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Alcaraz provoziert die Engländer
«Es wird ein richtig guter Tag für Spanien»

Carlos Alcaraz of Spain reacts as he is interviewed after defeating Daniil Medvedev of Russia in their semifinal match at the Wimbledon tennis championships in London, Friday, July 12, 2024. (AP Photo/Alberto Pezzali)
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Die Unbeschwertheit ist eine der grossen Stärken von Carlos Alcaraz. Wenn er sich so richtig wohlfühlt, probiert er solch verrückte Schläge wie einen Smash-Stoppball. Das kann manchmal total schiefgehen wie nun im Wimbledon-Halbfinal gegen Daniil Medwedew. Doch der Spanier lächelte die peinliche Situation einfach weg. Er hatte das Spiel unter Kontrolle, führte im dritten Satz 5:3 und liess den ohnehin nicht elegant wirkenden Russen mit seinen Stoppbällen und anderen Variationen ungelenk aussehen.

Die Unbeschwertheit kann Alcaraz aber auch in heikle Situationen bringen. Wie im Platzinterview nach seinem souveränen 6:7 (1:7), 6:3, 6:4, 6:4 über Medwedew, als er ungefragt eine Anspielung auf den EM-Final zwischen Spanien und England machte. «Es wird ein richtig guter Tag für Spanien», blickte er auf Sonntag voraus. Und natürlich erntete er Buhrufe. Alcaraz war überrascht über die Reaktion des Publikums und rettete die Situation, indem er anfügte: «Ich sagte ja nicht, dass Spanien gewinnen wird. Ich sagte nur, dass es ein spassiger Tag wird.»

Ein intensiver spanischer Sporttag

Sicher wird es ein intensiver Tag für spanische Sportfans: Um 15 Uhr trifft Alcaraz in Wimbledon in der Reprise des letztjährigen Finals auf Novak Djokovic, um 21 Uhr spielen Spanien und England in Berlin um den EM-Titel. Ob er sich nicht sorge, das Spiel zu verpassen, wollte ein Journalist von Alcaraz wissen. «Zuerst muss ich an meine Arbeit denken», sagte er. «Und erst dann an die EM.» Obschon er ein grosser Fan der spanischen Equipe ist und mit einigen Spielern SMS hin- und herschrieb, könnte er wohl damit leben, wenn er gewinnen und danach die Fussballer verlieren würden.

WIMBLEDON, ENGLAND - JULY 12: Pink meets Carlos Alcaraz on day ten of the Wimbledon Tennis Championships at the All England Lawn Tennis and Croquet Club on July 12, 2024 in Wimbledon, England. (Photo by Stuart C. Wilson/Getty Images for AELTC)

Klar ist aber auch: Auf Alcaraz wartet ein hartes Stück Arbeit. Denn Djokovic hat sich im All England Club auf schon fast wundersame Weise in Form gespielt. 25 Tage vor Beginn des Turniers wurde er in Paris am Meniskus operiert, ein Start in Wimbledon schien für ihn unmöglich. Djokovic entschied sich einige Tage zuvor dafür und hatte das Glück, eine günstige Auslosung zu erwischen. Wirkte er in den ersten Runden noch gehemmt, deutet inzwischen nichts mehr auf seine Knie-OP hin ausser die graue Bandage am rechten Bein. Gegen Lorenzo Musetti (ATP 25) zeigte er sich beim 6:4, 7:6 (7:2), 6:4 souverän.

Damit zog er in seinen 37. Grand-Slam-Final ein, den zehnten in Wimbledon. Nur zwei haben es bisher geschafft, ihn hier im Endspiel zu schlagen: Andy Murray 2013 und Alcaraz 2023. Es war damals ein spektakuläres Duell, in dem der Spanier im fünften Satz nochmals körperliche und mentale Ressourcen anzapfen konnte, um Djokovic zu übertrumpfen.

War Alcaraz damals gegen den siebenfachen Wimbledon-Sieger als Aussenseiter ins Spiel gestiegen, wird er diesmal von den Wettbüros leicht favorisiert. «Es wird sehr interessant werden», blickte er voraus. «Ich bin bereit für diese Herausforderung.» 

Alcaraz, der Problemlöser

Alcaraz hat sich in Wimbledon als exzellenter Problemlöser gezeigt. Wenn es kritisch wurde, wurde er stärker. Gegen Frances Tiafoe (29) lag er in der dritten Runde mit 1:2 Sätzen zurück, gegen Tommy Paul (13) und Medwedew (5) verlor er den ersten Satz. «Am Anfang war ich sehr, sehr nervös», verriet er nach seinem Sieg über den Russen. «Aber nach dem Break zum 3:1 im zweiten Satz konnte ich meine Nerven kontrollieren und mein Spiel spielen. Und dann hatte ich auch mehr Spass.» Andere werden panisch, Alcaraz blüht auf, wenn es heikel wird – deshalb ist er ein Mann für grosse Spiele.

Novak Djokovic of Serbia reacts after defeating Lorenzo Musetti of Italy in their semifinal match at the Wimbledon tennis championships in London, Friday, July 12, 2024.(AP Photo/Kirsty Wigglesworth)

Djokovic kam es entgegen, dass sein Viertelfinal gegen den an der Hüfte verletzten Alex De Minaur ausfiel und er mehr Zeit hatte, sein Knie zu schonen. Es ist offensichtlich, dass er versucht, die Punkte zu verkürzen. Gegen Musetti stürmte er in drei Sätzen 56-mal ans Netz und punktete dabei 43-mal.

Alcaraz ist allerdings deutlich besser auf den Beinen als der Italiener und spielt präzisere Passierbälle. Klar ist: Die beiden Finalisten werden am Sonntag darum ringen, wer die Ballwechsel bestimmt. Und Alcaraz wird möglichst viele Stoppbälle einstreuen, um das Knie von Djokovic zu testen.

Klein Djokovic bastelte einen Wimbledon-Pokal

Der Serbe zog nach dem gewonnenen Halbfinal den Ärger des Publikums mit seinem provokativ anmutenden Geigenjubel auf sich. Erneut wurde gebuht. Doch im Platzinterview punktete der 37-Jährige. «Wimbledon zu gewinnen, war immer mein Kindheitstraum», sagte er. «Ich war ein siebenjähriger Junge in Serbien, als die Bomben über meinen Kopf flogen und ich davon träumte, hier zu gewinnen. Ich bastelte einen Wimbledon-Pokal aus allem, was ich finden konnte.»

Am Sonntag möchte Djokovic den richtigen, golden glänzenden Pokal gern zum achten Mal hochstemmen – und damit mit Roger Federer gleichziehen.