Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Windows 10/Windows 11
Wie Microsoft uns Nutzern seinen Browser aufnötigt

Microsoft greift zu unfeinen Tricks, damit die Nutzer vermehrt Edge anstelle der Konkurrenz-Browser von Google und Mozilla verwenden.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

«Komm schon, Microsoft – ich dachte, die Tage des Evil Empire seien gezählt!», empört sich Mary Jo Foley. Als Journalistin verfolgt sie den Softwarekonzern seit mehr als dreissig Jahren, und sie fühlt sich offensichtlich an jene Zeit zurückerinnert, als Microsoft sich die harten Bandagen überstülpte, um die Konkurrenz aus dem Markt zu drängen.

Nicht nur sie: Es ist unübersehbar, dass Microsoft seinem eigenen Browser Edge zu einem grösseren Marktanteil verhelfen will und für diesen Zweck zu Mitteln greift, die man diplomatisch als unfein bezeichnen würde. Etwas weniger zurückhaltend formuliert, muss man konstatieren, dass Microsoft seine Möglichkeiten als Betriebssystemhersteller auf ähnlich schamlose Weise ausnutzt, die gemeinhin Wettbewerbsklagen zur Folge haben.

Windows foutiert sich um den Standardbrowser

Zu diesen Mitteln gehört erstens, dass Microsoft seinen eigenen Browser prominent über die Startseite der Systemeinstellungen anbietet und über die Formulierung «Empfohlene Einstellungen» suggeriert, der Nutzer könnte mit der Ausübung seines Rechts auf Wahlfreiheit etwas Falsches tun.

Das ist ein Beispiel für ein «Dark Pattern»: So nennen Experten Benutzerdialoge und Designs, die mit der Absicht entworfen wurden, den Nutzer zu einer Handlung zu verleiten, die er womöglich gar nicht will.

Zweitens ignoriert Microsoft in einigen Fällen die Vorgabe zum Standardbrowser. Die sollte es den Windows-Nutzern erlauben, frei zu wählen, welche Programme sie verwenden wollen – namentlich Google Chrome, Firefox oder einen Browser anstelle des mit Windows gelieferten Surfprogramms Edge. Doch wenn der Nutzer über das Suchfeld der Taskleiste auf ein Webresultat stösst, wird das nicht im Standardbrowser geöffnet, sondern in Microsofts eigenem Browser.

Auch die im Juni 2021 eingeführte Funktion «Neuigkeiten und interessante Themen», die über die Taskleiste von Windows 10 Nachrichten, Verkehrs- und Wetterinformationen anzeigt, leitet den Nutzer an Edge weiter. Desgleichen verfährt die Widget-Ansicht von Windows 11.

In Windows 10 können sich Nutzer, die sich von Microsoft bevormundet fühlen, mit einem kleinen Programm behelfen. Es heisst Edge Deflector, ist kostenlos im Web erhältlich und leitet die explizit für Edge gedachten Aufrufe an den vom Nutzer beziehungsweise der Nutzerin bestimmten Standardbrowser um – wie Sie das Programm in Betrieb nehmen, ist im Kasten erklärt.

Während Edge Deflector bei Windows 10 noch funktioniert, hat Microsoft in Windows 11 nun eine Änderung vorgenommen, die dieses Programm lahmlegt – der Saboteur wurde selbst sabotiert, könnte man sagen. «Die halbe Million Edge-Deflector-Nutzerinnen und -Nutzer waren für Microsoft kaum mehr als ein kleines Ärgernis», vermutet der Entwickler der Software, Daniel Aleksandersen. Was mehr ins Gewicht fällt, ist der Umstand, dass einige der Konkurrenzbrowser eine ähnliche Funktionsweise erhalten sollen. Die Hersteller der beiden auf Datenschutz getrimmten Browser Firefox und Brave haben bereits entsprechende Ankündigungen gemacht.

Eine Kampfansage an die Windows-Hacker

Die eingangs erwähnte Mary Jo Foley hat von Microsoft ein Statement zu dieser Änderung erhalten, die sich nur als Kampfansage an alle Entwickler verstehen lässt, die etwas Ähnliches planen wie Daniel Aleksandersen: «Windows lässt Anwendungen und Dienste Dritter zu, auch Webbrowser. Gleichzeitig wollen sowohl Windows 10 als auch Windows 11 bestimmte Kundenerlebnisse möglich machen: Die Suchfunktion in der Taskleiste ist ein Beispiel für ein solches Erlebnis, das nicht umgeleitet werden sollte. Wenn wir von einer unsachgemässen Umleitung erfahren, geben wir einen Fix heraus.»

Schliesslich erschwert es Microsoft in Windows 11, den Standardbrowser zu ändern. Bei Windows 10 legt die Anwenderin ihre Vorlieben in den Einstellungen unter «Apps» in der Rubrik «Standard-Apps» fest, wo bei «Webbrowser» die installierten Programme zur Auswahl vorgeschlagen werden. Bei Windows 11 fehlt diese Option – um Änderungen vorzunehmen, muss man über das Suchfeld bei «Standards für Anwendungen festlegen» nach «Edge» suchen, den daraufhin erscheinenden Eintrag anklicken und dann für ein Dutzend Protokolle und Dateitypen die Auswahl abändern: Das ist nichts anderes als Schikane.

Nutzerinnen und Nutzer, die sich in Windows 11 von Edge abwenden wollen, bekommen von Microsoft eine Menge Steine in den Weg gelegt.

Ein Zeichen setzen!

Fazit: Bei Windows 10 kann man Edge Deflector allein deswegen installieren, um ein Zeichen zu setzen. Gut möglich allerdings, dass Microsoft diesem Programm auch hier einen Riegel vorschieben wird.

Es bleibt, die Funktionen nicht zu nutzen, die Microsoft dazu benutzt, uns Edge aufzudrängen. Eine hervorragende Alternative zur Suche über die Taskleiste ist das Schweizer Programm Ueli, das wir im Beitrag «Warum sind diese Schweizer Apps nicht populärer?» ausführlich vorstellen.

Rainmeter zeigt Informationen auf dem Desktop an, ohne dass man dafür den Edge-Browser benötigen würde.

Zu den Widgets in Windows 11 bzw. der «Neuigkeiten und interessante Themen»-Anzeige von Windows 10 gibt es bislang keine direkte Ausweichlösung. Eine Möglichkeit eröffnet sich allerdings mit dem Programm Rainmeter, das den Desktop für kreative und individuelle Anpassungen öffnet, die auch ausgesprochen informativ sein können. Allerdings ist hier der Wille zum Tüfteln gefragt. Wir stellen Rainmeter im Beitrag «Die besten Tricks für maximale Individualität in Windows» vor.

Digitale Lebenshilfe nötig? Matthias Schüssler hat Tipps und Tricks zur souveränen Bewältigung des digitalen Alltags: Zur Übersicht. Wenn Sie selbst ein Anliegen haben, teilen Sie es uns über einen Kommentar mit oder schreiben Sie ein E-Mail. Bitte haben Sie aber Verständnis, dass wir nicht alle Anfragen direkt beantworten können.