Wie die Industrie ihren CO2-Ausstoss senkt
Der Schweizer Industrie drohen wegen der Treibhausgasemissionen neue Abgaben. Zahlreiche Unternehmen reagieren nun mit freiwilligen Massnahmen.
Kein Thema ist so stark mit der Klimadebatte verbunden, wie der Ausstoss des Treibhausgases Kohlenstoffdioxid (CO2). Dieses entsteht durch die Verbrennung fossiler Treibstoffe wie Kohle, Erdöl und Erdgas. Bis zum nächsten Jahr will die Schweiz den Treibhausgasausstoss gegenüber 1990 um 20 Prozent senken.
Die Schweizer Industrie ist für knapp ein Viertel der Treibhausgas-Emissionen im Land verantwortlich – Verkehr und Gebäude nicht mitgerechnet. Der Bund setzt darauf, dass die Unternehmen mit freiwilligen Massnahmen ihren Ausstoss an unerwünschten Klimagasen reduzieren.
Mit der CO2-Lenkungsabgabe verteuert der Bund den Verbrauch von fossilen Energieträgern. Der Ausstoss von Kohlenstoffdioxid wird derzeit mit 96 Franken pro Tonne in Rechnung gestellt. Energieintensive Firmen können sich zurzeit von der Lenkungsabgabe befreien. Sie müssen im Gegenzug jedoch Emissionspapiere erwerben. Die Unternehmen können sich auch verpflichten, ihren CO2-Ausstoss gemäss einer Zielvorgabe zu senken.
Bund will Lenkungsabgabe erhöhen
Im Zeitalter der demonstrierenden Klimajugend zeigt sich auch die Politik zunehmend bereit, mit Gesetzesverschärfungen den Treibhausgasausstoss einzuschränken. Der Bundesrat plant beispielsweise eine Anhebung der Lenkungsabgabe auf 210 Franken. Und bald könnte auch eine CO2-Abgabe auf Flugtickets mehrheitsfähig sein. Im Dezember hat das Parlament eine solche Massnahme noch abgelehnt.
Neue Belastungen drohen der Industrie auch mit der Erweiterung der Lenkungsabgabe auf allen fossilen Energieträgern. Damit würden neben den Brennstoffen künftig auch die Fahrzeugtreibstoffe von der CO2-Steuer erfasst. Der Verband der Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie Swissmem befürwortet eine solche Lenkungsabgabe.
In der Industrie ist wegen der zunehmenden finanziellen Belastung des CO2-Ausstosses ein Umdenken im Gang. Zahlreiche hiesige Unternehmen ergreifen freiwillige Massnahmen, um ihre Emissionen einzuschränken.
Dätwyler produziert in Uri CO2-neutral
Die Unternehmensgruppe Dätwyler stellt im Kanton Uri mit 900 Mitarbeitern in zwei Fabriken Dichtungen für Nespresso-Kapseln, Autokatalysatoren und Spezialkabel her. Wie dem Nachhaltigkeitsbericht zu entnehmen ist, produziert Dätwyler seit Dezember 2018 in der Schweiz vollständig CO2-neutral. Möglich wurde dies durch die Umstellung aller Energiequellen der beiden Fabriken.
Der Strom für die Dichtungsfabrik in Schattdorf und die Kabelfabrik in Altdorf stammt vollständig aus Wasserkraft des lokalen Elektrizitätswerks. Die Energie zum Heizen und für die Produktion kommt aus einem Holzheizwerk. «Dadurch können wir vollständig auf Heizöl verzichten. Insgesamt sparen wir durch die Nutzung von Wasserkraft und Holzheizung jährlich rund 4600 Tonnen CO2 ein», sagt Dätwyler-Chef Dirk Lambrecht. Die Einsparungen entsprechen dem Ausstoss von 2400 Autos in einem Jahr – bei der Annahme, dass ein Fahrzeug in dieser Zeit rund 10'000 Kilometer zurücklegt.
V-Zug macht interne CO2-Emissionsvorgabe
Auch die Metall Zug Gruppe hat sich zum Ziel gesetzt, den CO2-Ausstoss deutlich zu reduzieren. Zum Industriekonglomerat gehören unter anderem der Haushaltgerätehersteller V-Zug und der Kabelverarbeiter Schleuniger aus Thun. Da bei der Produktion der Firmen Prozesse mit hohen Temperaturen von über 800 Grad Celsius anfallen, ist eine komplett emissionsfreie Herstellung derzeit kostengünstig nicht erreichbar. Daher strebt das Unternehmen eine Minimierung an. «Um die Geschäftsbereiche zu motivieren, nachhaltige Entscheide zu treffen und nachhaltige Projekte zu fördern, wird der CO2-Ausstoss der einzelnen Produktionsgesellschaften seit 2018 mit einer internen Abgabe belegt», erklärt Julia Häcki, Nachhaltigkeitsverantwortliche bei Metall Zug. Die Abgabe betrage 120 Franken pro Tonne. Sie fällt zusätzlich zur offiziellen Lenkungsabgabe des Bundes auf Brennstoffen an und umfasst zudem auch Treibstoffe von Geschäftsfahrzeugen. Diese werden vom Bund derzeit nicht besteuert.
Laut Julia Häcki fliessen die Erlöse aus der CO2-Abgabe in einen internen Fonds. «Die Gelder werden innerhalb eines Zeithorizonts von maximal zehn Jahren ausschliesslich zweckgebunden für klimaschutzwirksame Massnahmen und Projekte verwendet», sagt Häcki.
In den vergangenen zehn Jahren hat Metall Zug zahlreiche Massnahmen zur nachhaltigeren Energieversorgung unternommen. So wurde am Hauptsitz in Zug vor sechs Jahren die damals grösste private Solaranlage des Kantons in Betrieb genommen. Weiter nutzt das Unternehmen die Abwärme des Rechenzentrums und setzt neben Biogas auf weitere lokal erneuerbare Energiequellen wie Grund- und Seewasser.
LafargeHolcim entwickelt neuen Zement
Einer der grössten Verursacher von Treibhausgasen ist die Zementindustrie. Zum einen werden bei der Herstellung des Baustoffs aus Kalkstein grosse Mengen an Kohlenstoffdioxid freigesetzt. Zum anderen benötigt der Prozess viel Energie. Für die Produktion braucht es in den Öfen eine Hitze von bis zu 2000 Grad Celsius.
Der weltweit grösste Zementhersteller LafargeHolcim hat gegenüber 1990 den Ausstoss an CO2 pro Tonne Zement um ein Viertel reduziert. Das geschah durch den vermehrten Einsatz von alternativen Brennstoffen anstelle von Kohle und Öl. So nutzt LafargeHolcim beispielsweise auch Haushaltsabfall und Plastik, um die Brennöfen zu heizen und Rohmaterialien zu ersetzen.
Der Konzern veränderte aber auch die Zusammensetzung des Zements. «Wir reduzieren den Anteil des CO2-verursachenden Klinkers laufend», sagt Edelio Bermejo, Forschungschef von LafargeHolcim. Dank neuen Produktionsmethoden und substituierenden Rohstoffen wie Flugasche oder Abfallschlacke aus der Stahlproduktion könne der Klinkeranteil verringert werden.
Die Bemühungen der Unternehmen zeigen Wirkung. Der Industriesektor hat nämlich das vom Bund vorgegebene Reduktionsziel für Treibhausgasemissionen von 15 Prozent bis 2020 bereits erreicht. Beim Gesamtbild der Schweiz sieht es weniger gut aus. Die Emissionen liegen insgesamt nur rund 12 Prozent tiefer als 1990.
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