Anstieg von häuslicher Gewalt Zürcher Schutzhäuser sind übervoll
Wegen Übergriffen im häuslichen Umfeld sind die sechs Einrichtungen für Frauen, Mädchen und Jugendliche ausgelastet. Experten fordern mehr Sensibilisierungsarbeit.
Die Zunahme häuslicher Gewalt im vergangenen Jahr zeigt sich auch in den Schutzeinrichtungen. Laut der Kriminalstatistik hat die Polizei 2022 rund 7200 Fälle registriert. 20-mal pro Tag seien die Polizistinnen und Polizisten im vergangenen Jahr ausgerückt. Jedes sechste Mal seien Schutzmassnahmen ausgesprochen worden. Deshalb sind die sechs Schutzeinrichtungen für Frauen, Mädchen und Jugendliche im Kanton übervoll, wie das Onlineportal «Züritoday» schreibt.
Die beiden Frauenhäuser Violetta in Zürich und das Frauenhaus Winterthur verfügen derzeit kaum über freie Plätze. Ähnlich tönt es vom Frauenhaus samt Beratungsstelle im Zürcher Oberland. In den vergangenen Monaten sei es immer wieder vorgekommen, dass Frauen wegen mangelnder Kapazität ausserkantonal hätten platziert werden müssen, sagt Sarah Wasescha, stellvertretende Geschäftsleiterin des Frauenhauses Winterthur.
Auch das Schlupfhuus, die Schutzeinrichtung für Jugendliche in Zürich, ist seit mehreren Jahren ausgelastet, doch die Nachfrage war bedeutend grösser. Leiter Lucas Maissen verdeutlicht das in Zahlen: «In den vergangenen zwei Jahren mussten wir zwischen 110 und 170 Jugendlichen eine Absage erteilen, weil wir keinen freien Platz anbieten konnten.»
Wunsch nach Kampagnen und Bildungsarbeit
Für die Verantwortlichen der Schutzeinrichtungen ist die Situation nicht befriedigend. Susan A. Peter vom Frauenhaus Zürich wünscht sich etwa eine gesamtschweizerische Strategie gegen Gewalt an Frauen und häusliche Gewalt. Dazu sollen Ziele formuliert und Ressourcen bereitgestellt werden. Konkret könnten dies Sensibilisierungskampagnen für potenziell oder von akuter Gewalt betroffene Personen sein und Bildungsarbeit ab der Mittelstufe. Peter ist überzeugt: «In jeder Klasse sitzen Kinder, die von häuslicher Gewalt betroffen sind.»
Gleichzeitig ist aus Sicht von Susan A. Peter auch die Gesellschaft gefordert. Es werde viel zu oft weggeschaut. Es fehle auch das Wissen, über häusliche Gewalt zu sprechen. Das sei nicht gut, weder für die Betroffenen noch für die ganze Gesellschaft.
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