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Israelischer Angriff auf Hilfskonvoi
Entsetzen und Empörung nach Tötung von mehreren westlichen Helfern in Gaza

Das israelische Militär hat einen Luftangriff auf Fahrzeuge der Hilfsorganisation World Central Kitchen ausgeführt, dabei wurden mehrere westliche Mitarbeitende getötet. Die Helfer wollten Lebensmittel verteilen.
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Was ist passiert?

Im Gazastreifen sind in der Nähe der Stadt Deir al-Balah bei einem vom israelischen Militär ausgeführten Luftangriff sieben Mitarbeiter der Hilfsorganisation World Central Kitchen getötet worden, wie die betroffene NGO mitteilt. Auf Filmaufnahmen aus dem Al-Aqsa-Märtyrer-Krankenhaus in Deir al-Balah sind mehrere Leichen zu sehen. Einige von ihnen tragen Schutzkleidung mit dem World-Central-Kitchen-Logo.

Die getöteten Personen waren in zwei gepanzerten Fahrzeugen mit dem Logo der Wohltätigkeitsorganisation unterwegs

Die getöteten Personen waren in zwei gepanzerten Fahrzeugen mit dem Logo der Wohltätigkeitsorganisation unterwegs. Sie seien getroffen worden, nachdem sie geholfen hätten, Hilfsgüter auszuliefern, die Stunden zuvor mit einem Schiff aus Zypern eingetroffen waren, erklärte Mahmoud Thabet, ein Sanitäter des Palästinensischen Roten Halbmonds, gegenüber der Nachrichtenagentur AP.

Wer sind die Opfer?

Gemäss der Hilfsorganisation handelt es sich bei den Opfern um Staatsangehörige Australiens, Polens, Grossbritanniens, einen Doppelbürger der USA und Kanadas sowie Palästinas. Der Gründer von World Central Kitchen, José Andrés, bestätigte die Todesfälle auf der Social-Media-Plattform X:

A man displays blood-stained British, Polish, and Australian passports after an Israeli airstrike, in Deir al-Balah, Gaza Strip, Monday, April 1, 2024. Gaza medical officials say an apparent Israeli airstrike killed four international aid workers with the World Central Kitchen charity and their Palestinian driver after they helped deliver food and other supplies to northern Gaza that had arrived hours early by ship. (AP Photo/Abdel Kareem Hana)

«Ich bin untröstlich und trauere mit ihren Familien und Freunden und unserer gesamte WCK-Familie. Die israelische Regierung muss dieses wahllose Töten stoppen. Sie muss aufhören, die humanitäre Hilfe einzuschränken, Zivilisten und Mitarbeiter von Hilfsorganisationen zu töten und Lebensmittel als Waffe einzusetzen.»

Die israelischen Streitkräfte erklärten, sie würden «eine gründliche Untersuchung auf höchster Ebene durchführen, um die Umstände dieses tragischen Vorfalls zu verstehen».

Die australische Regierung hat in der Nacht auf Dienstag bestätigt, dass eine Australierin unter den Todesopfern ist.

Welches ist der Hintergrund des Vorfalls?

Schiffe hatten am Montag rund 400 Tonnen Lebensmittel und andere Hilfsgüter im Rahmen einer von den Vereinigten Arabischen Emiraten und der von Starkoch José Andrés gegründeten Wohltätigkeitsorganisation World Central Kitchen organisierten Lieferung in den Gazastreifen gebracht. Israel hat der UNRWA, der wichtigsten UN-Organisation im Gazastreifen, Lieferungen in den Norden untersagt.

epaselect epa11255003 The body of a woman from the NGO World Central Kitchen (WCK) who was killed in a missile strike on a convoy, lies at Al Aqsa Hospital in Deir al Balah, Gaza Strip, late 01 April 2024. According to the Government Media Office in Gaza, at least four people from WCK were killed when a missile hit their convoy in Deir al Balah while they were on their way from Rafah to Gaza City to receive fresh aid delivered by the Open Arms vessel. The victims were confirmed to be a British, a Polish and an Australian citizen, while the nationality of the fourth victim was still unknown.  EPA/MOHAMMED SABER

Nach eigenen Angaben hat die Organisation bisher mehr als 42 Millionen Mahlzeiten im Gazastreifen ausgegeben.

Was sagt Israel?

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hat die Verantwortung des Militärs für den tödlichen Angriff eingeräumt. Er sprach am Dienstag in einer Videobotschaft von einem «tragischen Fall eines unabsichtlichen Treffers unserer Streitkräfte gegen Unschuldige im Gazastreifen». Man prüfe den Vorfall und werde alles tun, damit er sich nicht wiederhole.

A woman holds a sign reading "destruction" in Hebrew with a drawing depicting Prime Minister Benjamin Netanyahu, as Israeli anti-government protesters attend a four-day sit-in near the parliament in Jerusalem on April 2, 2024, calling for the dissolution of the government and the return of Israelis held hostage in Gaza since the October 7 attacks by Palestinian Hamas militants. (Photo by AHMAD GHARABLI / AFP)

Auch das Militär hat nach der tödlichen Attacke «aufrichtiges Bedauern» bekundet und eine unabhängige Untersuchung angekündigt. Militärsprecher Daniel Hagari sagte am Dienstag, der Vorfall werde auf höchster Ebene untersucht. Die unabhängige Untersuchung werde dabei helfen, «das Risiko zu reduzieren, dass sich ein solcher Vorfall wiederholt».

Wie reagiert die internationale Gemeinschaft?

