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Mieter sollen in Windisch weichen
Aargau plant Asylunterkunft – 49 Kündigungen in Wohnhaus

Hier soll Wohnraum für für Asylsuchende entstehen: Zelglistrasse in Windisch.
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Der Kanton Aargau will in Windisch AG eine Unterkunft für rund 100 Personen eröffnen. Der private Eigentümer der drei Liegenschaften hat gemäss Angaben von Windisch den bisherigen 49 Mietenden per Ende Juni gekündigt. Die Gemeinde übt Kritik; der Kanton will «die bestehenden Differenzen nicht über die Medien austragen».

Die Gemeinde habe den Kanton bereits bei einer Besprechung am 17. Februar darauf hingewiesen, dass man es nicht akzeptiere, «wenn für die Unterbringungen von Asylsuchenden Mieterinnen und Mieter auf die Strasse» gestellt würden, teilte die Gemeindekanzlei am Montag mit.

Der Gemeinderat gab sich «zutiefst schockiert» wegen des Vorgehens des Kantons und des Vermieters. Er wehrt sich laut eigenen Angaben «vehement gegen den Rauswurf» der Personen.

Gerade für Personen, die bereits in einer finanziell angespannten Situation seien, werde es schwierig bis unmöglich sein, Wohnraum im niedrigen Preissegment zu finden, hiess es in der Stellungnahme weiter. Windisch grenzt an die Stadt Brugg und zählt 8064 Einwohnende. Der Ausländeranteil beträgt 29,7 Prozent.

Kanton soll auf Plan verzichten

Die Gemeinde will «sich mit allen Mitteln dafür einsetzen, dass die Mieterinnen und Mieter in ihren Wohnungen bleiben können». Der Gemeinderat erwarte vom Kanton, dass dieser auf die Miete der betroffenen Liegenschaften verzichte.

Der politische Druck im Kanton wächst, auf die geplante Asylunterkunft zu verzichten. «Kurzsichtige und bornierte Scheinlösungen sind brandgefährlich», schrieb der Verein Netzwerk Asyl Aargau in einer Stellungnahme. Der Kanton verfüge über keine Strategie, wie er mit den steigenden Asylzahlen umgehen wolle. Der Kanton habe es versäumt, temporäre Kapazitäten einzurichten, die bei Bedarf schnell in Betrieb genommen werden könnten, hielt der eher linke Verein fest. Die Verteilung der Geflüchteten auf die Gemeinden habe sich in der Praxis nicht bewährt.

Auch die GLP wies darauf hin, dass es sich der Kanton bei Windisch «zu einfach mache». Es räche sich, dass der Kanton nicht vorausschauend gehandelt habe. Die kantonale SVP forderte, dass «der genaue Sachverhalt geklärt und analysiert wird». Sie sieht in der Situation ein Beispiel dafür, dass «das Asylwesen komplett aus dem Ruder gelaufen ist». Der für die Asylpolitik im Aargau zuständige Gesundheitsdirektor Jean-Pierre Gallati gehört der SVP an.

Die Liegenschaften gehören gemäss Informationen von Radio SRF einer Aktiengesellschaft mit Sitz in Wollerau SZ. Sie ist gemäss eigenen Angaben in der Bewirtschaftung von Liegenschaften und Wohnungen tätig.

Kanton will Differenzen nicht via Medien austragen

Das Departement Gesundheit und Soziales des Kantons Aargau teilte am Montagabend auf Anfrage mit, dass es um eine reguläre Anmietung zweier Altliegenschaften gehe, deren Sanierung in nächster Zeit bevorstehe und nicht um eine Beschlagnahmung.

Der Kantonale Sozialdienst (KSD) habe am Mittwoch einen Brief des Gemeinderats Windisch erhalten. Der KSD werde den Brief in den nächsten Tagen beantworten. Die bestehenden Differenzen wolle der KSD nicht über die Medien austragen. Nach der Zustellung des Briefs an den Gemeinderat Windisch werde der KSD auch die Öffentlichkeit über den Inhalt des Briefs orientieren.

Diskussionen hat auch ein ähnlicher Fall in Seegräben ZH ausgelöst. Die Gemeinderat kündigte einem langjährigen Mieter eine 5,5-Zimmerwohnung, wie vergangene Woche bekannt wurde. Im der Gemeinde gehörenden Haus sollen Flüchtlinge einquartiert werden.

In Rheinfelden AG leben seit dem vergangenen Jahr rund 450 Kriegsflüchtlinge in der Überbauung Dianapark. Es handelt sich um eine Zwischennutzung.

Die mehr als 170 Mietenden waren jedoch bereits gekündigt und ausgezogenen, als die Liegenschaftsbesitzerin, die Helvetia Versicherungen, dem Kanton die leerstehenden Wohnungen zum Gebrauch ohne Mietkosten zur Verfügung stellte.

Im Aargau besteht Notlage

Mitte Januar hatte der Aargauer Regierungsrat die Notlage im Asylwesen ausgerufen. Er schuf so die rechtliche Grundlage für zusätzliche Unterkunftsplätze. Er stützte sich dabei auf das kantonale Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetz.

Die Gemeinden können verpflichtet werden, unterirdische Sanitätsstellen für die Unterbringung von Geflüchteten zu nutzen. In Birmenstorf und Muri wurden erste unterirdische Anlagen in Betrieb genommen. Der Kanton bereitet weitere Schutzbauten in Lenzburg und Aarau vor.

Falls auch diese Kapazitäten ausgeschöpft sind, können gemäss Regierungsrat «im äussersten Notfall» die Gemeinden sowie Privateigentümer per Beschlagnahmungsverfügung verpflichtet werden, geeignete Liegenschaften zur Verfügung zu stellen.

Man werde jedoch «zurückhaltend und unter Wahrung der Verhältnismässigkeit» mit dieser Möglichkeit umgehen, hielt der Regierungsrat fest.

SDA