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Ende des Deals
Wird Moskau Getreide­schiffe im Schwarzen Meer angreifen?

Jegliche Schiffe, die die Ukraine ansteuern, gelten für Russland nun als Gegner: Am Dienstag läuft das vorerst letzte Getreideschiff aus der Ukraine in Istanbul ein. 
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Russland versucht nach seiner Aufkündigung des Getreideabkommens nun auch mit militärischen Mitteln, jeglichen Export von Nahrungsmitteln aus der Ukraine über das Schwarze Meer zu verhindern, wie das russische Verteidigungsministerium am Mittwochabend mitteilte. Von Donnerstag an würden Schiffe, die ukrainische Häfen ansteuerten, als «potenzielle Träger militärischer Fracht» und somit als Gegner angesehen werden. Die Länder, unter deren Flagge die betreffenden Schiffe führen, würden zudem als Staaten betrachtet, die in dem Konflikt auf ukrainischer Seite stünden.

Viele der Frachter, die zuletzt an den Getreideexporten aus ukrainischen Häfen beteiligt waren, fuhren nicht unter ukrainischer Flagge, sondern unter derjenigen Hongkongs, der Philippinen und anderer Staaten. Moskau hat in der Mitteilung den Nordosten sowie den Südwesten des Meeres als «unsicher für die Schifffahrt» benannt. Dort könne die Sicherheit der Seefahrt nicht garantiert werden.

Einwilligung Russlands eigentlich nicht nötig

Es ist unklar, ob es die russischen Streitkräfte nach dieser Ankündigung Moskaus tatsächlich wagen würden, Schiffe nicht am Krieg in der Ukraine beteiligter Staaten in internationalen Gewässern anzugreifen und in der Folge diesen Staaten auch noch praktisch den Krieg zu erklären. Andererseits sind diese Meldungen aus Russland kaum anders zu verstehen.

Mit solchen Drohungen möchte Moskau wahrscheinlich verhindern, dass nach dem Ende des Getreideabkommens doch noch weiter Nahrungsmittel aus der Ukraine exportiert werden. Denn für solche Exporte ist eine Einwilligung Russlands eigentlich nicht nötig. Gekündigt wurde von Moskau lediglich das Exportabkommen zwischen Russland, der Türkei und den Vereinten Nationen. Ein separates Abkommen der Ukraine mit der Türkei und der UNO hat weiterhin Bestand, und grundsätzlich braucht Kiew natürlich keine Erlaubnis Moskaus für Exporte über internationale Gewässer. Der Rückzug Russlands aus dem Abkommen war also eigentlich eine eher folgenlose Massnahme, der nun aber wohl militärisch mehr Gewicht verliehen werden soll.

Auch der Hafen von Tschornomorsk direkt südlich von Odessa wurde bei den Angriffen schwer getroffen. Allein hier wurden offenbar 60’000 Tonnen Getreide vernichtet.

So wurde der Hafen von Odessa bereits in den Nächten auf Dienstag und Mittwoch von der russischen Armee mit einer grossen Zahl an Drohnen, Marschflugkörpern und Raketen angegriffen. Nur ein Teil konnte von der ukrainischen Flugabwehr abgefangen werden. Der Hafen und auch zivile Einrichtungen in der Stadt sind teilweise schwer getroffen worden. Über die genauen Schäden war am Mittwoch noch wenig bekannt, Bilder, die nicht alle verifiziert sind, zeigten teils tiefe Krater in der Stadt, mindestens ein Terminal am Hafen, das zum Verladen von Getreide genutzt wird, soll ebenfalls beschädigt worden sein.

Auch der Hafen von Tschornomorsk direkt südlich von Odessa wurde bei den Angriffen schwer getroffen. Allein hier sind laut dem ukrainischen Landwirtschaftsminister Mikola Solski 60’000 Tonnen Getreide vernichtet worden.

Das Abkommen sicherte den Export von Dünger, Mais und Getreide: Ein Schiff aus Odessa wird in Istanbul untersucht. 

Das Abkommen zum Export von Getreide aus der Ukraine und aus Russland war vor fast genau einem Jahr in Kraft getreten. Mit den Lieferungen war es gelungen, die nach dem Beginn des Krieges in der Ukraine teilweise stark gestiegenen Preise für Getreide und andere Nahrungsmittel zu stabilisieren. Vor allem in afrikanischen Staaten, aber auch in einigen Ländern Asiens und Südamerikas hatten durch die gestiegenen Preise für Lebensmittel Hungersnöte gedroht. Russland und die Ukraine gehören weltweit zu den grössten Produzenten von Getreide, Speiseöl und anderen Nahrungsmitteln.

Minenfelder umfahren

Das Abkommen sah vor, dass die Frachtschiffe unter der Anleitung ukrainischer Lotsen durch einen 310 Seemeilen langen Korridor im Schwarzen Meer die dort gelegten Minenfelder umfahren und in Istanbul von russischen, türkischen und ukrainischen Inspektoren durchsucht werden. Nach den Drohungen aus Russland stiegen die Preise für Getreide auf den internationalen Märkten sofort wieder an.

Es ist derzeit unklar, ob Frachtschiffe nach dieser Ankündigung Russlands das Risiko auf sich nehmen werden, ukrainische Häfen anzusteuern. Im Vorfeld war mehrfach die Möglichkeit genannt worden, dass die türkische Marine für die Sicherheit der Frachter garantieren könnte – immerhin hat Ankara auch ein Abkommen mit Kiew und den Vereinten Nationen unterzeichnet. Nach der Ankündigung Moskaus würde das aber bedeuten, dass im Schwarzen Meer Schiffe des Nato-Mitglieds Türkei auf russische Kriegsschiffe treffen könnten. Es sind wahrscheinlich genau diese Ängste, mit denen Moskau kalkuliert.

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