Wirbel um Meret SchneiderDie Grüne stolpert über ihren schwarzen Humor
Meret Schneiders Twitter-Account wurde gesperrt. In der Vergangenheit fiel die Nationalrätin immer wieder mit unkonventionellen Äusserungen auf. Bei den Wahlen im Oktober muss sie um ihren Sitz zittern.
Meret Schneider habe sich bestimmt hochgeschlafen!, ätzte einst ein Bürger im Netz. Die Antwort der grünen Nationalrätin folgte postwendend. «Jap, hab ich. Mit ein paar Tausend Zürcher*innen, die mich gewählt haben. War anstrengend, Freunde, aber vo nüt chunnt nüt», schrieb sie auf dem Kurznachrichtendienst X, der damals noch Twitter hiess.
Die Art und Weise, wie die Zürcherin in den sozialen Medien agiert, ist unkonventionell. Oder besser gesagt: war es. Denn seit Dienstag ist der Account von Schneider auf X unwiderruflich gesperrt.
Grund dafür ist ein weiterer satirischer Tweet. Schneider nahm auf einen Artikel der Pendlerzeitung «20 Minuten» Bezug, wonach sich viele Menschen über den Populismus und die Polarisierung in der Schweizer Politik ärgern.
Schneider, die in der Vergangenheit wiederholt Hassnachrichten aus ihrem Posteingang öffentlich gemacht hatte, kommentierte den Bericht mit den Worten: «Schreibe jetzt deine Online-Kommentare, warum die Polarisierung und der Populismus wirklich das Hinterletzte sind und man diese überbezahlten Politfratzen an ihrer eigenen verdammten Bundesterrasse erhängen sollte! (Grossbuchstaben nicht vergessen) #populismus.»
Nicht der diplomatische Typ
Offenbar zu viel des schwarzen Humors. «Wenn das keine Folgen hat …», kommentierte der Aargauer SVP-Nationalrat Andreas Glarner. Kurz danach war Schneiders Account gesperrt. Zwar beteuert Glarner gegenüber «20 Minuten», die Sperrung von Schneiders Account nicht direkt veranlasst zu haben. Allerdings bleibe er dabei, dass es sich um einen «Gewaltaufruf» handle.
Wie auch immer man die Episode beurteilt – ungewöhnlich ist Schneiders Auftreten allemal. Warum lässt sie sich zu solchen Äusserungen hinreissen, während andere im Politbetrieb jedes Wort auf die Goldwaage legen?
Schneider sagt, sie sei nun einmal nicht der diplomatische Typ. Politiker, die offensichtlich alles daransetzten, nicht anzuecken, seien ihr nicht geheuer. «Wenn ich eine Abstimmung verliere, rede ich nicht von einem Achtungserfolg, sondern sage ehrlich: Hueresiech, jetzt bin ich enttäuscht.» Twitter sei für sie ein wichtiges Wahlkampftool gewesen, aber auch ein Ort der Zerstreuung.
Die 31-Jährige ist in der Zürcher Gemeinde Uster aufgewachsen, seit vier Jahren sitzt sie im Nationalrat. Im Bundeshaus machte sie sich rasch einen Namen. Unlängst stellte ein Landwirtschaftsmagazin fest, Schneider zähle inzwischen zu den Agrarpolitikerinnen mit dem grössten Einfluss.
Ihr Sitz wackelt
Schneider, die sich überwiegend vegan ernährt, hat sich in den vergangenen Jahren immer wieder mit dem Bauernstand angelegt, etwa bei der Abstimmung über die Pestizidinitiative. Dennoch pflegt sie gute Beziehungen zu den Landwirten im Parlament. Sie sei stolz, wenn es ihr gelinge, Vorstösse zu formulieren, die der Umwelt dienten und von den Bauern mitgetragen würden, sagt Schneider.
Als Kind wäre sie am liebsten selbst Bäuerin geworden. Schliesslich studierte sie Umweltwissenschaften, heute arbeitet sie für die Tierschutzorganisation Vier Pfoten – und arbeitete neben dem Nationalratsmandat lange auch in der Gastronomie im Service. In einem Porträt dieser Redaktion machte sie vor zwei Jahren öffentlich, dass sie unter einer Essstörung leidet.
Wenn im Oktober das neue Parlament gewählt wird, muss Schneider zittern. Gemäss den Umfragen ist es wahrscheinlich, dass die Zürcher Grünen einen ihrer fünf Sitze verlieren. Schneider sagt, sie wolle nichts schönreden: «Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich keine Angst habe um meinen Sitz.»
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