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Umstrittene SVP-Idee scheitert
Zürcher Kantonsrat will keine Mindest­abstände für Windräder

Une vue aerienne montre des eoliennes du parc eolien de Sainte-Croix de Romande Energie, 1er parc eolien vaudois, peu avant l'inauguration officielle de l'infrastructure, ce mardi 10 octobre 2023 au dessus de Sainte-Croix. A terme les six eoliennes produiront 22 millions de kilowattheures par annee et permettront d'alimenter l'equivalent de la ville de Sainte-Croix. (KEYSTONE/Valentin Flauraud)
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Es war eine epische Debatte, und hätte Christa Stünzi (GLP, Horgen) nicht irgendwann beantragt, die Rednerliste zu schliessen, der Kantonsrat hätte wohl noch Stunden über den Windkraftvorstoss der SVP gestritten. Obwohl die Fronten schon nach sieben Voten klar waren.

Zu dem Zeitpunkt standen noch rund ein Dutzend weitere Rednerinnen und Redner auf der Liste.

Das Thema war so technisch wie emotional. Die SVP verlangte in einer parlamentarischen Initiative, dass Windkraftanlagen nur zulässig sein sollen, wenn sie mindestens einen Kilometer von bewohntem Gebiet entfernt stehen. Zusatz: «Wo die Bau- und Zonenordnung nichts anderes bestimmt.» Die Gemeinden hätten also aktiv entscheiden müssen, Windräder näher am Siedlungsgebiet zuzulassen.

SVP sagt, es gehe nur um Mitsprache

Es gehe nur darum, ein Mitspracherecht der Gemeinden zu verankern, versuchte Tobias Weidmann (SVP, Hettlingen) die Gemüter präventiv zu beruhigen. Als Erstunterzeichner war er auch der erste Redner. «Es ist schwer zu erklären, warum bei alpinen Solaranlagen die Gemeinden mitentscheiden dürfen, wir dies den Gemeinden aber bei Windkraftanlagen verweigern», sagte Weidmann.

Parteikollege Christoph Marty (Zürich) doppelte nach, «diese monströsen, bis zu 200 Meter hohen Türme» lieferten nicht nur zu wenig Strom, sie würden auch den Wert von Immobilien vermindern und die Landschaft verschandeln: «Wer mit der SVP geht, der wählt auch Landschafts- und Naturschutz.»

Faktisch ein Windkraftverbot, sagen die Gegner

Dass der Vorstoss die Parteien der Klimaallianz in Rage brachte, ist wenig erstaunlich. Die SVP werfe den links-grünen Parteien regelmässig vor, nicht technologieoffen zu sein, sagte Markus Bärtschiger (SP, Schlieren): «Jetzt zeigt sich, wie technologieoffen die SVP ist.» Die Abstandregel sei nämlich nichts anderes als ein Windkraftverbot.

Das hatte auch Baudirektor Martin Neukom (Grüne) dem Kantonsrat vor zwei Wochen erklärt. Er hatte eine Karte erstellen lassen, die zeigte, wo mit einem Tausend-Meter-Mindestabstand überhaupt noch Windräder im Kanton Zürich möglich wären: Abgesehen von einem winzigen Gebiet am Stammerberg nirgends.

Baudirektor Martin Neukom mit der Karte, die zeigt, wo Windkraft überall unmöglich wäre, wenn die Tausend-Meter-Regel ins Gesetz geschrieben würde.

Thomas Forrer (Grüne, Erlenbach) fand, die SVP-Initiative sende «absolut falsche Zeichen» an die Bergkantone: «Warum sollen sie alpine Solaranlagen bewilligen, wenn wir Zürcher nicht einmal ein Windrad aufstellen wollen?» Wind könne im Winter problemlos bis zu acht Prozent des Strombedarfs im Kanton Zürich decken: «Ich verstehe nicht, warum man die einheimischen Energieträger nicht nutzen will.» Dass die Gemeinden kein Mitspracherecht hätten, stimme nicht. Baudirektor Martin Neukom habe zu diesem Zweck ein Dialogverfahren gestartet.

Nathalie Aeschbacher (GLP, Zürich) erinnerte daran, dass die Lärmschutzverordnung auch für Windräder gelte: «Sie definiert den zulässigen Abstand von bewohntem Gebiet.» Im Übrigen hätten die Kantone vom Bund den Auftrag, mögliche Standorte für Windkraftanlagen im Richtplan festzulegen: «Regeln für Mindestabstände verstossen gegen Bundesrecht.»

In der FDP heftig umstritten

Es waren aber nicht nur SP, Grüne, GLP, AL und EVP, die sich gegen den SVP-Vorstoss aussprachen. Nein sagten auch die Mitte und eine grosse Mehrheit der FDP. Letztere hatte sehr kontrovers über den Vorschlag diskutiert, wie Sarah Fuchs (Meilen) offen einräumte. Was dann für viele Freisinnige den Ausschlag gab: «Wir haben bessere Möglichkeiten, die Debatte zu gestalten. Und wir müssen uns dem ‹Not in my backyard›-Thema stellen.»

Die SVP versuchte zu retten, was zu retten war. Eine parlamentarische Initiative sei nur ein Vorschlag, der in der zuständigen Kommission angepasst werden könne, betonte Paul von Euw (Bauma). Und Tobias Weidmann erklärte: «Wir wollen kein Technologieverbot.» Es half nichts, am Ende unterstützten nur 56 Ratsmitglieder den Vorstoss, neben der SVP stimmten 7 Personen aus der FDP sowie je ein Mitglied der Mitte und der EVP dafür. Für eine vorläufige Unterstützung hätte es 60 Stimmen gebraucht.

Einzelne Gemeinden legen selbst Abstand fest

Damit ist die parlamentarische Initiative klar gescheitert – das Thema aber noch nicht vom Tisch. In über zwanzig Landgemeinden laufen Versuche, Mindestabstände in den kommunalen Bauvorschriften zu verankern. Erste Gemeindeversammlungen, etwa jene von Hagenbuch, haben bereits Ja gesagt.

Allerdings müssen Gemeinden Änderungen der Bau- und Zonenordnungen dem Kanton vorlegen. Und Baudirektor Neukom hat bereits klargemacht, dass solche Abstandsregeln gegen übergeordnetes Recht verstossen und deshalb nicht bewilligt werden. Gut möglich ist, dass letzten Endes das Bundesgericht ein Machtwort sprechen muss.