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Frisuren von Rechtspopulisten
Zu welchem Coiffeur gehen diese Herren?

Geert Wilders, Javier Milei, Boris Johnson, Donald Trump (im Uhrzeigersinn): Ein spezieller Look.

Der spanische Schriftsteller José Irimia Barroso schreibt auf X (ehemals Twitter): «Ausserirdische würden denken, Rechts­populismus habe etwas mit der Frisur zu tun.» Dazu stellt er je ein Porträt des künftigen argentinischen Präsidenten Javier Milei, des unerwarteten niederländischen Wahlsiegers Geert Wilders, des ehemaligen britischen Premiers Boris Johnson sowie des ebenfalls ehemaligen – und vielleicht auch künftigen – US-Präsidenten Donald Trump.

Die Collage verdeutlicht, dass die vier Politiker neben ideologischen Gemeinsamkeiten auch ein äusserliches Merkmal teilen: ihre – formulieren wir es mal nett – zur Extravaganz tendierende Frisur.

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Artikel über den Zusammenhang zwischen Haarpracht und ideologischer Gesinnung, insbesondere bei populistischen Politikern, sind spätestens mit dem Wahlsieg von Donald Trump im November 2016 zu einem beliebten journalistischen Genre geworden – einem Genre, bei dem Betrachtungen über Frisierkunst, Stil, Politmarketing, Psychologie, Kulturgeschichte und anderen spannenden Themen wirbeln wie die Kegel eines Jongleurs.

Die Frisur als politisches Manifest

Während die spanische Zeitung «El País» kürzlich über die «Frisur als politisches Manifest» nachgedacht hat, mutmasst der «Spiegel» in einer seiner jüngsten Ausgaben, «was Rechtspopulisten mit ihren Frisuren verraten». Um die «Rolle der Frisur in der Selbstinszenierung der Politiker» ging es 2021 im österreichischen «Standard», während die deutsche «Welt» schon fünf Jahre zuvor die Frage aufgeworfen hatte, «warum rechte Populisten auf bizarre Frisuren stehen». Jene von Trump charakterisierte die Zeitung als «aufgewellten, gefärbten Klappscheitel».

Obwohl einige Erkenntnisse aus der haarpsychologischen Forschung mittlerweile konsolidiert sind, liest man sie immer wieder gerne. Zum Beispiel, dass Haare und Frisur – wie auch die Kleidung – wichtig für die individuelle Identität sind und oft ein bedeutendes Distinktionsmerkmal darstellen, um Zugehörigkeit zu einer Gruppe zu signalisieren.

Der Look eines Ausserirdischen? Das nahm ein Silvio Berlusconi in Kauf.

Oder die Aussagen des spanischen Soziologen und Politologen Luis Arroyo: Ein dichter männlicher Haarschopf stehe traditionellerweise für viril-jugendliche Tatkraft, weshalb Politiker wie der verstorbene italienische Ex-Premier Silvio Berlusconi, für den genau dieses Image zentral war, eher früher als später zur Transplantation schreiten. Das Risiko, danach an eine ausserirdische Figur aus der Serie «Star Trek» zu erinnern, nehmen sie, siehe Berlusconi, als Kollateralschaden in Kauf.

epa10250908 Leader of 'Forza Italia' Silvio Berlusconi speaks to journalists as he leaves the parliamentary groups at the Chamber of Deputies, in Rome, Italy, 18 October 2022.  EPA/MAURIZIO BRAMBATTI

Und klar, Digitalisierung, soziale Medien und Ähnliches erleichtern es, einen Kopf in eine «grafische Ikone» zu transformieren, die funktioniere wie ein «digitales Gadget». Das sagt jemand, der es aus eigener bitterer Erfahrung wissen muss: Antoni Gutiérrez-Rubí, ein PR-Berater des argentinischen Präsidentschaftskandidaten Sergio Massa. Also jenes Politikers, der mit seiner «normalen» Frisur gegen Javier Milei verloren hat.

