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Zeugnisse einer geheimen Liebe

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Zwei verliebte junge Menschen, kaum zwanzig, gehen zum Fotografen und halten ein Schild in die Kamera, auf dem steht: «Not married, but willing to» («Nicht verheiratet, aber dazu bereit»). An sich kein ungewöhnliches Sujet für die 1870er-Jahre, wären darauf nicht zwei Männer abgebildet.

Es ist eines der Lieblingsbilder von Hugh Nini und Neal Treadwell. «Loving» heisst der Sammelband des New Yorker Ehepaars, in dem es rund 350 Fotografien liebender Männer von zwischen 1850 und 1950 versammelt hat. Auf ihren Reisen nach Europa, Kanada und quer durch die USA durchforsteten sie auf Flohmärkten und in Antiquitätenläden Schachteln voller alter Aufnahmen, stöberten in Familienarchiven und fragten bei Händlern an.

Zusammengetragen haben sie in den letzten 20 Jahren Fotos von über 2800 Männerpaaren aus ganz unterschiedlichen sozialen Schichten, vor allem aus den USA, aber aus auch Deutschland, Estland, Russland und sogar aus Thailand und Japan. Die Aufnahmen zeigen tanzende Cowboys, küssende Weltkriegssoldaten und Geschäftsleute mit Krawatte genauso wie Fabrikarbeiter, Matrosen und einfache Bauern. «Diese Fotos hatten zwischen 70 und 170 Jahre überlebt, und jetzt waren wir in einer Welt, die sie gerade erst entdeckte, zu den Hütern dieser Überlebenden geworden», erinnern sich die beiden.

Die Abgebildeten allein mögen für die Weltgeschichte keine grosse Bedeutung haben, doch gemeinsam stehen sie für mehr: für den Mut, Zeugnisse ihrer oft geheimen Liebe zu hinterlassen. Zwar waren etwa im New York der 1960er-Jahre Homosexuelle im Stadtbild äusserst präsent, doch auch fünfzig Jahre nach den Stonewall-Protesten stehen sie heute in vielen Staaten immer noch vor grossen Problemen. «Loving» ist somit nicht nur ein Zeitzeugnis, sondern eine mitten ins Herz zielende Selbstermächtigung.

Für die Auswahl, ob ein Bild in den Fundus aufgenommen wurde, gab es für Hugh und Neal ein Hauptkriterium: den Ausdruck in den Augen der Männer. Dieser Blick, der Gefühle verrät, die man unmöglich verbergen kann.