Asylverfahren weit wegSVP-Asylpläne sind anderswo gescheitert
Die SVP will Asylverfahren ins Ausland auslagern – nach dem Vorbild Dänemarks. Doch dort wurden die Pläne vor kurzem auf Eis gelegt.
Keine Asylverfahren in der Schweiz: Das fordert die SVP in einem neuen Positionspapier. Der Bundesrat soll prüfen, wie Asylverfahren ins Ausland ausgelagert werden können. Auch andere Staaten verfolgten solche Projekte, argumentiert die SVP, namentlich Grossbritannien, Dänemark und Österreich.
In diesen Ländern ist freilich bislang nichts daraus geworden. Das dänische Parlament hat zwar 2021 ein Gesetz verabschiedet, um Verfahren nach Ruanda auszulagern. Doch dazu kam es nie. Vor wenigen Tagen sagte der dänische Ausländerminister Kaare Dybvad, momentan würden keine Verhandlungen mit Ruanda aufgenommen. Grossbritannien hat seinerseits vor einem Jahr ein Abkommen mit Ruanda unterzeichnet. Laut Experten hat der Deal aber eher symbolische Bedeutung. Fest steht: Bisher wurde kein Asylsuchender nach Ruanda gebracht.
Über die Idee wird auch in der Schweiz nicht zum ersten Mal diskutiert. Der Bundesrat erachtet solche Abkommen als «nicht realistisch», wie er in Stellungnahmen zu SVP-Vorstössen im Parlament schrieb. Zum einen müsste ein Drittstaat bereit sein, Verfahrenszentren in seinem Land einzurichten. Zum anderen müsste dieser Staat garantieren, dass verfahrensrechtliche Standards eingehalten und die Menschenrechte geachtet würden.
Bundesrat: «Nicht durchführbar»
An dieser Einschätzung hat sich laut dem Staatssekretariat für Migration (SEM) nichts geändert: Der Bundesrat sei nach wie vor der Ansicht, dass die Auslagerung von Asylverfahren nicht durchführbar sei, weil sie komplexe rechtliche Fragen aufwerfe und grosse politische und operative Herausforderungen mit sich bringen würde. Auch lasse sich das Problem der irregulären Einreise in den Schengen-Raum und der Wirtschaftsmigration so nicht lösen. Und: Ein solches Abkommen würde internationalen Konventionen widersprechen.
Die SVP widerspricht. Sie macht geltend, die Auslagerung von Asylverfahren sei mit der Genfer Flüchtlingskonvention vereinbar. Als Beweis betrachtet die Partei ein Urteil des Londoner High Court vom vergangenen Dezember. Das Gericht kam zum Schluss, die Partnerschaft zwischen Grossbritannien und Ruanda sei rechtmässig. Allerdings kann das Urteil noch angefochten werden, wie das SEM schreibt.
UNHCR: «Kaum vorstellbar»
Die UNO-Flüchtlingsorganisation UNHCR als Hüterin der Flüchtlingskonvention ist ebenfalls skeptisch. Zwar sei es theoretisch vorstellbar, dass ein Staat seine Verantwortlichkeit auf einen anderen übertrage, sagt Anja Klug, die Leiterin des UNHCR-Büros für die Schweiz. Praktisch sei das aber kaum vorstellbar, wenn man dabei an Staaten wie Ruanda denke. Voraussetzung wäre, dass im betreffenden Land sämtliche Standards eingehalten würden – oder dass die Schweiz die Verfahren vor Ort selber durchführen würde. Beides sei kompliziert und teuer. Das Abschieben von Verantwortung gefährde zudem die internationale Zusammenarbeit.
«Das ist keine Lösung.»
Ähnlich äussert sich Migrationsexperte Eduard Gnesa, der frühere Direktor des Bundesamtes für Migration. Unklar sei auch, was nach dem Asylentscheid geschehen würde, sagt Gnesa – sowohl mit jenen, die Asyl erhielten, als auch mit den anderen. Jene mit positivem Entscheid müssten auf europäische Staaten verteilt werden. Bisher funktioniere allerdings nicht einmal die Entlastung Italiens und Griechenlands. Jene mit negativem Entscheid würden wohl im Land mit dem Verfahrenszentrum bleiben, weil dieses kein Rückübernahmeabkommen mit Herkunftsstaaten habe – im Gegensatz zur Schweiz. Das wäre für das betroffene Land problematisch.
Für Gnesa steht fest: «Das ist keine Lösung.» Weitaus vielversprechender sei der Ansatz, den die Schweiz mit den Migrationspartnerschaften verfolge – Partnerschaften, die auch die Rückübernahme abgewiesener Asylsuchender regeln. Diese würden auf Augenhöhe ausgehandelt und zielten auf die Zusammenarbeit mit den Herkunftsstaaten ab.
Auf harsche Kritik stösst die Idee der Auslagerung von Asylverfahren im linken Spektrum. Die SVP wolle das Asylrecht faktisch abschaffen, sagt SP-Co-Präsident Cédric Wermuth. «Wir werden das Asylrecht durch alle Böden verteidigen.» Es handle sich um ein grundlegendes Recht. Das Ziel sei ein gemeinsames europäisches Asylsystem mit fairer Verteilung. Aus Sicht der SVP dagegen ermöglicht nur ein Paradigmenwechsel echte Verbesserungen.
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