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Linderung der Wohnungsnot
Aus leeren Büros entstehen Hunderte neue Wohnungen

Das ehemalige Swisscom Hochhaus, Swisscom-Tower, kann nun definitiv von Büros zu Wohnungen umgebaut werden. 100 Wohnungen auf 18 Stockwerken entstehen. Foto: Beat Mathys / Tamedia AG.

Im Wohnhaus von Roman Auer (Name geändert) ist es still geworden. «Über Wochen sehe ich hier fast niemanden mehr», erzählt der Mieter des Gebäudekomplexes «Pariserhof» im Zürcher Universitätsviertel. Der Mann, der anonym bleiben will, lebt in einem von drei Häusern, die neben Wohnungen mehrheitlich Büros beherbergen. Genutzt werden diese von der ETH und der Universität, wie die Türschilder verraten. Doch statt emsigen Treibens herrscht seit März 2020 gähnende Leere.

Seit zwanzig Jahren wohnt Auer hier und beobachtet die Entwicklung am Zürcher Mietmarkt mit Kopfschütteln. «Statt die Büros leer stehen zu lassen, sollte man sie besser in Wohnungen umbauen, um den Mangel zu lindern», sagt er.

0,06 Prozent betrug der Leerstand in der Stadt Zürich bei der letzten Zählung vom Juni 2023. Demgegenüber steht ein Büro-Leerstand von 3,5 Prozent im vierten Quartal 2023. In den Vororten liegt er sogar bei 14,6 Prozent, wie aktuelle Zahlen der Immobilienberatung CBRE zeigen. Das Unternehmen spricht von einer Trendumkehr bei der Büroverfügbarkeit.

Mehr leere Büros als während Corona

Zusammen mit den weiter sinkenden Leerständen am Wohnungsmarkt stellt sich die Frage: Werden als Mittel gegen den Wohnungsmangel nun mehr leere Büros in Wohnungen umgewandelt?

Denn in manchen Schweizer Städten und Regionen ist der Leerstand am Büromarkt sogar höher als während Corona. Damals warteten Unternehmen aufgrund von Unsicherheit mit der Anmietung von Flächen zu. Die Arbeit im Homeoffice wurde salonfähig, und Firmen waren gezwungen, ihre Büros der neuen Arbeitswelt anzupassen.

Nach einer ersten Erholung am Büromarkt zeigen nun Zahlen von CBRE, dass die Leerstände in manchen Städten wieder steigen: In Basel stiegen sie von 3,7 Prozent im vierten Quartal 2019 auf 5,4 Prozent Ende 2023. Im Vergleich zu den Städten Zürich, Bern, Genf und Lausanne sind sie derzeit am höchsten. CBRE führt die Entwicklung auf eine sinkende Nachfrage und Entscheidungsfreudigkeit der Unternehmen zurück.

In Zürich spielen vor allem der Stellenabbau bei Google und die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS eine grosse Rolle bei der schrumpfenden Bürobelegung.

Besonders in den Vororten, die vielen Arbeitgebern weniger attraktiv scheinen als die Zentren, nimmt der Anteil leerer Büros weiter zu. Von 10,5 Prozent im ersten Quartal 2023 stieg der Leerstand in den Zürcher Vororten Ende 2023 auf 14,6 Prozent. Um Lausanne herum ist der Leerstand im selben Zeitraum von 5,1 auf 7,7 Prozent gestiegen und in den Basler Vororten von 3,7 auf 6,6 Prozent.

Bereits vor Corona wurden vereinzelt leere Büros in Wohnungen umgewandelt: Seit 2015 entstanden in der Stadt Bern bis Ende vergangenen Jahres so 1200 neue Wohnungen – 845 davon allein seit 2020. In Zürich waren es im selben Zeitraum 1297 Wohnungen.

In den letzten drei Jahren wurden schweizweit vermehrt unterschiedliche Umnutzungen vollendet oder befinden sich noch im Umbau. In Zürich baute die UBS 71 Wohnungen in ein Bürogebäude ein. In Bern wurde seit 2020 der einstige Post-Hauptsitz Schönburg zu 142 Wohnungen umgewandelt. Die Immobiliengesellschaft Mobimo stellte im vergangenen Jahr 59 Wohnungen im Zürcher Friesenberg-Quartier und 94 in St. Gallen fertig.

Grosse Umbauprojekte stehen an

Sie ist nicht die einzige Immobiliengesellschaft, die zunehmend Büroliegenschaften umnutzt. Zurzeit entstehen in den Städten Zürich, Bern, Basel und Genf zusammen mindestens 420 neue Wohnungen in ehemaligen Büros.

