Hilfe für Schülerinnen und SchülerZürcher Gymis sollen Sozialarbeiter erhalten
Um Jugendliche in Krisensituationen zu unterstützen, soll jede Zürcher Mittelschule eine Fachperson in Schulsozialarbeit erhalten. Das letzte Wort könnte aber das Volk haben.
- Teenager leiden zunehmend unter Depressionen und Angststörungen, was Schulabbrüche verursacht.
- Ein Ausbau der Schulsozialarbeit soll Jugendlichen helfen.
- Die SVP kritisiert diesen Ausbau als überflüssige Ausweitung der «Sozialindustrie».
- Die Linke sieht in der Prävention von Mobbing und Gewalt positive Folgen.
Den Jugendlichen in Berufs- und Mittelschulen geht es schlecht. Immer häufiger leiden sie unter Depressionen und Angststörungen, bleiben der Schule fern. Viele haben auch ein problematisches Suchtverhalten. Das hat 2019 eine Umfrage des Mittelschul- und Berufsbildungsamtes ergeben – und in der Corona-Zeit sind die Probleme der Jugendlichen sicher nicht kleiner geworden.
Während es in der Volksschule bereits Schulsozialarbeit gibt, ist sie in den Berufsschulen nur rudimentär ausgebaut, und in den Gymis fehlt sie ganz.
Die Jugendlichen, aber auch deren Lehrpersonen und die Rektorate müssen sich in Krisensituationen also mehr oder weniger selber zurechtfinden. Der Regierungsrat befürchtet deshalb, dass sich die Schul- und Lehrabbrüche häufen, und beantragt dem Kantonsrat, mehr Schulsozialarbeit in den Gymnasien und den Berufsfachschulen zu bewilligen.
SVP spricht von «Sozialindustrie»
Für ein mittelgrosses Gymnasium mit 800 Schülerinnen und Schülern ist eine Stelle vorgesehen; ist die Schule grösser, sind es entsprechend mehr Stellenprozente. Für die 21 kantonalen Mittelschulen ergibt das 23 Stellen und Mehrkosten von knapp 3,9 Millionen Franken. In den kantonalen Berufsfachschulen soll der Etat für die Schulsozialarbeit um knapp 2 Millionen Franken aufgestockt werden.
Am meisten Widerstand kam an der Kantonsratsdebatte vom Montag von der SVP. Rochus Burtscher (Dietikon) sprach vom «Ausbau der Sozialindustrie». Bei den Löhnen, die in Mittelschulen bezahlt würden, liege es in der Verantwortung der Schulleitungen, die erwähnten Probleme anzugehen. Schulsozialarbeit sei nur in akuten Einzelfällen nötig.
Burtscher zweifelte den Wert der Schulsozialarbeit auch generell an. In der Volksschule werde sie zwar gelobt, trotzdem gebe es immer mehr Probleme, und in den Gymis und den Berufsschulen seien wieder die gleichen Jugendlichen auffällig wie in der Volksschule. «Schulsozialarbeit produziert pathologisches Verhalten», sagte Burtscher.
Marc Bourgeois (FDP, Zürich) stellte die Schulsozialarbeit nicht infrage, nur deren «ausufernden» Aufgabenkatalog. So sei es Aufgabe der Schulleitungen und nicht der Sozialarbeitenden, die Schulkultur zu fördern und Netzwerke aufzubauen. «Wir investieren in Maximallösungen bei der Sozialarbeit und haben dafür kein Geld, um neue Schulhäuser zu bauen», sagte Bourgeois.
Weniger Folgekosten erwartet
Die Linke lobte vor allem die vorausschauende Schulsozialarbeit, die eine faire Sprache fördere und körperliche Übergriffe verhindern helfe: «So wird Mobbing und Gewalt vorgebeugt», sagte Livia Knüsel (Grüne, Schlieren). Die GLP hoffte, die Folgekosten von schulischen Krisen zu verringern.
Erfolglos blieb der Versuch von SP und Grünen, die Schulsozialarbeit auf die Kantonale Mittelschule für Erwachsene und auf die Berufsmaturitätsschule 2 auszudehnen, in der Jugendliche nach der Lehre die Berufsmaturität nachholen können.
Auf der anderen Seite unterlag die FDP mit mehreren Kürzungsanträgen. Die Schlussabstimmung zum Gesetz wird in einigen Wochen stattfinden. Es zeichnet sich eine Mehrheit für den Regierungsrat ab. Die SVP denkt deshalb bereits über ein Referendum nach.
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