Carl-Alex RidoréWird er der erste schwarze Ständerat?
Der Freiburger SP-Politiker will Nachfolger von Christian Levrat im Ständerat werden. Von einem rassistischen Zwischenfall lässt er sich nicht aufhalten.
Carl-Alex Ridoré ist kein Spieler. Ein Lavierer, Opportunist oder Populist schon gar nicht. Auch jetzt nicht, im vielleicht wichtigsten Wahlkampf seines Politikerlebens. Der 49-Jährige will den Kanton Freiburg im Ständerat vertreten und dort seinen Freund und SP-Parteikollegen Christian Levrat ersetzen. Levrat tritt nach knapp zehn Jahren in der kleinen Kammer zurück und wird Verwaltungsratspräsident der Post.
Die Ersatzwahl ist am 26. September. Schafft er die Wahl, wäre Ridoré das erste dunkelhäutige Mitglied des Ständerats. Viele würden die Wahl als historisches Ereignis feiern. Doch Ridoré, Sohn haitianischer Einwanderer, macht seine Hautfarbe nicht zum Thema, obwohl es mitten im Wahlkampf zu einem rassistischen Zwischenfall gekommen ist.
Opfer von Rassismus
Vandalen haben Ridorés Kopf auf seinen Wahlplakaten weiss übersprayt. Ein Fall für die Staatsanwaltschaft? Ridoré sagt, er werde allenfalls nach den Wahlen Anzeige erstatten, aber nicht, weil der Vorfall ihn persönlich betreffe, sondern weil so etwas aus Prinzip nicht gehe. In einem ist er sich sicher: «Diese Vandalenakte werden den Wahlausgang nicht beeinflussen.»
In Freiburg ist er als Politiker und Persönlichkeit seit Jahren etabliert, als Gemeinderat von Villars-sur-Glâne und Kantonsrat. Seit 2008 ist er Präfekt (Oberamtmann) des Saane-Bezirks. Auch neben der Politik sorgte der zweifache Familienvater für Aufsehen: Er liess sich am Konservatorium zum Sänger ausbilden, sang in renommierten Chören, bevor es ihn an die Universität zog, um Rechtswissenschaften zu studieren, und er später Anwalt wurde.
Für die Levrat-Nachfolge wird Ridoré dennoch eher als Aussenseiter gehandelt. Als Favoritin gilt seine Mitbewerberin: Isabelle Chassot, die heutige Direktorin des Bundesamts für Kultur und frühere Freiburger CVP-Regierungsrätin.
Die Grüne Partei ist für Ridoré. Die FDP, mit Johanna Gapany bereits im Ständerat vertreten, unterstützt Chassot. Die SVP-Delegierten haben Stimmfreigabe beschlossen. Auch Ridoré weiss: Um die 50-Prozent-Hürde zu überwinden, braucht er bürgerliche Stimmen. Er könnte also versucht sein, den bürgerlichen Wählerinnen und Wählern nach dem Mund zu reden. Das tut er aber nicht. Er sagt: «Das ist nicht mein Charakter.»
Stattdessen wirbt Ridoré im Wahlkampf für die 99-Prozent-Initiative der Juso. Diese findet er im Grundsatz gut, auch wenn der Initiativtext unglücklich formuliert ist, wie er sagt. Und er betont, Diskussionen über eine Erhöhung des Rentenalters erst führen zu wollen, wenn bereits beschlossen ist, dass man die AHV-Renten für sämtliche Leute mit tiefen Einkommen anhebt.
Offen gegenüber allen
Der SP-Mann Ridoré versucht, sich mit einem klar linken Profil von CVP-Frau Chassot abzugrenzen. Ein gewichtiger Vorteil könnte sein, dass er als Präfekt des Saane-Bezirks im Freiburgerland omnipräsent ist, auf dem Land ebenso wie in der Kantonshauptstadt. Anders als Chassot, die sich von Bundesrat Alain Berset nach Bern locken liess und aus Freiburg verschwunden ist.
In den vergangenen Wochen warb Ridoré landauf, landab für seine Vision, die Stadt Freiburg und acht umliegende Gemeinden zu Grossfreiburg zu fusionieren. Damit würde Freiburg nach Genf und Lausanne zur drittgrössten Westschweizer Stadt.
Dieses Szenario gefällt nicht allen. Bürgerinnen und Bürger von steuergünstigen Gemeinden haben mit Ridorés Vision ihre liebe Mühe. Ridoré aber sagt: «Ich konnte Überzeugungsarbeit leisten.»
Über die Fusion befindet das Volk just am Tag der Ersatzwahl für den Ständerat in einer Konsultativabstimmung. Wird sie Ridorés Wahlchancen eher steigern oder schmälern? Er wage keine Prognose, so der 49-Jährige. Den Wahl- und Abstimmungstermin habe die Freiburger Regierung festgesetzt. In dieser haben die CVP und FDP das Sagen. Einen Gefallen hat die Regierung Carl-Alex Ridoré damit sicher nicht getan.
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