Was auffällt: Die Projekte sind gross und die Besitzer der Liegenschaften vornehmlich Immobiliengesellschaften und -investfirmen. So erstellt die Anlagestiftung Turidomus an der Ostermundigenstrasse 93 in Bern bis 2026 aus den Büros im ehemaligen Swisscom-Hochhaus auf 17 Etagen 87 Wohnungen. In Basel wandelt die auf Immobilien spezialisierte Investment- und Beratungsgesellschaft SFP Büros in rund neunzig Wohnungen um. In Zürich schafft sie so ein Dutzend neue Wohnungen.

In Genf baut die Immobiliengesellschaft Swiss Prime Site die Büros eines ehemaligen Swisscom-Gebäudes zu 136 Wohneinheiten um. Und in Zürich entstehen in ehemaligen B¨üros des Schweizer Fernsehens SRF im Quartier Leutschenbach bis 2025 rund hundert Wohnungen. Durchgeführt wird die Büroumnutzung von der städtischen Stiftung PWG.

Hürden bei der Umnutzung von Büros zu Wohnungen

Dass die Umnutzung leerer Büros eine Möglichkeit ist, mehr Wohnraum zu schaffen – darin sind sich die Städte und Immobilienfachleute einig. Doch Umnutzungen sind aus verschiedenen Gründen schwierig: Der Standort muss sich für Wohnungen eignen. Und Bürogebäude unterscheiden sich in Raumtiefen, Lichtdurchflutung, Energie- und Sanitärerschliessung teilweise stark von Wohngebäuden.

Entscheidend ist jedoch die Bauzone: Liegen die Gebäude in reinen Industrie-, Büro- oder Gewerbezonen, ist eine Umnutzung in Wohnraum nicht erlaubt. Ausserdem sind Büros in den Städten häufig zentral gelegen, was eine Umwandlung aus Lärmschutzgründen verhindert.

Ein Sonderfall ist Bern: Die Bauordnung der Stadt erlaubt in Dienstleistungszonen 50 Prozent Wohnnutzung, unter bestimmten Voraussetzungen, wenn Lärmschutz- und Abstandsvorschriften eingehalten werden, sogar 100 Prozent.

Doch das Haupthindernis sind die Kosten. Der Sanierungsaufwand ist teilweise beträchtlich. «Bei Bauten, die ein Alter von etwa dreissig bis vierzig Jahren aufweisen, sind meist umfassende technische Verbesserungen in den Bereichen Statik, Wärmedämmung, Schallschutz oder Energieversorgung erforderlich», heisst es bei der Stadt Zürich.

Wohnungsmieten müssen Büromieten übersteigen

Vor allem für Immobilienfirmen und institutionelle Anleger stellt sich die Frage nach der Wirtschaftlichkeit, sagt David Schoch von CBRE. Die Mieten, die mit den neuen Wohnungen erzielt werden können, müssten entsprechend hoch sein, um die Investitionskosten zu rechtfertigen. Ist das nicht gegeben, käme eine Umnutzung kaum infrage. In der Zürcher Innenstadt, wo die Büromieten noch ähnlich hoch seien wie die Wohnungsmieten, würde sich eine Umnutzung nicht lohnen.

Robert Weinert von der Immobilienberatung Wüest Partner sieht bei der Umnutzung dort Potenzial, wo der Bedarf an Wohnraum gross ist. In den nächsten Jahren werde dies ein Thema bleiben. Es sei eine von verschiedenen Massnahmen, um mehr Wohnraum zu schaffen.

Da die Wohnungsmieten tendenziell ansteigen und jene der Büros aktuell stagnieren und in verschiedenen Regionen gar sinken, werde das Potenzial zur Umnutzung grösser. Doch damit sich die teure Umnutzung lohnt, müssten die Mieten für Wohnungen merklich über denen der Büroflächen liegen, sagt Weinert.

In Zürich will die Universität ihre Büroflächen allerdings weiter ausbauen. Die ETH gibt hingegen an, ihre Büros zu vermindern: «Es ist das erklärte strategische Ziel, den Mietflächenbedarf und die entsprechenden Kosten zu minimieren.»

Ob aus den leeren Büros letztlich Wohnraum entsteht, muss sich auch im Haus von Roman Auer im Zürcher Universitätsviertel zeigen. Er sieht Potenzial im gesamten Quartier: Rund um seinen Innenhof gibt es weitere Bürohäuser oder Häuser mit gemischter Nutzung. Auch sie stünden mehrheitlich leer, sagt Auer: «Obwohl es im Winter früh dunkel wird, bleiben die Fenster dunkel.»