Aber was bedeutet dies nun für die Köpfe des Rechtspopulismus? Zunächst einmal: Nicht jeder Politiker, den man gemeinhin zu dieser Gattung zählt, fällt durch seine Frisur auf. Matteo Salvini von der italienischen Lega, der deutsche AfD-Spitzenpolitiker Tino Chrupalla, der Brexit-Brite Nigel Farage, der brasilianische Ex-Regierungschef Jair Bolsonaro: Es gibt Gegenbeispiele. Aber das Quartett Trump-Milei-Wilders-Johnson ist schon sehr auffällig. Einen rechtspopulistischen Exponenten, der seine Haare noch um einiges extravaganter – oder besser: bescheuerter – als die vier trägt, präsentieren wir übrigens am Ende dieses Artikels.

Der Anschein harmloser Verspieltheit

Die politologische Theorie des rechtspopulistischen Haarschnitts lässt sich so zusammenfassen: Die unbekümmerte Zerzaustheit, das widerspenstig Verstrubbelte, der Look des Soeben-dem-Bett-Entstiegenen sollen den Widerstand der Rechtspopulisten gegen Ordnung, System, Institutionen und Establishment symbolisieren. Und sie sollen den antidemokratischen Umtrieben dieser Ideologie den Anschein harmloser Verspieltheit verleihen. «Der Rechtspopulismus stellt seine Wirrköpfigkeit inzwischen offen zur Schau. Er grenzt sich damit vom klassischen Konservatismus ab», schreibt der «Spiegel».

Könnten die Trump-Johnson-Milei-Wilders-Frisuren sprechen, würden sie Dinge sagen wie: «Die Ordentlichen und Etablierten können uns mal. Wir sind genauso authentisch, volkstümlich, ungebändigt und unkonventionell wie unsere Träger.»

Zugleich distanzieren sich die Rechtspopulisten von der haarigen Anti-Establishment-Tradition der Linken, die sich anhand dieser Aufnahme des spanischen Linkspopulisten Pablo Iglesias veranschaulichen lässt:

epa08532172 Spanish Second Deputy Prime Minister, Pablo Iglesias, adjustes his hair as he addresses a press conference after the Cabinet's meeting at La Moncloa Palace, in Madrid, Spain, 07 July 2020. Government was to pass some measures to deal with crisis caused by coronavirus pandemic.  EPA/J.J. GUILLEN

Sehen Sie den Unterschied? Bei Iglesias, dem früheren Anführer der Bewegung Podemos, sind die Haare einfach lang. Und fertig. Hingegen hat die Zeitschrift «Brigitte» als eines von weltweit vielen Magazinen schon vor Jahren darüber gerätselt, was Donald Trump wohl für seine Frisur verwendet: «Nur eine grosse Menge Haarspray? Oder vielleicht doch ein Toupet?» So oder so bedingt das Mysterium auf Trumps Schädel laut der Frauenzeitschrift «eine aufwendige Morgenroutine» und «eine ausgeklügelte Methodik» beim Bürsten.

Viel Aufwand, um nicht einfach doof auszusehen

Im österreichischen «Standard» war vor gut zwei Jahren das Expertenwissen eines Psychotherapeuten namens Klaus Ottomeyer gefragt, um die tägliche Genese von Boris Johnsons Frisur zu analysieren: Der Brite wolle mit seinen Strubbelhaaren als authentisch wirkender blonder Lausbub rüberkommen. Er inszeniere sich so, als sei er gerade aus dem Bett gekrochen. «Damit man nicht einfach doof aussieht, kostet es viel Zeit vor dem Spiegel, um so eine drapierte Wuschelfrisur hinzubekommen», sagt Ottomeyer. 

Die meisten Rechtspopulisten gehören selbst jenem Establishment an, das sie im Namen des angeblich wahren Volkes bekämpfen. Denselben Widerspruch, dieselbe unfreiwillige Selbstironie tragen sie auf dem Kopf, weil das vermeintlich Antielitäre ihrer Frisuren durch eine aufwendige, teure und demzufolge elitäre Prozedur zustande kommt.

Die divenhafte Inszenierung der Haarpracht ist laut Ottomeyer «wie eine karikatureske Wiederkehr des Verdrängten». Karikaturesk ist ein gutes Stichwort für den estnischen Politiker Rain Epler, der laut der britischen Zeitung «Star Daily» den «schlimmsten Haarschnitt aller Zeiten» trägt. Würden Sie diesem Mann Ihre Stimme geben? Oder ihn zumindest nach dem Namen seines Coiffeurs fragen?

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