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Wer wird neuer Bundesrat?
Das sind die Favoriten für die Berset-Nachfolge

Alain Berset schreitet zu den Von-Wattenwyl-Gesprächen, am 5. Mai 2023 in Bern. 
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Nach zwölf Jahren im Bundesrat ist Schluss: Der mit 51 Jahren jüngste und trotzdem amtsälteste Bundesrat hört per Ende Jahr auf. Bei der Gesamt­erneuerungs­wahl im Dezember tritt Alain Berset nicht mehr an.

Damit richtet sich der Blick auf mögliche Nachfolger. Und für einmal ist die männliche Form angebracht: Klar im Vorteil sind Männer aus der Deutschschweiz.

Dies aus zwei Gründen:

Erstens gibt es seit einem halben Jahr – was in der Schweizer Geschichte nur sehr selten vorkam – eine lateinische Mehrheit im Bundesrat. Drei Romands und ein Tessiner stehen drei Bundesrats­mitgliedern aus der Deutschschweiz gegenüber, obwohl rund 70 Prozent der Bevölkerung in der Deutschschweiz leben.

Zweitens wird der zweite SP-Sitz von einer Frau gehalten, der Jurassierin Elisabeth Baume-Schneider, die im Dezember 2022 neu in die Regierung gewählt wurde.

Grüne treten an

Doch die Deutschschweizer SP-Männer erhalten Konkurrenz: Die Grünen wollen bei den Gesamterneuerungswahlen ebenfalls ins Rennen steigen. Nach dem Rücktritt von SP-Bundesrätin Simonetta Sommaruga hatten sie auf eine Kampfkandidatur verzichtet. Nun erheben sie Anspruch auf einen Sitz. Die Grünen seien 2019 zur viertstärksten politischen Kraft der Schweiz geworden, schreiben sie in einer Mitteilung. «Derzeit widerspiegelt der Bundesrat diese politischen Kräfteverhältnisse nicht.»

Das sagt auch die SP. Sie betont, die rechtsbürgerlichen Kräfte seien mit zwei SVP und zwei FDP-Bundesratsmitgliedern übervertreten. Allerdings wäre – Stand heute – ein erster Bundesratssitz für die Grünen arithmetisch auch besser legitimiert als der zweite SP-Sitz. Bei den Wahlen 2019 erzielte die SP 16,8 Prozent Wähleranteil, die Grünen 13,2 Prozent.

Die SP erinnert die Grünen an ihr Versprechen, den zweiten SP-Sitz nicht anzugreifen. «Wir gehen davon aus, dass das Versprechen Bestand hat», sagte Co-Präsidentin Mattea Meyer am Mittwochnachmittag vor den Medien. Co-Präsident Cédric Wermuth ergänzte: «Ein Szenario, in dem sich zwei linke Parteien um einen Sitz streiten, wäre ein Geschenk an die rechtsbürgerlichen Kräfte.» Die Grünen wollen «alle Szenarien prüfen». 

Vor diesem Hintergrund sind dies die chancenreichsten Kandidaten:

Beat Jans, SP

Würde die Frage einer Kandidatur «sehr gründlich prüfen»: Beat Jans, Regierungspräsident des Kantons Basel-Stadt.

Beat Jans, 58 Jahre alt, ist seit 2021 Basler Regierungspräsident, davor sass er zehn Jahre im Nationalrat. Auf ihn könnte es hinauslaufen. Letztmals war Basel im Bundesrat mit Hans-Peter Tschudi vertreten – vor einem halben Jahrhundert. Die letzte Basler Kandidatur scheiterte im Dezember 2022, als Eva Herzog als Favoritin für die Nachfolge von Sommaruga antrat, dann aber gegen die Aussenseiterin Baume-Schneider unterlag.

Mit Jans wären auch die grossen Städte im Bundesrat wieder repräsentiert. Da sein Abschied aus Bern nicht lange zurückliegt, wird er nach den nationalen Wahlen vom Herbst immer noch über ein ansehnliches Netzwerk im Parlament verfügen.

Jans sagt heute: «Ich fühle mich geehrt, für das Amt des Bundesrates ins Spiel gebracht zu werden, und natürlich wäre das eine sehr faszinierende Aufgabe für mich. Grundsätzlich ist es mir aber sehr wohl in Basel. Meine Tätigkeit in der Basler Regierung ist erfüllend und bereitet mit grosse Freude. Ob ich für die Nachfolge von Bundesrat Alain Berset kandidiere, will ich mir deshalb gemeinsam mit meiner Familie überlegen. Dazu nehme ich mir über die Sommerferien Zeit und werde mich voraussichtlich Ende August dazu äussern.»

