Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Windenergie-Kontroverse im Kantonsrat
Das sagt Neukom zur Kritik an seinen Windkraftplänen

Martin Neukom zeigt, wo Windkraftanlagen bei einem Mindestabstand von 1000 Metern noch möglich wären. Rot heisst: Nicht möglich,
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Das Vorgehen von Baudirektor Martin Neukom (Grüne) in Sachen Windenergie habe in der Bevölkerung grosse Ängste und Verunsicherung geschürt, erklärte SVP-Kantonsrat Paul von Euw aus Bauma am Montagmorgen in der Kantonsratsdebatte.

Diese Ängste und diese Verunsicherung hätten nichts mit dem Vorgehen des Baudirektors zu tun, entgegnete der Stadtzürcher SP-Kantonsrat Nicola Siegrist (SP). «Sondern damit, dass die SVP in den Gemeinden genau diese Ängste bewirtschaft.»

Widerstand in zahlreichen Gemeinden

Beide sprachen damit Vorstösse in zahlreichen Zürcher Gemeinden an, welche einen Mindestabstand der Windkraftanlagen von Siedlungen verlangen. Sie wurden meist von der SVP oder von SVP-nahen Personen eingereicht.

Und weil nicht ganz klar ist, ob diese überhaupt rechtens sind, hat die SVP gleich noch auf kantonaler Ebene eine parlamentarische Initiative eingereicht, welche das Planungs- und Baugesetz so ändern will, dass Windräder ab einer Nabenhöhe von 50 Metern mindestens 1000 Meter von Siedlungsgebieten entfernt sein müssen.

Die Diskussion über diesen Vorstoss wurde allerdings verschoben, weil man zuerst Neukom zuhören wollte. Denn es waren die Antworten des Baudirektors auf eine dringliche Interpellation angekündigt, die mehr Klarheit im Prozess Windenergie verlangte.

Er tat dies kurz und klar und – zusammengefasst – folgendermassen:

Wie wurde das Potenzial von Windenergie ermittelt?

Die Karte der Windgeschwindigkeiten wurde mittels einer computergestützten 3-D-Modellierung und auf der Grundlage von vorhandenen Messwerten erstellt. Danach wurde für jedes Gebiet einzeln ermittelt, was für, was gegen eine Windkraftanlage spricht. Dabei ging es etwa um Faktoren wie Siedlungsverträglichkeit oder Naturschutz. Daraus resultierten bisher 52 Windpotenzialgebiete.

Wie viel Energie könnte Windenergie in Zürich liefern?

Die Windenergie könnte im Kanton Zürich rund 700 Gigawattstunden pro Jahr erzeugen. Das entspricht etwa sieben Prozent des 2050 zu erwartenden Strombedarfs. Davon würden zwei Drittel auf das Winterhalbjahr entfallen. In den kritischen Wintermonaten könnte sie doppelt so viel Strom erzeugen wie alle Zürcher Laufwasserkraftwerke zusammen.

Wie geht die Regierung mit pauschalen Mindestabständen um?

Mindestabstände seien weder nötig noch zweckmässig. Zudem widersprechen pauschale Abstandsvorschriften laut Neukom übergeordnetem Recht. Neukom kündete an, dass bei der Richtplandebatte im Kantonsrat die geeigneten Gebiete einzeln betrachtet würden. Dabei gehe es nicht nur, aber auch um die jeweiligen Mindestabstände von Siedlungsgebieten.

Neukom liess eine Karte erstellen, die aufzeigt, wo bei einem Mindestabstand von 1000 Metern, wie es die SVP forderte, noch Windkraftanlagen infrage kämen: ausser in einem winzigen Gebiet am Stammerberg nirgends.

Weshalb verzögert sich die Auflage der Richtplanrevision zu den Windpotenzialgebieten?

Die Baudirektion hat ihren Entwurf beim Bund zur Vorprüfung eingereicht. Das dauert nun länger als gedacht. Neukom geht davon aus, dass die öffentliche Auflage im zweiten Quartal 2024 erfolgen wird.

Welche Auswirkungen hat eine Windkraftanlage auf die Immobilienpreise?

Laut einer Studie des Beratungsunternehmens Wüest Partner AG, welche diese im Auftrag des Bundes und des Kantons Thurgau erstellt hat, sind die negativen Auswirkungen auf die Immobilienpreise gering. Grundstücke werden nicht oder nur unwesentlich entwertet.

Windpark Verenafohren, Gesamthöhe 199.5 m, Nabenhöhe 134m, Rotordurchmesser 131m, Tengen-Wiechs, 4.11.2022, Foto Dominique Meienberg

Mehr Klarheit

Die Antworten, so fand Barbara Franzen (FDP, Niederweningen), welche diese Interpellation als Erste unterzeichnete, seien insofern befriedigend, weil sie tatsächlich mehr Klarheit brächten.

Es sei aber «eher unschön», dass die Kommunikation der Baudirektion mit den Gemeinden und der Bevölkerung es bisher «an einer gewissen Klarheit mangeln liess».

Vorwärtsmachen

Auch Daniel Rensch (GLP, Zürich) bezeichnete die Kommunikation mit den Gemeinden als «suboptimal». Er betonte aber: «Wir gehen keine unbekannten Risiken ein und sollten die Chance nicht verpassen.»

Der GLP geht das alles ohnehin viel zu langsam: «Wir treten immer noch an Ort und Stelle. Vorwärtsmachen!», verlangte Rensch vom Regierungsrat. Der Planungsprozess soll «sorgfältig, aber auch schnell» ablaufen, verlangte auch Markus Bärtschiger (SP, Schlieren).

Rückzug oder nicht?

Wird denn nun die SVP ihre Initiative, welche faktisch die Nutzung der Windkraft im Kanton Zürich verunmöglicht, zurückziehen? Diese Frage stand im Raum.

Der Bülacher David Galeuchet von den Grünen ging davon aus, dass mit den Antworten des Baudirektors dieser Vorstoss vom Tisch sei. Er verwies darauf, dass bei Tiefenlagern, Flugpisten, Autobahnen oder Kernkraftwerken auch keine solchen pauschalen Abstandsregeln gelten. «Es wird nicht möglich sein, das auf kantonaler Ebene zu bestimmen», ist er überzeugt.

Demnächst im Rat: Nächste Windkraftdebatte

SVP-Kantonsrat Domenik Ledergerber (Herrliberg) machte diese Hoffnung zunichte: «Wir im Kantonsrat sollen über rund fünfzig Gebiete einzeln entscheiden und unterschiedliche Abstände bestimmen? Das ist der Hammer.» Der Baudirektor solle endlich Verantwortung übernehmen. «Es braucht einen Mindestabstand, der für den ganzen Kanton gilt.»

Damit wird wohl am 5. Februar die nächste Windkraftdebatte im Kantonsrat stattfinden.