Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Repetitive Tests in Firmen
Wildwuchs in den Kantonen bei der Zertifikat-Vergabe

Wer im Betrieb einen negativen Corona-Test erhält, bekommt ein Zertifikat ausgestellt – aber nicht in allen Kantonen: Pooltest in Zürich. 
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Bundesrat Alain Berset war deutlich: «Es ist überhaupt kein Problem», sagte er in der «Arena» von Ende August. Nur: Die Frage dahinter ist allerdings einigermassen komplex. Ab Oktober sollen Tests nicht mehr gratis sein (lesen Sie hier unseren Kommentar zum Thema). Die Angst: Angestellte, die auf das Zertifikat angewiesen sind, müssten dann regelmässig kostenpflichtig zum Test, damit sie weiterhin normal arbeiten können. Wer bezahlt dann?

Dies zu beantworten, ist nicht so einfach. Das zeigt ein Beispiel eines Start-ups in Zürich. Dessen Chef, der seinen Namen in diesem Zusammenhang nicht in der Zeitung lesen will, beschreibt die Situation folgendermassen: «Meine Mitarbeitenden im Aussendienst müssen zu Kunden und sind deshalb teilweise auf ein Zertifikat angewiesen.»

Bisher war die Situation klar: Die nicht geimpften und nicht genesenen Mitarbeitenden machten die kostenfreien Tests und erhielten so das Zertifikat. Weil nun aber geplant ist, dass man ab Oktober für die Tests bezahlen muss, ergibt sich ein Problem. «Das würde uns auf Dauer Tausende Franken kosten. Geld, das wir als Firma nicht aufbringen können», sagt der Chef.

Er hat entschieden, am Zürcher Programm für repetitive Tests in Firmen teilzunehmen. Die Idee war, dass damit die Zertifikate ausgestellt werden. Für das Bundesamt für Gesundheit ist die Sache klar. «Wer an einem repetitiven Test in einem Betrieb teilnimmt, erhält ein Zertifikat ausgestellt, wenn der Test negativ ausfällt», heisst es aus dem Bundesamt. Die Person müsse jedoch bereits bei der Abgabe des Tests erwähnen, dass sie ein Zertifikat brauche.

Kantone mit unterschiedlicher Haltung

Doch im Kanton Zürich ist dies nicht vorgesehen. Besonders ärgerlich: Auf eine erste Anfrage erhielt der Chef des Start-ups den Hinweis, dass dies dereinst möglich sein soll, wie der E-Mail-Verkehr zeigt, der dieser Zeitung vorliegt. Doch kurz darauf hiess es von den Behörden: Nein, das wird es nicht geben.

Die Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich bestätigt dies auf Anfrage. Die Begründung: «Der Bundesrat hat entschieden, dass ab 1. Oktober das Testzertifikat kostenpflichtig wird. In Übereinstimmung mit diesem Entscheid werden im Kanton Zürich im Rahmen des repetitiven Testens über den kantonalen Anbieter keine Zertifikate ausgestellt.» Das repetitive Testen sei eine primäre Schutzmassnahme für den Arbeitsplatz. Die Gesundheitsdirektion verweist auf die kostenlose Impfung.

«Als das repetitive Testen eingeführt wurde, war das Covid-Zertifikat noch kein Thema.»

Departement Gesundheit und Soziales Kanton Aargau

Eine Kurzumfrage bei mehreren Kantonen in der Deutschschweiz zeigt: Zürich ist kein Einzelfall. Auch in Baselland ist dies nicht möglich. Ebenfalls nicht möglich ist das Erlangen eines Zertifikats in den Kantonen St. Gallen und Aargau. Doch dort wird nun darüber diskutiert, dies einzuführen. Es müssten noch technische Fragen geklärt werden, heisst es auf Anfrage beim Kanton Aargau. Und: «Als das repetitive Testen eingeführt wurde, war das Covid-Zertifikat noch kein Thema.»

Werden individuelle Tests kostenpflichtig, potenziert sich der Ärger der Betroffenen, dass nach negativen Pooltests kein Zertifikat ausgestellt wird. 

Grundsätzlich scheint die Komplexität dieser Testungen ein Hindernisgrund zu sein. Im Kanton Basel-Stadt ist es bereits möglich, wenn auch relativ aufwendig. Betriebe, die ihren Mitarbeitenden diese Zusatzoption anbieten möchten, müssen sich dafür anmelden. Danach erfolgt ein schriftliches Briefing mit allen benötigten Unterlagen.

Die Betriebe müssen eine verantwortliche Person definieren, welche die Identität der Personen, die ein Zertifikat wollen, überprüft. Und die Mitarbeitenden müssen vor dem Test bereits angeben, ob sie ein Zertifikat wünschen oder nicht. Danach folgt eine Identitätsprüfung. Erst dann ist diese Option für sie freigeschaltet.

Im Kanton Bern wurde das repetitive Testen in den Firmen aufgegeben. Allerdings gibt es Ausnahmen: Gesundheitsinstitutionen, sozialmedizinische Einrichtungen und tertiäre Ausbildungsstätten können weiterhin repetitiv testen. Da wird dann nach vormaliger Anmeldung auch ein Zertifikat ausgestellt.

«Der Bundesrat muss hier reagieren, damit dies breitflächig ermöglicht wird», sagt FDP-Nationalrat Marcel Dobler. Er hat deshalb eine Anfrage an den Bundesrat platziert und hofft darauf, dass es eine baldige Lösung des Problems gibt.

Kippt der Bundesrat seinen Entscheid?

Das Problem würde sich entschärfen, wenn der Bundesrat entscheiden würde, die Einführung der kostenpflichtigen Tests zu stoppen. Zumindest darüber diskutiert er diese Woche am Freitag. Bei SP, SVP und Grünen sind die Meinungen gemacht: Es brauche weiterhin kostenlose Tests. Und auch bei der Mitte gibt es wohlwollende Stimmen dazu. Die Frage, ob mit einem solchen Entscheid die steigende Impfbereitschaft abgewürgt würde, dürfte in der Meinungsbildung des Bundesrats eine entscheidende Rolle spielen.

Doch selbst wenn der Bundesrat seine Meinung ändern sollte, gibt es ein Problem: In jenen Kantonen, die nach negativen Pooltests kein Zertifikat ausstellen, werden dann weiterhin Gratistests gemacht. Gratis sind die aber nur für die Getesteten – die Kosten trägt die öffentliche Hand, also die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler.