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Von Kopf bis Fuss: Alternative zu weissem Zucker
Wie gesund ist Birkenzucker?

Neue Entdeckung: Im Hotel in Südfrankreich blieb unserer Autorin weisser Zucker versagt.
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Zurzeit geniesse ich einige Ferientage in Südfrankreich. Als ich nach dem Abendessen im Hotel nach einem Päckchen Zucker für meinen Espresso bat, wurde mir mitgeteilt, dass man keinen klassischen «weissen» Zucker mehr verwende, sondern ein Produkt namens «Natsuc». Die modern gestylten Beutelchen glichen den altbekannten Zuckersäckchen aufs Haar. Und als ich den weissen, leicht körnigen Inhalt in den Kaffee rührte, schmeckte er genau so, wie ich es mir gewohnt war. 

«Sweet by nature» steht unter dem Logo des Produkts, es sei also «von Natur aus süss». Das werde aus Birkenrinde gemacht, erklärte mir die Serviceangestellte. Ich süsste also meinen Espresso mit Natsuc, und er schmeckte wie gewohnt. Meinen morgendlichen Tee mag ich übrigens noch stärker gesüsst als den Kaffee. Also süsste ich ihn mit zwei Päckchen des Birkenzuckers. Er schmeckte hervorragend. Dies im Gegensatz zu vielen anderen, natürlichen Zuckervarianten – wie Stevia oder Ahornsirup –, die ich bereits ausprobiert habe. Künstlicher Zucker wie Assugrin, welches Cyclamat und Saccharin enthält, kommt mir nicht mehr in die Tasse, nachdem er mir bereits vor 20 Jahren nicht wirklich geheuer war, als Linienbewusste nicht nur ihre Heissgetränke damit süssten, sondern flüssiges Assugrin sogar zum Backen verwendeten. Zudem können Süssstoffe Heisshunger auslösen und zu Unruhe, Migräne und Stimmungsschwankungen führen.

Wer hats erfunden und was steckt drin?

Im Hotelzimmer lag dann eine Informationsbroschüre zu diesem wohlschmeckenden süssen Ersatz: «Die Alternative zu Zucker, gesund, lecker, natürlichen und pflanzlichen Ursprungs. Alle Vorteile von Zucker ohne die Nachteile», hiess es da auf Französisch. Auf der Webseite von Natsuc sah ich, dass dies ein Markenname ist, unter dem in Frankreich der Zuckerersatz vermarktet wird, der bei uns als Xylit bekannt ist.

«Alle Vorteile von Zucker ohne die Nachteile»: So bewirbt der Natsuc-Hersteller seinen Birkenzucker.

Über die französische Marke erfuhr ich, dass dieser «Holzzucker», wissenschaftlich Xylose genannt, vom deutschen Chemiker Hermann Emil Fischer 1890 entdeckt wurde und er dafür 1902 den Nobelpreis für Chemie erhielt. In den Sechzigerjahren wurde Xylit in einigen Ländern, darunter auch in der Schweiz, populär für Diäten. In den Siebzigern stellten finnische Zahnmediziner fest, dass sich natürlicher Birkenzucker positiv auf die Gesundheit der Zähne auswirkt. Und während 100 Gramm normaler Haushaltszucker 400 Kalorien hat, kommt Birkenzucker nur auf 240 Kalorien.

Der Stoff ist nicht kariesfördernd, kalorienarm und belastet den Insulinspiegel nicht, wirkt bei grösseren Mengen aber blähend und abführend.

Hergestellt wird Natsuc in Finnland aus Birkenrinde, heisst es in den französischen Unterlagen. Offenbar ist das aber längst nicht bei allen Produkten so, die als Xylit verkauft werden. Xylit werde zwar aus pflanzlichen Rohstoffen gewonnen, von «natürlichem» Zuckerersatz könne aber nicht die Rede sein, schreibt etwa die deutsche Verbraucherzentrale: «Xylit wird in der Regel nicht aus Birkenholz, sondern aus Stroh oder Maiskolbenresten gewonnen.» Die industrielle Herstellung von Xylit erfolge mit Säuren und Laugen. Der Stoff sei nicht kariesfördernd, kalorienarm und belaste den Insulinspiegel nicht, wirke bei grösseren Mengen aber blähend und abführend. Ähnlich schätzt die grosse deutsche Krankenkasse AOK Xylit ein und schreibt dazu: «Richtig eingesetzt kann Xylit eine Alternative zu normalem Haushaltszucker sein. Eine Entwöhnung von Süsse erfolgt durch Zuckerersatzstoffe jedoch nicht.» 

Finnischer Zucker in der Schweiz

Ist dieses Natsuc also doch nicht natürlich? Der Birkenzucker stamme aus einer ökologischen Produktionskette in Finnland und werde zu 100 Prozent aus Birkenrinde gewonnen, so der Hersteller. Das mit der Bezeichnung E967 gekennzeichnete Xylitol könne dagegen auch synthetisch oder aus anderen Pflanzen hergestellt sein. Für Natsuc werde Birkenrinde geerntet und in dünne Streifen geschnitten. Das in der Rinde enthaltene Xylitol, eben der «Holzzucker», werde durch Hydrolyse extrahiert. 

Da es das französische Produkt in der Schweiz nicht gibt, machte ich mich online auf die Suche nach natürlichem Birkenzucker, der bei uns käuflich ist. Und ich wurde fündig. Als natürlicher «Original Birkenzucker aus Finnland» wird etwa ein Produkt namens Xyli7 von verschiedenen Shops angeboten. Auch von der deutschen Marke Raab Vitalfood gibt es Birkenzucker aus Finnland und der Schweizer Bioanbieter SamaraNatura hat «100 Prozent reinen» Birkenzucker aus Finnland im Programm.

Ich werde nun mal zu Hause solchen natürlichen Birkenzucker für verschiedene Sachen ausprobieren. Was ich bereits weiss: Für Hefegebäcke kann man ihn nicht verwenden. Zudem ist der Zucker für Hunde gefährlich: Er kann bei Tieren zu einem rapiden Abfall des Blutzuckerspiegels führen.