Interview mit Grünen-Fraktionschefin «Wir haben bereits eine lange Liste mit möglichen Kandidierenden»
Nach Alain Bersets Rücktritt würden die Grünen bei den Bundesratswahlen antreten, sagt Aline Trede. Ihre Partei habe nicht versprochen, die SP zu schonen.
Frau Trede, erheben die Grünen jetzt Anspruch auf die Nachfolge von Alain Berset?
Wir Grünen werden im Dezember antreten. Wir haben immer gesagt, dass wir bei den Gesamterneuerungswahlen dafür sorgen wollen, dass das Kräfteverhältnis im Parlament auch im Bundesrat abgebildet wird. Dazu gehört auch eine Bundesrätin oder ein Bundesrat der Grünen. Nach dem Rücktritt von Alain Berset kommt nun Schwung in die Sache. Wir sind bereit.
Inwiefern?
Wir haben eine Findungskommission eingesetzt, die mögliche Kandidatinnen und Kandidaten für den Bundesrat sucht und checkt. Sie hat bereits eine lange Liste erstellt.
Wie lang?
Wir haben viele gute Leute in der Fraktion, ebenso in den kantonalen Regierungsräten und in vielen Städten. Sie haben wir gefragt, ob sie Interesse hätten. Und wer will, ist nun auf dieser Longlist.
Inklusive Ihnen?
Nein, ich bin glücklich im Parlament.
«Selbst wenn wir etwas an Wähleranteil einbüssen sollten, haben wir Anspruch.»
In der Vergangenheit scheuten sich die Grünen davor, auf Kosten der SP für den Bundesrat zu kandidieren. Hat sich dies jetzt geändert?
Wir müssen niemanden angreifen. Es ist eine Gesamterneuerungswahl, die im Dezember stattfindet. Wir wissen auch nicht, ob Alain Berset der Einzige ist, der nicht mehr antritt. Vielleicht folgen ja noch andere. In den letzten Wahlgängen werden die Neuen gewählt, vorher die Bisherigen. Wir prüfen derzeit alle Szenarien, wie wir unseren Anspruch geltend machen wollen.
SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer sagt, die Grünen und die SP müssten sich gegenseitig stärken, nicht sich attackieren. Die Grünen hätten versprochen, den SP-Sitz nicht anzugreifen.
Ein solches Versprechen gibt es nicht. Das war ein Beschluss der Fraktion für diese Legislatur. Daran halten wir uns. Selbstverständlich wollen wir mit der SP zusammen stärker werden.
Treten die Grünen unabhängig vom Ausgang der National- und Ständeratswahlen an?
Sollten wir derart stark verlieren, dass unsere Vertretung im Parlament keinen Bundesratssitz mehr rechtfertigt, werden wir nicht antreten. Aber dazu wird es nicht kommen. Selbst wenn wir etwas an Wähleranteil einbüssen sollten, haben wir Anspruch. Und wir wollen natürlich gewinnen, nicht verlieren.
«Mich stört es persönlich nicht, wenn die Romandie eine Zeit lang übervertreten ist.»
Haben auch die Grünliberalen Anspruch?
Das kommt auf ihr Abschneiden bei den Wahlen an. Wenn sie stark zulegen und auch in den Ständerat einziehen, gehören auch sie in den Bundesrat.
Dies liefe auf zwei Sitze für die SVP und je einen für SP, FDP, CVP, Grüne und GLP hinaus?
Ja, das ist ein mögliches Szenario. Am liebsten würden wir Grünen mit SP und GLP natürlich die Mehrheit im Bundesrat stellen.
Wer unter Ihren Kandidatinnen und Kandidaten hätte denn die besten Chancen?
Das kann ich jetzt noch nicht sagen. Wir haben wie erwähnt viele erfolgversprechende Leute. Denken Sie nur an Nationalrätin Manuela Weichelt, die lange im Zuger Regierungsrat war. Oder an Lisa Mazzone, Antonio Hodgers und Gerhard Andrey.
Müsste es nicht jemand aus der Deutschschweiz sein?
Mich stört es persönlich nicht, wenn die Romandie eine Zeit lang übervertreten ist. Aber das kann natürlich ein Argument sein. Es bleibt spannend.
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