Unter anderem Ägypten verurteilte den Angriff scharf. Das ägyptische Aussenministerium sprach in seiner Erklärung vom Dienstag von anhaltenden Angriffen Israels auf Organisationen, die im humanitären Bereich tätig seien. Ägypten fordere eine dringende und ernsthafte Untersuchung, um die Verantwortlichen «für diese systematischen und vorsätzlichen Verletzungen der palästinensischen Menschenrechte zur Rechenschaft zu ziehen».

Der Nothilfekoordinator der Vereinten Nationen, Martin Griffiths, hob den Mut der sieben getöteten humanitären Helfer in Gaza hervor. «Sie waren Helden. Sie wurden getötet, während sie versucht haben, hungernde Menschen zu ernähren», schrieb er auf X.

EDITORS NOTE: Graphic content / United Nations staff members inspect the carcass of a car used by US-based aid group World Central Kitchen, that was hit by an Israeli strike the previous day in Deir al-Balah in the central Gaza Strip on April 2, 2024, amid the ongoing battles between Israel and the Palestinian militant group Hamas. The international food aid charity said on April 2 it was pausing its Gaza aid operations after seven of its staff were killed in a "targeted Israeli strike" as they unloaded desperately needed food aid delivered by sea from Cyprus. (Photo by AFP)

Die britische Regierung forderte nach dem tödlichen Angriff Aufklärung von Israel. Die Nachricht sei zutiefst erschütternd, teilte der britische Aussenminister David Cameron am Dienstag mit.

Der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez sagte: «Ich erwarte und fordere, dass die israelische Regierung so schnell wie möglich die Umstände dieses brutalen Angriffs aufklärt, der sieben Mitarbeitern einer Hilfsorganisation das Leben gekostet hat, die nichts anderes getan haben, als zu helfen».

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen schrieb bei X: «Ich würdige die Helfer, die in Gaza ihr Leben verloren haben.» Die Hilfsorganisation sei ein entscheidender Partner bei der Linderung des Leidens der Menschen in Gaza, unter anderem durch die Bereitstellung von Nahrungsmitteln über den Seekorridor.

Wie geht es mit dem Hilfseinsatz weiter?

World Central Kitchen (WCK) hat angekündigt, ihre Arbeit im Gazastreifen vorerst einzustellen. «Wir werden unsere Aktivitäten in der Region aussetzen», erklärte die Organisation am Dienstag.

Zypern teilte mit, die in den Gazastreifen geschickten Hilfsschiffe kehrten zurück nach Zypern. An Bord seien noch etwa 240 Tonnen Hilfsgüter, die nicht verteilt worden seien. Etwa 100 Tonnen Hilfsgüter seien zuvor von World Central Kitchen entladen worden, erklärte das Aussenministerium in Nikosia. Zypern hat eine zentrale Rolle bei dem Versuch eingenommen, von seinem Hafen Larnaka aus auf dem Seeweg Hilfsgüter für die Hunger leidende Bevölkerung in den Gazastreifen zu bringen und zu verteilen.

Was ist World Central Kitchen genau?

Die US-Hilfsorganisation World Central Kitchen ist weltweit im Einsatz. Seit dem Beginn des Krieges zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas kümmerte sich die Organisation in dem Palästinensergebiet vor allem um die Verteilung von Hilfsgütern an die notleidende Zivilbevölkerung.

World Central Kitchen war auch federführend an der Lieferung von Lebensmitteln per Schiff aus Zypern in den Gazastreifen und am Bau einer Anlegestelle beteiligt.

«Wenn andere sich von den Katastrophen entfernen, haben wir aussergewöhnliche Menschen, die in die Katastrophengebiete gehen, um den Menschen zu helfen», sagte der Gründer und Koch José Andrés im November im US-Fernsehen. Der von Spanien in die USA ausgewanderte 54-Jährige hatte sein Handwerk beim katalanischen Spitzenkoch Ferran Adrià gelernt; durch Fernsehsendungen und Bücher wurde er in den USA zum Medienstar. Er besitzt mehrere Restaurants.

WASHINGTON, DC - MARCH 14: Celebrity chef Jose Andres (C) joins Sen. Chris Coons (D-DE) (L) and Sen. Peter Welch (D-VT) for an interview following a meeting about getting humanitarian aid to Gaza at the U.S. Capitol on March 14, 2024 in Washington, DC. The founder of the World Central Kitchen, Andres is working with the United States and Israel for weeks to make a plan to deliver maritime shipments of aid to Gaza. Andres has a ship, the Open Arms, carrying 200 tons of aid for Gaza as the United Nations warns that massive food shortages have left the region on the brink of famine.   Chip Somodevilla/Getty Images/AFP (Photo by CHIP SOMODEVILLA / GETTY IMAGES NORTH AMERICA / Getty Images via AFP)

Der humanitären Hilfe wandte sich Andrés im Jahr 2010 zu: Damals reiste er nach Haiti, um der von einem schweren Erdbeben getroffenen Bevölkerung zu helfen. In der Folge gründete der Küchenchef die Organisation World Central Kitchen.

Seitdem verteilten die ehrenamtlichen Helfer Millionen von Mahlzeiten an Menschen in Krisengebieten, etwa nach Naturkatastrophen oder während der Corona-Pandemie. Einsatzorte waren unter anderem die USA, die Bahamas, Puerto Rico, Indonesien, Mexiko und die Ukraine.

2021 wurden Andrés und World Central Kitchen für ihre Arbeit mit dem spanischen Prinzessin-von-Asturien-Preis ausgezeichnet.

DPA/AFP/sme/anf