Stadt Zürich will 63 Bäume fällenDarum hält die Stadt am Neumühlequai-Kahlschlag fest
12’000 Menschen wehren sich gegen die Fällung von 63 alten Rosskastanien, doch die Behörden sagen: Es gibt keine Alternative.
Noch säumen über 67 Rosskastanien den Strassenrand am Neumühlequai zwischen Central und dem Hotel Marriot. Doch die Stadt will die grossen, zwischen 95 und 115 Jahre alten Bäume fällen lassen; sie müssen einer temporären Fahrspur weichen.
Das Neumühlequai wird in einigen Jahren zur Grossbaustelle. Die Abwasserleitungen werden ersetzt. Dabei müssen die Behörden sicherstellen, dass die Rettungsfahrzeuge der Sanitätswache Neumühlequai rasch an ihren Einsatzort ausrücken können und ungehindert davonfahren können. Mit der Allee wäre dies nicht machbar, argumentiert die Stadt.
Die Nachricht des Kahlschlags am Neumühlequai bewegte. Im September reichten Baumfreundinnen und Klimaschützer eine Petition mit über 12’000 Unterschriften ein, um die Stadt zum Umdenken zu bewegen. «Die Baumfällungen sind unvereinbar mit den städtischen Zielen zur Hitzeminderung», schreiben sie. Sie sind überzeugt, dass es alternative Planungsvarianten gäbe, um die Fällung der «Bäume mit grossem Umweltnutzen» zu verhindern. Auch im Gemeinderat haben SP und Grüne kritische Fragen zur Fällaktion eingereicht.
Zwar liegt die Antwort auf die Petition noch nicht vor, dafür hat der Stadtrat nun die Antworten auf die Fragen im Gemeinderat publiziert. Das Tiefbauamt dürfte an seinem Plan festhalten.
Aus Platzgründen gebe es keine Alternativen. Und: Den Bäumen gehe es ohnehin nicht gut.
Bäume sind in schlechtem Zustand
«Messdaten des Kronenvolumens 2014, 2018 und 2022 zeigen einen deutlichen Rückgang, der nur durch die zunehmende Alterung des Bestands erklärt werden kann», schreibt der Stadtrat in seiner Antwort. Zwischen 2018 und 2022 hätten bereits 14 alte Bäume aus Sicherheitsgründen gefällt werden müssen. Neue Gutachten zeigten, dass auch in den kommenden Jahren bis zum Baubeginn – frühstens 2028 – etwa nochmals gleich viele Bäume entfernt werden müssten.
Der Stadtrat sei sich der «anspruchsvollen Situation» am Neumühlequai bewusst, schreibt er. Langfristig soll sich die Baumsituation verbessern. Grün Stadt Zürich will hitzeresistentere und klimatisch angepasste Baumarten pflanzen, beispielsweise die Kastanienblättrige Eiche. Diese neuen Bäume erhalten zudem bessere Wuchsbedingungen, weil der Wurzelraum von heute 7 m³ auf 35 m³ vergrössert werden soll.
Keine Ausnahmen, wo es mehr Platz hat
In 40 bis 50 Jahren sollen die neu gepflanzten Bäume gemäss Schätzungen der Stadt eine ähnliche Höhe und Kronenfläche erreichen wie die Rosskastanien heute. Und: «Da im Neumühlequai mehr Bäume gepflanzt werden sollen als im heutigen Bestand, die zudem deutlich bessere Wuchsbedingungen haben, ist eine vergleichbare Gesamtkronenfläche bereits in 20 bis 30 Jahren erreichbar.»
Die besseren Wachstumsbedingungen sind auch das Hauptargument der Stadt, wieso sie die Bäume zwischen Walchebrücke und Central ebenfalls fällen lässt. Dort wäre eigentlich genügend Platz vorhanden, um neben der Baustelle eine Fahrspur für den Verkehr und die Rettungsfahrzeuge zu legen. Doch im Hinblick «auf die bestmögliche Umsetzung des Gesamtkonzepts» hält der Stadtrat auch dort daran fest, die alten Rosskastanien zu fällen.
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