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Schweizer Handballerin
Wie Charly nach Buxtehude kam

Sprungkraft im hohen Norden: Charlotte «Charly» Kähr im Dress von Buxtehude.
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Zur Hauptprobe gab es letztes Wochenende Zielwasser à discrétion. 104 Tore verbuchten die Schweizer Frauen am Vierländerturnier in Spanien, die 41 Treffer gegen Tunesien waren Allzeitrekord. Gut, aber kein Grund zur Euphorie, sagt Charlotte Kähr vor dem EM-Start: «Am wichtigsten wird, dass wir von Beginn weg an uns glauben. Sonst werden wir überrollt.»

Sie selbst wird sicher an sich glauben. Das tat sie schon früh. Zarte 20 war die Zürcherin, als sie sich entschloss, den LK Zug zu verlassen, in Richtung Ausland. Sie war mit den Zentralschweizerinnen Meisterin und Cupsiegerin geworden und zur MVP der Saison gekürt worden. Das weckte auch internationale Begehrlichkeiten, und weil sie gerade auch die Berufsmatura abgeschlossen hatte, war ihr klar: «Es ist der perfekte Moment.»

Eigentlich ist sie eine Spätzünderin. Ihre erste sportliche Liebe gehörte dem Kunstturnen, darauf folgte das Sportklettern, bei den U-12 gewann sie mehrere Meistertitel. In Handballhallen war sie zwar oft, aber dass ihr Bruder spielte, löste eher eine Konterreaktion aus. «Ich wollte andere Sachen machen als mein Bruder», sagt sie. Sie lacht bei der Frage, ob sie ein kleiner Trotzkopf gewesen sei: «Das kann man vielleicht so sagen.»

Der Leistungssprung dank dem OYM

Als sie von der Handballliebe erfasst wurde, gab es aber kein Zurück. Sie zählte zu den Pionierinnen des Projekts im OYM in Cham, dem Forschungs- und Leistungszentrum von Hans-Peter Strebel, dem Präsidenten des EV Zug. Es sei eine wichtige Etappe gewesen, erinnert sich Kähr: «Der Austausch mit den unterschiedlichsten Sportlerinnen und Sportlern, die alle im gleichen Gebäude das gleiche Ziel verfolgten, war bereichernd.» Sie absolvierte neben der Berufsmittelschule zehn Einheiten pro Woche – ein Halbprofipensum.

Aktuell trainieren viele Talente in der Akademie im OYM, vor allem diejenigen mit den höchsten Zielen, sprich einer Auslandkarriere. Kähr hat einen Mentalitätswechsel festgestellt: «Seit ein paar Jahren werden viel höhere Ziele formuliert.» Eine Folge davon: eine Verjüngung im Nationalteam. Sechs EM-Fahrerinnen sind jünger als die 21-Jährige, am anderen Ende der Altersskala figuriert Torfrau Manuela Brütsch mit 38.

Bei den Männern hatten die vermehrten Transfers ins Ausland eine Verbesserung des Nationalmannschaftsniveaus zur Folge. Kähr glaubt an eine ähnliche Entwicklung: «Diese EM-Premiere ist erst der Anfang.» 

«Charly» ist im EM-Kader eine von sieben Söldnerinnen – fünf spielen in Deutschland, zwei in Dänemark. Den Zuschlag gab sie dem Bundesligisten aus Buxtehude, 40 Minuten von Hamburg entfernt. Der Club hat sportlich durchaus Strahlkraft: Er liegt derzeit auf Rang 4 der Liga, auch dank der linken Rückraumspielerin. Mit 4,8 Toren pro Spiel ist Kähr die abschlussstärkste Schweizerin im Ausland. Ihr gefällt es in Norddeutschland: «Ich habe mich gut eingelebt, wir haben ein cooles Team.» Um den Spitznamen hat sie gebeten, weil ihr die lokale Aussprache ihres Taufnamens nicht zusagte.

Sie ist zu alt für den Handstand auf dem Gepäckband

Der erste Kontakt war denkbar schwierig gewesen. Es war in der hohen Zeit der Corona-Pandemie, und als Kähr nach Buxtehude reiste, um sich ein Bild von der möglichen neuen Wirkungsstätte zu verschaffen, landete sie in einer Geisterstadt. «Auf der Strasse hatte es keine Leute. Das Hotel hatte ich für mich allein.»

Natürlich wird an der EM vom Auslandsseptett viel erwartet. Kähr sagt aber: «Jede Spielerin bei uns ist wichtig.» Für sie gilt das nicht nur sportlich, sondern auch in Bezug auf die Stimmung. Sie ist auch schon zur allgemeinen Verblüffung im Handstand aus einer Gondelbahn spaziert oder auf dem Gepäckband im Flughafen zwischen Koffern. Etwas Besonderes sei nun aber nicht geplant, heisst es fast entschuldigend: «Ich bin auch älter geworden.» 

Die Aufgaben werden in den nächsten Tagen schwer, das weiss Charlotte Kähr. Das ändere nichts an den Zielen: «Wir wollen jedes Spiel gewinnen, sonst müssten wir nicht antreten. Das Wichtigste ist aber, dass wir in allen Partien zeigen, dass wir etwas können.»

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