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Corona in Afrika
Wir impfen nicht

Tansanias Präsidentin Samia Suluhu Hassan zeigt sich auch mit Maske, im Gegensatz zu ihrem Vorgänger. Doch Corona-Impfstoff für ihre Bevölkerung bestellt sie nicht. 
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Im Februar stellte sich Tansanias Gesundheitsministerin Dorothy Gwajima vor die Fernsehkameras und erklärte, wie einfach es sei, Corona nachhaltig zu bekämpfen. Vor ihr lagen etwas Ingwer, Zwiebeln, Zitrone und Pfeffer, bereits zu Smoothies zerkleinert und vermengt. So, sagte Gesundheitsministerin Gwajima mit einem ernsten Gesicht, mehr brauche es nicht im Kampf gegen das Virus.

Fast vier Monate später hat sich die Lage in Tansania etwas verändert. Der damalige Präsident und Corona-Verharmloser John Magufuli ist verstorben, mutmasslich an Covid-19, seine Nachfolgerin Samia Suluhu Hassan hat angekündigt, die Corona-Politik des Landes auf den Prüfstand zu stellen. Man sieht sie und das Kabinett mittlerweile häufig mit Maske. Ihr Vorgänger hatte stattdessen auf Heilkräuter, die Kraft Gottes und eine Art Dampfbad gesetzt.

Gefahr für die Welt

Samia Suluhu Hassan will wissenschaftlicher vorgehen und den Rat eines medizinischen Gremiums einholen. Dieses hat der Präsidentin kürzlich empfohlen, sich der Impfinitiative Covax anzuschliessen und mit der WHO zusammenzuarbeiten. Seitdem ist nichts passiert. Infektionszahlen werden nicht gemeldet, auch Gesundheitsministerin Gwajima ist weiter im Amt.

Tansania ist neben Burundi und Eritrea eines von drei Ländern, die sich bislang weigern, ihre Bevölkerung impfen zu lassen. Die Impfverweigerung hat Konsequenzen für die eigene Bevölkerung, die sich nicht schützen kann – aber auch für den Rest der Welt. «Wenn man dem Virus weiter erlaubt, sich zu verbreiten, erlaubt man ihm, weiter zu mutieren», sagt Shabir Madhi, Professor für Impfstoffentwicklung aus Südafrika. «Diese Varianten sind eine anhaltende Gefahr für die Welt.» In Tansania wurde bereits eine Variante entdeckt, die nach Ansicht südafrikanischer Forscher so viele Mutationen aufweist wie keine andere auf der Welt. Sie wurde auch schon in Uganda, Ruanda und Angola nachgewiesen. Trotzdem scheint Tansania es nicht eilig zu haben.

Ob Eritrea dann auch Impfdosen erhalten will, ist unklar. Das Land wird von Kritikern gerne als das «Nordkorea Afrikas» bezeichnet.

Während Europa, die USA und andere Weltregionen gut vorankommen mit dem Impfen, sieht es in ärmeren Weltregionen anders aus. In einem Dutzend Ländern ist noch gar kein Impfstoff angekommen. Staaten wie Burkina Faso oder Haiti wollen impfen, haben bisher aber noch keine Vakzine erhalten. Selbst Nordkorea soll sich in Verhandlungen mit Covax befinden – jener Impfallianz der WHO und vieler reicher Staaten, die sich zum Ziel gesetzt hat, bis Ende des Jahres 20 Prozent der Bevölkerung der armen Länder zu impfen und 60 Prozent bis Ende 2022. Von diesem Ziel ist man weit entfernt. Das liegt vor allem daran, dass der grösste Teil der Dosen vom indischen Hersteller Serum Institute kommen sollte. Wegen der hohen Infektionszahlen im Heimatland will dieser erst Ende des Jahres wieder exportieren.

Ob Eritrea dann auch Impfdosen erhalten will, ist unklar. Das Land wird von Kritikern gerne als das «Nordkorea Afrikas» bezeichnet, weil es so repressiv regiert wird und sich abschottet. Etwa 4000 Infektionen und 16 Todesfälle meldete die Regierung bisher, wie genau die Zahlen sind, lässt sich nicht sagen. Man sei sich bei der Bestellung von Impfstoffen noch nicht sicher, sagte Informationsminister Yemane Ghebremeskel vor einigen Wochen. Die Regierung ist derzeit vor allem damit beschäftigt, im Nachbarland Äthiopien Krieg zu führen.

75 Millionen Menschen

Dritter im Bunde der Impfverweigerer ist Burundi in Ostafrika. Wie in Tansania hatte der Präsident die Pandemie lange geleugnet und ist dann mutmasslich an einer Covid-19-Erkrankung gestorben. Auch hier kündigte der Nachfolger Évariste Ndayishimiye eine neue Politik an, erklärte Corona im Juli 2020 zum «grössten Feind». Impfstoffe wurden trotzdem nicht bestellt, obwohl sie für die Ärmsten im Covax-Programm gratis sind. Mal sagen Ndayishimiye und seine Regierung, dass Impfstoffe unnötig seien, da sich doch 95 Prozent der Infizierten wieder erholen würden. Mal behauptet der Präsident, Corona sei eine Strafe Gottes, weil es so viel Korruption gebe im Land.

Mit Kräuterdampf gegen Corona: Eine Frau verlässt eine Kabine in Dar es Salaam.

In Tansania, Eritrea und Burundi leben zusammen etwa 75 Millionen Menschen – gemessen an der Weltbevölkerung ist das nicht viel. Wie man die Länder dazu bringen kann, ihre Bevölkerung zu impfen und so auch die Entstehung weiterer Mutanten zu verhindern, darüber wurde in den internationalen Organisationen bisher noch nicht öffentlich gesprochen.

Womöglich kann man von aussen auch wenig bewirken. Madagaskar gehörte auch lange zum Club der Impfgegner. Die Regierung behauptete, einen Kräutertrunk namens Covid-Organics gegen Corona erfunden zu haben, der in Dutzende Länder exportiert wurde, aber keinerlei Wirkung zeigte. Auch in Madagaskar stiegen die Infektions- und Todeszahlen. Was dann auch dort die Zivilgesellschaft dazu brachte, einen Richtungswechsel zu fordern. Innerhalb weniger Wochen trat der Inselstaat Covax bei. Mittlerweile sind die ersten Lieferungen angekommen.