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Das Dilemma der Demokraten
Zerrt Biden Trump vor Gericht?

«Freigesprochen»: Donald Trump hält eine Ausgabe der «USA Today» in den Händen, nachdem ihn der US-Senat im Amtsenthebungsverfahren vom Vorwurf des Machtmissbrauchs und der Behinderung von Ermittlungen des Kongresses freigesprochen hatte. (6. Februar 2020)
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Washington im Herbst 2020 erinnert an Manila im Winter 1986, als sich der philippinische Autokrat Ferndinand Marcos mit Hilfe von Wahlbetrug eine weitere Amtszeit sichern wollte. Nun will Donald Trump es Marcos gleichtun, die amerikanischen Institutionen aber halten.

Trumps zusehends bizarren Bemühungen, eine Niederlage bei der Präsidentschaftswahl mit Hilfe republikanischer Komplizen in mehreren Staatsparlamenten in einen Sieg umzumünzen, wird kein Erfolg beschieden sein. Aber sie belegen seine Bereitschaft zu einer Politik der verbrannten Erde und rücken Trump in die Nähe autokratisch Regierender wie Marcos oder die diversen Caudillos zentralamerikanischer Bananenrepubliken.

Überdies wirft das Verhalten des Präsidenten die Frage auf, ob er nach seinem Ausscheiden aus dem Amt im Januar 2021 strafrechtlich verfolgt werden soll. Ermittelt werden könnte gegen ihn beispielsweise wegen der Trennung von Migrantenkindern von ihren Eltern. Oder wegen Verstössen gegen die Gesetze zur Wahlkampffinanzierung, wegen potenzieller Steuervergehen und möglichen Interessenkonflikten mitsamt Bereicherung im Amt. Trumps Weigerung, das Ergebnis der Präsidentschaftswahl anzuerkennen, könnte gleichfalls Auslöser einer Untersuchung werden.

Bei der fünften Debatte der demokratischen Präsidentschaftsbewerber 2019 in Atlanta danach befragte, wich Kandidat Joe Biden aus: Er würde diese Entscheidung seinem Justizminister überlassen, sagte er. Eine Anweisung seinerseits zu einer strafrechtlichen Verfolgung Trumps werde es nicht geben, aber «wenn herauskommt, dass Trump Gesetze verletzt hat und deshalb angeklagt wird, dann ist das eben so», sagte Biden in Atlanta.

Verfolgung könnte kaum kalkulierbare Reaktion auslösen

Jetzt berichtete der TV-Sender NBC News unter Berufung auf mehrere Quellen aus dem Umfeld des designierten Präsidenten, dass eine juristische Aufarbeitung von Trumps Präsidentschaft tatsächlich nicht angestrebt werde. Nur so könnten eine noch tiefere Spaltung von Staat und Gesellschaft verhindert und die Wunde der vergangenen vier Jahre geheilt werden. Eine gezielte strafrechtliche Verfolgung Trumps würde eine kaum kalkulierbare Reaktion bei seinen Anhängern auslösen und Bidens Ziel, die Nation zu einen, in weite Ferne rücken.

9. August 1974: Um einer Amtsenthebung wegen der «Watergate»-Affäre zu entgehen, trat der Republikaner Richard Nixon als erster US-Präsident von seinem Amt zurück.

Besonders der linke Flügel der Demokratischen Partei aber will Trump nicht ungeschoren davonkommen lassen. Progressive Demokraten argumentieren unter anderem, die Begnadigung Richard Nixons durch dessen Nachfolger Gerald Ford 1975 habe eine Aufarbeitung der Vergehen Nixons erheblich erschwert. Auf der amerikanischen Rechten sei ein politisches Märchen entstanden, wonach Nixon von seinen Feinden wegen politischer Unterschiede «kriminalisiert» worden sei.

Ein Fall für eine unabhängige Kommission

Einen Ausweg aus dem Dilemma der Demokraten böte die Einsetzung einer unabhängigen Kommission von Historikern und Kongressmitgliedern beider Parteien, um bestimmte Bereiche der Trump-Präsidentschaft aufzuarbeiten. Vorbild dafür könnte entweder die Kommission zur Beleuchtung der Hintergründe von 9/11 sein oder besser noch der nach Senator Frank Church benannte Sonderausschuss des Senats, der 1975 klandestine Vergehen von CIA und FBI mitsamt der Verwicklung der Nixon-Administration untersuchte.

Eine derartige Kommission könnte überdies Empfehlungen für eine Reform der amerikanischen Präsidentschaft sowie des Wahlrechts ausarbeiten. Die bereits laufenden Ermittlungen des Staats und der Stadt New York gegen Donald Trump wären davon nicht betroffen.