Grosse Pläne des PräsidentenJetzt könnte Infantino gar bis 2031 bleiben
11 Milliarden US-Dollar Umsatz und immer mehr Turniere: Die Fifa präsentierte am Freitag ihre Zukunftsvisionen – und ermöglicht ihrem Chef eine Verlängerung.

Nach seiner Rede vor dieser WM konnte die Frage an diesem Freitag eigentlich nur lauten: Wie fühlt sich Gianni Infantino heute? Vielleicht mal als Südamerikaner? Als Buddhist oder Flüchtling?
Der Fifa-Präsident nahm am Freitagmittag erneut Platz vor Journalisten. Und es scheint, dass er aus seinem durchaus denkwürdigen Auftritt gelernt hat, denn auf ähnliche Gefühlsduseleien verzichtete Infantino. Es war auch keine Zeit dafür, er kam eine Stunde zu spät.
Zu verkünden hatte er stattdessen ganz viele andere Nachrichten, gute für ihn, allen anderen liegt die Interpretation offen. Zum Beispiel diese: Obwohl schon seit 2016 Fifa-Präsident, befindet sich der Oberwalliser nach wie vor in seiner ersten Amtszeit, das habe eine Besprechung mit dem Fifa-Council ergeben.
Infantino wurde Präsident, nachdem Sepp Blatter 2015 zurückgetreten war. 2019 wurde der heute 52-Jährige in Paris als Chef bestätigt. Gemäss Statuten der Fifa darf er dieses Amt während drei vierjähriger Perioden besetzen, die Jahre 2016 bis 2019 zählen aber nicht dazu, da er sie von Vorgänger Blatter übernommen hat.
«Fifa World Series» und Club-WM
Im für ihn besten Fall bleibt Infantino also bis 2031 Fifa-Präsident. Dass ihm Verbände wie Deutschland und Dänemark ihre Stimme nicht geben werden, wird ihn kaum daran hindern. Die erste Wiederwahl im nächsten Jahr in der ruandischen Hauptstadt Kigali ist Infantino gewiss, weil es keine Gegenkandidaten gibt. Bleiben diese 2027 ebenfalls aus, ist ihm auch die dritte Amtszeit sicher.
Das sind sehr viele Jahre für ihn, um noch viel mehr anzustellen. Dass die WM 2026 in Mexiko, Kanada und den USA mit 48 statt 32 Teams stattfinden wird, ist schon länger beschlossene Sache – noch unklar ist der Modus. Neu sollen zudem die Länderspielpausen im März jeweils für Turniere mit dem schwungvollen Namen «Fifa World Series» genutzt werden, Mini-Turniere mit jeweils vier Nationen von verschiedenen Kontinenten, stattfindend alle zwei Jahre.
Und noch etwas hielt Infantino an der Medienkonferenz bereit. Ab 2025 findet eine neue Form der Club-WM statt, alle vier Jahre, 32 Teilnehmer gross. Wer mitmachen soll? «Die besten Teams der Welt.» Noch ist nicht klar, wer das sein soll und vor allem, wo und wann das Turnier stattfinden wird. Bis anhin bestand die Club-WM aus den fünf Siegern der Kontinentalturniere sowie dem Meister des Gastgeberlandes. 2023 findet sie in Marokko statt.
Auf seinem Weg zum Dauerpräsidenten ist Infantino die Unterstützung fast aller Verbände gewiss. «Ich bin stolz auf den Support von über 200 Ländern», sagte er. Für viele kleine Nationen sind seine Pläne verlockend (es lockt eine WM-Teilnahme), genauso wie die Summen, die er an der Pressekonferenz nennt. Für die laufende Vierjahresperiode bis Ende Jahr rechnet die Fifa mit Einnahmen von 7,5 Milliarden US-Dollar, das ist eine Milliarde mehr als erwartet. Bis Ende 2026 sollen es 11 Milliarden sein, wovon 10 Milliarden «zurück in den Fussball fliessen», wie Infantino sagte. «Wir teilen unseren Wohlstand.»
Und in Katar? Alles super!
Bei all diesen grossen Vorhaben blieb am Freitag kaum mehr Zeit, um über die WM in Katar zu sprechen, die noch nicht ganz zu Ende ist. Zuerst war auch hier die Reihe an Infantino, der erzählte, wie toll alles war, die Spiele, die Fairness, die Zuschauer. Er sprach von einem «unglaublichen Erfolg an allen Fronten» und brüstete sich damit, dass mit Marokko erstmals ein afrikanisches Team im Halbfinal gestanden und mit der Französin Stéphanie Frappart erstmals eine Frau ein WM-Spiel der Männer geleitet hatte.
Wenige Journalisten durften dann noch ihre Fragen stellen, ein Schwede erkundigte sich nach der «One Love»-Captainbinde, eine Niederländerin wollte wissen, wie es sein kann, dass die Fifa von drei gestorbenen Gastarbeitern spricht, der WM-Organisationschef aber von bis zu 500. Infantino umschiffte die Fragen. Zu «One Love» sagte er: «Es geht nicht darum, etwas zu verbieten, sondern darum, dass man die Regeln einhält.» Und zu den Gastarbeitern: «Alles, was wir machen konnten, um die Gesundheit der Arbeiter zu schützen, haben wir getan. Und alles, was wir noch tun können, werden wir tun.»
Am Ende aber sind das Randnotizen bei Infantino. Die Show geht weiter, immer schriller, immer grösser, das zeigt diese Pressekonferenz – alles für den Fussball. Oder für Infantino selbst.
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