Geldblog: Steigende HypozinsenWo liegt die Obergrenze?
Ein Leser plant einen Hauskauf und macht sich Sorgen um die Höhe der Hypothekarzinsen. Warum er nicht auf ein Einlenken der Nationalbank hoffen darf, sagt unser Geldexperte.
Wir planen ein Doppeleinfamilienhaus, welches im Bau ist, im Frühling zu kaufen. Der Bauherr kann uns den definitiven Preis erst sagen, wenn er die Kosten wirklich weiss. Er geht von einem Preis von 1,5 Million Franken aus. Eigenkapital bringen wir 450’000, wir bräuchten also eine Hypothek von 1 Million Franken. Von der Bank haben wir eine Finanzierungsbestätigung mit einer Saron-Hypothek von 0,75 Prozent. In der Schweiz ist der Leitzins nach wie vor tief, mit Blick aber nach Deutschland kriegen wir Bauchschmerzen. Wir können die Hypothek bis 2,5 Prozent gut finanzieren. Geht der Saron Richtung 3 Prozent oder höher, wäre dies für uns zu viel. Wo sehen Sie die Obergrenze für den Leitzins/Saron? Wenn der Leitzins bei 3 Prozent landet, wären die 10-jährigen Hypotheken bei 5 oder gar 6 Prozent, was viele Eigenheimbesitzer wahrscheinlich nicht zahlen könnten. Irgendwo wird eine Grenze sein, bei der die SNB zweimal überlegt, ob sie die Zinsen weiter anhebt. Leserfrage von C.G.
Zuerst muss ich Sie enttäuschen: Es ist nicht Aufgabe der Schweizerischen Nationalbank, auf Hypothekennehmer und die Finanzierbarkeit von Wohneigentum Rücksicht zu nehmen. Ebenso nimmt sie nicht auf Befindlichkeiten von Anlegerinnen und Anlegern Rücksicht, wenn etwa die Börsen wegen der steigenden Zinsen unter Druck sind.
Immerhin warnt die SNB seit Jahren regelmässig vor Überhitzungserscheinungen am Schweizer Immobilienmarkt. Allerdings nicht etwa, weil sie fürchtet, dass Hausbesitzer bei einer Immobilienpreiskorrektur leiden würden, sondern weil sie sich um die Stabilität des Schweizer Finanzplatzes Sorgen macht. Wenn wie in den 1990er-Jahren viele Hypothekennehmer nicht mehr in der Lage wären, ihre Hypozinsen zu bezahlen, würden bei den kreditgebenden Banken Zahlungsausfälle drohen, was die Finanzstabilität unseres Landes beeinträchtigen würde.
Dennoch ist der Schutz des Immobilienmarktes und der Hypothekennehmer nicht Sache der SNB. Diese kümmert sich um die Finanzstabilität und insbesondere den Kampf gegen die Inflation. Laut unserer Verfassung und Gesetz muss sich die SNB vom Gesamtinteresse des Landes leiten lassen und als vorrangiges Ziel die Preisstabilität gewährleisten und dabei der konjunkturellen Entwicklung Rechnung tragen. Während besonders die Europäische Zentralbank und teilweise auch die US-Notenbank vermehrt auch politische Ziele verfolgen, fokussiert sich die SNB glücklicherweise einzig und alleine auf ihren gesetzlichen Auftrag und lässt sich nicht politisch einspannen.
Für Ihre eigene Zinsprognose entscheidend ist die Frage, was mit der Teuerung hierzulande geschieht.
Nachdem die Teuerung auch bei uns in die Höhe gegangen ist, muss man feststellen, dass die Preisstabilität derzeit nicht gegeben ist. Darum ist die SNB gezwungen, auch nach dem neusten Zinsanstieg im September künftig die Zinsen anzuheben. Ich gehe davon aus, dass sie die Zinsen auch im Dezember wieder erhöhen wird.
Mit dem Zinsschritt vom September bewegen sich die Kurzfristzinsen wieder im Plus, nachdem sie lange im Minus waren. Dies hat auch Folgen für die Saron-Hypotheken, deren Zins sich aus dem Saron-Satz und der Marge der Bank zusammensetzt. In Phasen mit Negativzinsen bezahlte man nur noch die Marge. Nun kommt der wieder positive Saron-Satz dazu. Je mehr die SNB die Zinsen weiter erhöht, desto mehr steigt auch der Saron-Satz.
Für Ihre eigene Zinsprognose entscheidend ist die Frage, was mit der Teuerung hierzulande geschieht. Obwohl bei uns die Teuerung geringer ist als im Euroraum oder in den USA, befürchte ich, dass die Inflation auch bei uns nicht so schnell zurückgeht. Immerhin dürfte im nächsten Jahr der Effekt der hohen Energiepreise wohl etwas nachlassen. Falls Europa in eine Rezession fällt, was die Schweiz als Handelspartner ebenfalls zu spüren bekäme, würde der Teuerungsdruck seitens des Euroraums etwas nachlassen. Da die Teuerung aber nicht einfach verschwindet, rechne ich auch im nächsten Jahr mit steigenden Zinsen.
Die positive Nachricht: Bis zu einem Saron-Satz von 3 Prozent ist es aber noch ein recht langer Weg. Ganz so schnell wird dieser kaum erreicht. Heikler ist für Sie die Frage, was langfristig passiert: Früher waren die Zinsen auch bei uns schon auf 7 bis 8 Prozent geklettert. Am 1. Februar 1993 – also vor rund 30 Jahren – wies die St. Galler Kantonalbank einen Zinssatz für variable Hypotheken von 7,5 Prozent aus. Mit diesem Szenario rechne ich in absehbarer Zeit nicht. Dennoch müssen Sie sich überlegen, was dies für Sie im schlimmsten Fall bedeuten würde, da ein Immobilienkauf und deren Finanzierung eine langfristige Entscheidung sind.
Für die Nationalbank gibt es nicht einen Maximalsatz bei den Zinsen, welche neben der Bankmarge wiederum die Basis für die Hypozinsen darstellen. Leiten lässt sie sich vielmehr von der Inflation, welche sie mit höheren Zinsen bekämpfen muss. Erst wenn die Teuerung deutlich nachlässt, werden die Zinsen nicht mehr steigen.
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