Tritt Jans an, ist er Topfavorit. Als Kandidat ist er «unverbraucht», und von den potenziellen Konkurrentinnen und Konkurrenten hat niemand ein besser passendes Profil.

Jon Pult, SP

Gehört zu den sozialdemokratischen Wortführern: Jon Pult, Nationalrat für den Kanton Graubünden.

Der Bündner Nationalrat gilt als eines der grössten Talente der SP, seit langem werden ihm Ambitionen nachgesagt. Jon Pult sass zwar nie in einer Exekutive, doch parteiintern hat er einen flotten Aufstieg hinter sich. Schon ein Jahr nach seinem Einzug ins Parlament machte ihn die SP Schweiz zum Vizepräsidenten; heute gehört er zu den sozialdemokratischen Wortführern.

Bundesrat zu werden, sei nicht sein Lebensziel, gab er Anfang Jahr der NZZ zu Protokoll. Aber «im Fall der Fälle» werde er sich viele Fragen stellen.

Daniel Jositsch, SP

Hat zuletzt viele Wählerinnen und Wähler verärgert: Daniel Jositsch, Ständerat von Zürich.

Es ist eine bittere Pointe für Daniel Jositsch. Als es im Dezember um die Nachfolge von Simonetta Sommaruga ging, lancierte der Zürcher Ständerat offensiv seine Kandidatur, war als Mann bei seiner Partei aber unerwünscht. Das Geschlecht wäre bei der Berset-Nachfolge nun kein Problem mehr, und würde ihn die Fraktion aufs Ticket setzen, hätte er den Sieg fast auf sicher, da er im bürgerlichen Lager sehr respektiert ist. Doch Jositsch hat mit seinem Verhalten im Dezember so viele Genossinnen und Genossen verärgert, dass es mit einer Nominierung schwierig wird.

Jositsch will in den nächsten Tagen eine Kandidatur prüfen. «Es wäre ja komisch, wenn ich mir das nicht überlegen würde», sagt er am Telefon.  Auf die Frage, ob nicht zu viel Vertrauen zerstört worden sei, entgegnet Jositsch: «Nach meinem Dafürhalten ging das relativ gut über die Bühne. Ich habe die Entscheidung der Fraktion ja auch akzeptiert.»

Cédric Wermuth, SP

Cédric Wermuth, Co-Parteipräsident der SP und Nationalrat. 

Obwohl Cédric Wermuth erst 37 Jahre alt ist, sitzt er bereits seit zwölf Jahren im Nationalrat, seit knapp drei Jahren führt er zusammen mit Mattea Meyer die SP Schweiz.

Der amtierende Co-Präsident brächte damit die Erfahrung und auch das politische Gewicht mit, um selber zu kandidieren. Dass er als Parteichef seine Partei in einem Wahljahr im Stich lassen wird, ist allerdings eher unwahrscheinlich – auch wenn die Bundesratswahl erst nach der Parlamentswahl stattfinden wird. Am Mittwoch liess Wermuth offen, ob er eine Kandidatur in Erwägung zieht.  

Balthasar Glättli, Grüne

Balthasar Glättli, Parteipräsident Grüne Schweiz und Nationalrat.

Als Kandidat der Grünen kommt der amtierende Parteichef infrage. Balthasar Glättli ist 51 Jahre alt und hat langjährige Erfahrung als Nationalrat, Fraktionschef und jetzt Parteipräsident. Seine Partnerin ist die SP-Nationalrätin Min Li Marti.

Mathias Zopfi, Grüne

Würde auch bürgerliche Stimmen holen: Mathias Zopfi, Glarner Ständerat.

Schon 2019 schaffte Mathias Zopfi eine Überraschung, als er im Kanton Glarus der SVP den Ständeratssitz abjagte. Wiederholt er die Sensation im Dezember in der Bundesratswahl und holt für die Grünen den ersten Sitz in der Landesregierung?

In seinen ersten drei Jahren im Bundeshaus gehörte der 39-jährige Rechtsanwalt nicht zu den ganz lauten Stimmen, war aber in zahlreichen Debatten engagiert. Er etablierte sich als grüner Pragmatiker, der in gewissen Themen auch eher bürgerliche Positionen vertritt.

Würde er für die Grünen antreten, wäre Zopfi ein Kandidat, der im Parlament auch bürgerliche Stimmen holen könnte.