Schweizer Russland-SanktionenWir könnten mehr tun
Es ist völlig unklar, wie aktiv Behörden oder Finanzberater nach Vermögenswerten von sanktionierten Russen suchen müssen.
5’750’000’000 Franken, knapp 6 Milliarden: Bankkonten, Wertschriften und andere Vermögenswerte von sanktionierten Russen in dieser Höhe hat die Schweiz bislang blockiert. Ist das nun viel? Es ist jedenfalls nicht wenig. Die Zahl spiegelt die Bedeutung des Schweizer Finanzplatzes im Geschäft mit ausländischen Geldern.
Aber seien wir ehrlich: Wir haben keine Ahnung, wie vollständig die Erfassung der sanktionierten Mittel ist. Grössere Lücken sind wahrscheinlich.
Das Gros der Meldungen kommt von Banken. Die Geldhäuser nehmen die Sanktionen in der Regel ernst. Für sie steht auch am meisten auf dem Spiel, wenn sie Konten sanktionierter Russen nicht einfrieren – im schlimmsten Fall happige Strafen aus den USA.
Wie soll man jemandem ein Wissen um einen bestimmten Vermögenswert nachweisen?
Doch bei anderen Akteuren gibt es Zweifel, mit wie viel Engagement sie den Sanktionierten nachspüren. Anwälte, die Briefkastenfirmen für sie gebaut haben, könnten versucht sein, sich hinter dem Anwaltsgeheimnis zu verstecken. Das wäre jedoch ein Missbrauch. Denn die Schweigepflicht greift nur, wenn die Anwälte auch wirklich mit klassischem Anwalts-Mandat für die Russen tätig waren – und nicht als blosse Finanzberater.
Bei den Immobilien ist die Lage noch verzwickter. Da reicht es schon, dass ein Oligarch sein Luxus-Chalet nicht direkt, sondern via einen Strohmann hält, und schon tappen Grundbuchämter im Dunkeln.
Ohnehin ist es völlig unklar, wie aktiv Behörden oder Berater nach Vermögenswerten suchen müssen. In der Bundesverordnung steht lediglich, dass Personen, die «von wirtschaftlichen Ressourcen» von Sanktionierten «wissen», diese dem Bund melden müssen. Wie konkret dieses Wissen sein muss, oder umgekehrt, wie leicht ein Verdacht ignoriert werden kann – da gibt es viel Raum für Interpretationen. Sowieso: Wie soll man im Zweifelsfall jemandem ein Wissen um einen bestimmten Vermögenswert nachweisen?
Wer die teils ausflüchtigen Antworten der Behörden an der Medienkonferenz vom Donnerstag gehört hat, wird den Eindruck nicht los: Die Schweiz macht im verantwortungsvollen Umgang mit heiklen Geldern einmal mehr nur das Minimum. Wir könnten es uns leisten, mehr zu tun.
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