigen. Am vergangenen Mittwoch war vor dem Zürcher Arbeitsgericht in Oerlikon ein Zivilprozess zwischen einer Frau und der Fifa wegen einer offenen Forderung nach dem Gleichstellungsgesetz angesetzt.
Darin ist ein grundsätzliches Diskriminierungsverbot geregelt. Laut diesem dürfen Arbeitnehmende aufgrund ihres Geschlechts weder direkt noch indirekt benachteiligt werden, sei es wegen ihrer familiären Situation oder aufgrund einer Schwangerschaft.
Klägerin und Anwälte wollen sich nicht äussern
Auf Anfrage bestätigt das Arbeitsgericht lediglich, dass der geplante Zivilprozess eine «diskriminierende Kündigung nach dem Gleichstellungsgesetz» behandelt. Unterlagen werden keine zur Verfügung gestellt.
Die frühere Fifa-Mitarbeiterin wollte auf Anfrage keine Stellungnahme abgeben. Ihre Anwälte teilten mit, dass sie sich nicht zur Sache äussern könnten.
Betroffene: «Kämpfe zurück»
Gesicherte Quellen berichten jedoch, dass der Frau nach der Geburt ihres ersten Kindes gekündigt wurde. Sie war zuvor rund sieben Jahre am Fifa-Hauptsitz in Zürich beschäftigt.

Die junge Mutter soll sich ungerecht behandelt gefühlt haben und klagte die Fifa beim Arbeitsgericht Zürich wegen der aus ihrer Sicht diskriminierenden Kündigung ein. In einem sozialen Netzwerk postete sie: «Leute setzen dich herab und halten dich unten. Kämpfe zurück.»
Doch zwei Tage vor dem angesetzten Zivilprozess wird dieser abgesagt. Auf Nachfrage teilt das Arbeitsgericht mit: «Die Parteien haben einen aussergerichtlichen Vergleich geschlossen.»
Die Anwälte der entlassenen Mitarbeiterin schreiben auf erneute Anfrage: Man habe sich auf «einen fairen, rechtskonformen und beiderseits akzeptierten Vergleich geeinigt». Weitere Auskünfte werden nicht erteilt.
Fifa: «Respektieren rechtliche Grundlagen bei Mutterschaft»
Fest steht, dass es mit dem Vergleich eine finanzielle Abgeltung für die entlassene Mitarbeiterin gegeben hat. Das bestätigen mit dem Fall vertraute Quellen. Wie hoch die Zahlung gewesen sein könnte, darüber gibt das Gleichstellungsgesetz Aufschluss.
Demnach haben Arbeitnehmende im Fall einer nachweislichen Diskriminierung Anspruch auf maximal sechs Monatsgehälter. Der durchschnittliche Jahreslohn bei der Fifa betrug gemäss dem Finanzreport aus dem Jahr 2020 rund 135’000 Franken.
Der Weltfussballverband teilt auf Anfrage mit, dass er sich als Arbeitgeber aus Vertraulichkeitsgründen nicht zu konkreten Einzelheiten von Mitarbeitenden äussern dürfe. «Unabhängig davon bestätigen wir gerne, dass die Fifa die rechtlichen Grundlagen bei Schwangerschaft und Mutterschaft jederzeit vollumfänglich anerkennt und respektiert», erklärt ein Sprecher. Weitere Fragen werden nicht beantwortet.
1200 Vorfälle nach dem Gleichstellungsgesetz
Verstösse gegen das Gleichstellungsgesetz kommen immer wieder vor. Das zeigt ein Projekt der Fachstellen für Gleichstellung in der Deutschschweiz: In einer öffentlich zugänglichen Datenbank sammelt sie seit einigen Jahren Fälle, in denen gegen das Gleichstellungsgesetz verstossen wurde. Verzeichnet sind dort 1200 Entscheide. Mehr als 500 Vorfälle davon ereigneten sich im Kanton Zürich.
Darunter ist auch der Fall einer weiblichen Führungskraft aus dem Jahr 2023 aus dem Kanton Zürich. Ihr wurde noch vor Ablauf ihres zweiten Mutterschaftsurlaubs mitgeteilt, dass ihre bisherige Stelle aufgrund einer Reorganisation eingespart werde. Daraufhin wurde ihr eine neu geschaffene Leitungsposition zusammen mit einem männlichen Kollegen angeboten.
Doch nach zwei Monaten erhielt sie die Kündigung. Die Begründung lautete: Der Arbeitgeber habe festgestellt, dass für die neue Führungsfunktion nur eine Person nötig sei. Man habe sich für den Mann entschieden. Am Ende einigten sich die Parteien auf eine Entschädigung von 20’000 Franken netto.
Ein Happy End gibt es für die entlassene Fifa-Mitarbeiterin: Sie hat inzwischen einen neuen Leitungsjob in der Sportbranche angetreten.
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